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  • V-Mann fuhr Amri mindestens einmal nach Berlin

    Lkw-Attentäter Anis Amri war den Behörden als Islamist bekannt, mindestens einmal soll ihn ein V-Mann des Landeskriminalamtes nach Berlin gefahren haben. Dass Amri selbst V-Mann war, verneinen die Ermittler.

    Als gefährlicher Islamist war Anis Amri, der in Berlin zwölf Menschen tötete, den deutschen Sicherheitsbehörden wohl bekannt: Warum sie den für eine Abschiebung vorgemerkten Radikalen nicht aus dem Verkehr zogen, diese Frage stellt sich für Innen- und Justizminister in Bund und Ländern dringlicher denn je.

    Offenbar gab es engere Kontakte zwischen Amri und einem islamistischen V-Mann des Landeskriminalamtes (LKA) in Nordrhein-Westfalen. Wie der SPIEGEL berichtet, soll der V-Mann den späteren Attentäter mindestens einmal nach Berlin gefahren haben.

    Am Donnerstag berichteten Vertreter von Innenminister Thomas de Maizière (CDU) nach SPIEGEL-Informationen in einer Telefonkonferenz Mitgliedern des Innenausschusses von diesem neuen Detail im Fall Amri. Bekannt war bereits, dass Amri bei dem LKA-Informanten mit Anschlagsplänen geprahlt und sich nach Schnellfeuergewehren erkundigt hatte.

    Die nordrhein-westfälische Landesregierung sah sich nun Aufgrund einer Anfrage der CDU-Landtagsfraktion genötigt zu erklären, dass Amri selbst kein Zuträger war. “Er war kein V-Mann”, sagte ein Sprecher des Innenministeriums in Düsseldorf am Samstag. Ein CDU-Fraktionssprecher bestätigte, dass die Frage danach “ein Punkt unseres Fragenkatalogs an das Innenministerium” sei.

    Kauder bringt Amri-Untersuchungsausschuss ins Gespräch

    Zuvor hatte unter anderem die “Bild”-Zeitung die Frage aufgeworfen, ob eine Zusammenarbeit mit dem LKA vielleicht die Erklärung dafür sein könnte, dass Amri von den Sicherheitsbehörden nicht rechtzeitig gestoppt wurde. Der 24 Jahre alte Tunesier war von mehreren Behörden als islamistischer Gefährder eingestuft worden.

    Die Union kann sich offenbar vorstellen, die Pannen der Sicherheits- und Justizbehörden im Fall Amri in einem Untersuchungsausschuss des Bundestages aufzuklären. Einen entsprechenden Vorschlag werde Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) seinem SPD-Kollegen Thomas Oppermann machen, hieß es am Rande der Klausur der CDU-Spitze im saarländischen Perl aus Unionskreisen.

    Für die nächsten Tage hat Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) einen Fehlerbericht im Umgang mit dem Fall Amri angekündigt. Er und de Maizière waren kurz nach dem Terrorangriff von Kanzlerin Angela Merkel aufgefordert worden, den Fall aufzuarbeiten und neue Schritte vorzuschlagen, wie man künftig besser mit Gefährdern umgehen kann.

    Dennoch war es ihm möglich, fünf Tage vor Weihnachten einen Lastwagen in einen Berliner Weihnachtsmarkt zu steuern und zwölf Menschen zu töten. Nach einer mehrtägigen Flucht wurde Amri dann von Polizeikräften im norditalienischen Mailand erschossen.

    Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version dieses Textes war davon die Rede, Anis Amri sei von einem V-Mann des Verfassungsschutzes mindestens einmal nach Berlin gefahren worden. Es war jedoch ein V-Mann des Landeskriminalamtes. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen.

    Samstag, 14.01.2017 13:25 Uhr

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    © SPIEGEL ONLINE 2017

    Italiens Behörden verschwiegen schwere Panne im Fall Amri

    Laut Informationen der Welt am Sonntag hätte Italien Anis Amri schon 2011 abschieben können. Die Behörden sollen damals eine beglaubigte Abschrift der Geburtsurkunde erhalten haben.

    Anis Amri, der Weihnachtsmarkt-Attentäter, hätte bereits im Sommer 2011 nach Tunesien abgeschoben werden können.

    Seit diesem Zeitpunkt waren italienische Behörden zweifelsfrei über seine wahre Identität informiert.

    Tunesische Stellen hatten die beglaubigte Abschrift der Geburtsurkunde Amris auf dem Dienstweg übermittelt.

    Warum das wichtig ist:
    Die zwölf Menschen, die beim Weihnachtsmarkt-Anschlag von Berlin getötet worden waren, könnten vermutlich noch leben, wenn die italienische Regierung konsequent gehandelt hätte.

    Die zwölf Menschen, die beim Weihnachtsmarkt-Anschlag von Berlin getötet worden waren, könnten vermutlich noch leben, wenn die italienische Regierung konsequent gehandelt hätte. Nach Informationen der „Welt am Sonntag“ hätte Anis Amri, der spätere Attentäter, bereits im Sommer 2011 nach Tunesien abgeschoben werden können.

    Seit diesem Zeitpunkt waren italienische Behörden zweifelsfrei über seine wahre Identität informiert. Tunesische Stellen hatten die beglaubigte Abschrift der Geburtsurkunde Amris auf dem Dienstweg übermittelt. Ausgestellt worden war das Dokument am 24. Juni 2011 und somit vier Jahre, bevor Anis Amri aus italienischer Abschiebehaft in die Freiheit und damit nach Deutschland entlassen wurde. Angeblich geschah dies – wie aus Rom wiederholt versichert wurde –, weil Tunesien Amris Staatsbürgerschaft bestritten habe.

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    Das tunesische Konsulat im sizilianischen Palermo hatte die Urkunde überstellt, als sich Amri als angeblich unbegleiteter minderjähriger Flüchtling auf der Insel aufhielt. Die italienische Regierung hatte deren Erhalt bisher verschwiegen. Informationen aus der Urkunde flossen jedoch ab Oktober 2011 nachweislich in offizielle italienische Dokumente wie Polizeiprotokolle und Gerichtsakten ein.

    Im Gefängnis von Sizilien wurde er zum religiösen Hardliner

    Der tunesische Konsul in Palermo, dessen Büro die Geburtsurkunde Amris übermittelt hatte, lehnte eine Stellungnahme ab. Wörtlich sagte Abderrahman Ben Mansour: „In diese Sache sind eine tunesische Behörde verwickelt und eine italienische, und ich fordere Sie auf, sich als Journalist aus diesem Fall absolut herauszuhalten.“

    Geheimdienst-Kontrolleure befassen sich mit Fall Amri
    Der Fall Anis Amri wirft immer mehr unglaubliche Fragen auf. Das Parlamentsgremium zur Kontrolle der Geheimdienste soll diese aufklären, ein erstes Treffen fand in Berlin statt.

    Quelle: Die Welt/Erdmann Hummel
    Die Freilassung Amris aus italienischer Abschiebehaft im Juni 2015 könnte Teil einer Geheimoperation des italienischen Inlandsnachrichtendienstes AISI gewesen sein. Dies berichteten gleichlautend zwei mit der Untersuchung des Falls Amri unmittelbar befasste Quellen aus dem italienischen Sicherheitsapparat unabhängig voneinander der „Welt am Sonntag“. Die AISI-Aktion habe zum Ziel gehabt, Amri als Köder in der islamistischen Szene Italiens einzusetzen. Wegen einer Panne habe man Amri jedoch aus den Augen verloren.

    Der Inlandsgeheimdienst habe zuvor die islamistische Radikalisierung Amris während dessen Inhaftierung in verschiedenen Gefängnissen Siziliens aufmerksam verfolgt, er war unter anderem wegen Brandstiftung und Körperverletzung verurteilt worden. Im Gefängnis von Agrigento habe sich Amri ab Anfang 2014 unter dem Einfluss eines ebenfalls tunesischstämmigen Mitgefangenen in kürzester Zeit vom gewaltbereiten Kleinkriminellen zum religiösen Eiferer entwickelt.

    Die italienische Regierung ist nun in Erklärungsnot

    Nach Kenntnis der italienischen Quellen handelte es sich bei der fehlgeschlagenen Observation Amris nach dessen Haftentlassung um eine rein italienische Operation. Deutsche Dienste seien weder beteiligt noch informiert gewesen. Eine Anfrage im Büro des italienischen Ministerpräsidenten Paolo Gentiloni, dem AISI unterstellt ist, blieb bis Redaktionsschluss unbeantwortet.

    Sollten sich diese Hinweise bestätigen, geriete die italienische Regierung nicht nur gegenüber der deutschen Öffentlichkeit, sondern auch gegenüber der eigenen Bevölkerung in Erklärungsnot. Unter den zwölf Todesopfern des Anschlags auf den Berliner Weihnachtsmarkt war auch eine 31-jährige Italienerin. Sie wurde am vergangenen Montag in ihrer Heimat in Anwesenheit von Staatspräsident Sergio Mattarella und Innenminister Marco Minniti beigesetzt.

    Von Helmar Büchel | Stand: 22.01.2017 | Lesedauer: 3 Minuten

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    © WeltN24 GmbH

    Bericht der Behörden hat Lücken – Anis Amri: neue Fragen trotz Transparenz-Versprechen

    Offenheit und lückenlose Aufklärung, das versprechen die zuständigen Sicherheitsbehörden, um den Fall Amri aufzuarbeiten. Nun haben sie einen ersten Bericht vorgelegt – aber der beantwortet die Fragen nur auf den ersten Blick.

    Das Versprechen ist groß und bislang einmalig: Öffentlich und lückenlos soll die Arbeit der Sicherheitsbehörden im Fall Amri aufgearbeitet, sollen Unterlagen transparent gemacht werden. Das Bundesjustizministerium (BMJV) und das Bundesinnenministerium (BMI) haben in der vergangenen Woche dazu eine Chronologie vorgelegt.

    Auf den ersten Blick scheint sie alle Fragen zum Attentäter vom Berliner Breitscheidplatz zu beantworten. Um den Willen zur Transparenz zu bekräftigen, fügten die Ministerien im Laufe der Woche noch mehrere Updates hinzu.

    Doch wer sich den Details zuwendet, entdeckt viele offene Fragen, auf die es noch immer keine Antworten gibt. Nach rbb-Recherchen betrifft dies vor allem die Arbeit der Bundesbehörden.

    “Wir müssen Konsequenzen ziehen”

    Norbert Lammert hat bei der Gedenkminute des Bundestags die besonnene Reaktion der Bürger nach dem Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt gelobt – und zugleich Konsequenzen gefordert.
    Von keiner Gefahr zum “Foreign Fighter”

    Zur Erinnerung: Für die Berliner Behörden stellte Anis Amri im September 2016 keine Gefahr mehr dar. Alle Überwachungsmaßnahmen endeten am 21.09.2016. Doch nur wenige Tage später wird Amri plötzlich von den Sicherheitsbehörden als “Foreign Fighter” eingestuft.

    Wörtlich heißt es in der von BMI und BMJV erstellten neuen Chronologie für den 13.10. 2016: “Erfassung des Amri als ‘Foreign Fighter’ im Inpol-System bis zum 06.10.2017 und Mitteilung an das BKA hinsichtlich der Übermittlung an alle Schengenstaaten und Übermittlung der Zusatzinformation ‘Foreign Fighter’.”

    Hier beginnen die Fragen: Wer hat diese Einstufung veranlasst? Das beantwortet die Chronologie nicht. Nach Informationen des rbb kann dies nur durch eine Bundesbehörde veranlasst werden. Um welche Behörde es sich dabei handelt, ist bislang unklar.

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    Stationen der Flucht des Attentäters Anis Amri nach dem Anschlag auf dem Breitscheidtplatz in Berlin (Quelle: dpa)
    Staatsanwaltschaft unzureichend informiert

    Berliner Behörden hätten Terroranschlag verhindern können

    Die Berliner Staatsanwaltschaft hätte Anis Amri in Haft nehmen und damit den Terroranschlag am Breitscheidplatz verhindern können – wenn sie besser informiert worden wäre. Das wurde am Mittwoch auf einer Sitzung des Innenauschusses des Bundestages deutlich.

    Verfassungsschutz weist Beteiligung zurück

    Ebenso offen ist ein Vermerk in einem sogenannten “Personagramm” zu Anis Amri, das dem rbb exklusiv vorliegt. Ein Personagramm wird von den Sicherheitsbehörden über so genannte Gefährder erstellt und bündelt alle Erkenntnisse und Maßnahmen zur jeweiligen Person.

    Das Personagramm zu Anis Amri wurde von den Sicherheitsbehörden in Nordrhein-Westfalen erarbeitet, es spiegelt den Erkenntnisstand vom 14. Dezember 2016 wider. Die Behörden vermerken darin nicht nur, dass sich Amri wieder in Berlin befinden soll, sondern auch, dass schon am 13. Oktober folgende Maßnahmen gegen ihn eingeleitet wurden: “PB07 / Nachrichtendienstliche Beobachtung durch BfV”. Ein Vermerk, der weitere Fragen aufwirft.

    Was sich hinter “PB07” verbirgt ist noch einfach zu beantworten: “Polizeiliche Beobachtung” im Zusammenhang mit Terrorismus / Exterrorismus. Schwieriger zu beantworten ist jedoch die Frage, was “Nachrichtendienstliche Beobachtung durch BfV” bedeutet. Nach Informationen des rbb kann diese Maßnahme nur durch eine Bundesbehörde veranlasst werden. Naheliegend ist da das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV). Doch das BfV weist auf Anfrage des rbb jede Beteiligung zurück.

    Schriftlich heißt es: “Ihre Fragen nach dem Eintrag in den von Ihnen zitierten Unterlagen sind für uns nicht nachvollziehbar. Das genannte Datum 13.10.2016 kann hier nicht in Zusammenhang mit einem Tätigwerden des BfV gesetzt werden.”

    Nachfragen bei den Sicherheitsbehörden in Nordrhein-Westfalen blieben ebenso erfolglos, es gibt keine Erklärung für den Eintrag in einem der zentralen Dokumente für Gefährder. Die versprochene Transparenz, sie lässt zu wünschen übrig – solange zentrale Dokumente wie Amris Personagramm nicht lückenlos erklärt werden.

    Beitrag von Susanne Opalka, Jo Goll, René Althammer
    21.01.17 | 15:47 Uhr

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    © rbb

    Anschlag in Berlin Sollte Anis Amri als V-Mann angeworben werden?

    War Anis Amri ein V-Mann der Sicherheitsbehörden? Eine Aussage der nordrheinwest-fälischen Ministerpräsidentin Hannelore Kraft machte stutzig. Sie hatte gesagt, beim Umgang mit Amri gehe es auch darum, „mehr Erkenntnisse über mutmaßliche (Terror)-Zellen zu erlangen“. Da müssten die Behörden abwägen.

    Entsprechende Berichte dementierten sowohl das Bundesinnenministerium als auch das NRW-Innenministerium. Amri sei kein V-Mann der Sicherheitsbehörden.

    Doch viele Episoden in dem mehrstufigen Behördenversagen im Fall Amri werfen Fragen auf:

    Nach einer Festnahme Amris in Ravensburg im Juli 2016 wegen falscher Pässe und Betäubungsmitteln wird er kurz darauf wieder freigelassen auf Verfügung des NRW-Innenministeriums, weil eine Abschiebung nicht möglich sei.

    Amri nahm laut „Welt am Sonntag“ selbst regelmäßig Ecstasy und Kokain und finanzierte sein Leben weitgehend als Dealer. Schon in seiner Heimat war der 24-Jährige demnach wegen Drogendelikten aufgefallen. Ermittler fragten sich, ob er bei dem Anschlag unter Drogeneinfluss gestanden habe.

    Offenbar führte der Drogenkonsum das LKA in Berlin zu einer fatalen Fehleinschätzung: Wie die „Bild“ berichtet, sei er für die Polizei nicht mehr als Islamist infrage gekommen, weil er Drogen nahm.

    Im November nahm die Polizei mehrere Islamisten aus seinem Umfeld fest – ihn selbst aber nicht.

    Außerdem hat nach Medieninformationen ein V-Mann Amri im März nach Berlin gefahren.

    Dazu kommt: Amri reiste mit mindestens 14 verschiedenen Identitäten durch Deutschland und kassierte mehrfach Unterstützungsleistungen vom Staat. Nach Informationen der „Rheinischen Post“ wurde das Verfahren gegen Amri wegen Sozialbetrugs aber nicht in der normal zuständigen Abteilung, sondern in der „politischen Abteilung“ durchgeführt.

    Wenn Amri also kein V-Mann war – sollte er dann angeworben werden?
    Frank Tempel, der Vizefraktionschef der Linken, sagte der „Bild am Sonntag“: „Es gibt eine Menge Indizien, dass da etwas faul ist.“
    Die Grünen-Fraktionschefin Kathrin Göring-Eckardt sagte der „Bild“: „Ich will keine Verdächtigungen äußern, bevor ich alle Fakten auf dem Tisch habe. Ich kann aber nicht verstehen, warum Herr Amri trotz der Faktenlage frei rumlaufen durfte.“

    In der kommenden Woche könnten weitere Details ans Licht kommen. Der Innenausschuss und das parlamentarische Kontrollgremium des Bundestags versuchen, einen ersten Überblick zu erlangen. Die Union will einen Untersuchungsausschuss gründen, die SPD fordert sogar einen Sonderermittler. Ziel ist herauszufinden, was genau in der Absprache und Zusammenarbeit der Landes- und Bundesbehörden schief lief.
    In einem sind sich die führenden Politiker einig: Etwaige Sicherheitslücken bei den Behörden müssen so schnell wie möglich geschlossen werden.

    15.01.2017, 12:24

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    Copyright http://www.focus.de/

    Acht wertvolle Stunden vergingen, bis nach Amri gefahndet wurde

    Laut Informationen der Welt am Sonntag hätte Italien Anis Amri schon 2011 abschieben können. Die Behörden sollen damals eine beglaubigte Abschrift der Geburtsurkunde erhalten haben.

    Bei der Jagd nach dem Attentäter vom Berliner Breitscheidplatz kam es nach Recherchen der „Welt“ zu einer Verzögerung.

    Obwohl die Identität am Tag nach dem Attentat ermittelt war, dauerte es, bis bundes- und europaweit gefahndet wurde.
    Anis Amri reiste drei Tage lang ungehindert von Deutschland in die Niederlande, anschließend weiter nach Italien.
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    Die Geldbörse lag unter dem Fahrersitz des Lastwagens. Darüber befand sich eine Decke. Bei einer ersten groben Sichtung war sie den Ermittlern wohl deshalb nicht aufgefallen. Erst bei einer genaueren Untersuchung des Führerhauses wurde das Portemonnaie schließlich gefunden – und damit ein entscheidender Hinweis auf den Attentäter vom Berliner Breitscheidplatz. Darin befand sich Bargeld und ein Stück Papier. Es war eine Duldung, ausgestellt vom Landratsamt im nordrhein-westfälischen Kleve auf einen „Ahmed Elmasri, geboren am 01.01.1995 in Skendiria/Tunesien“.

    Der Name war falsch. Bei der Person, so stellten die Ermittler schnell fest, handelte es sich um den 24-jährigen Tunesier Anis Amri. Der im Duldungsbescheid angegebene Name war eine seiner 14 Identitäten, die den Behörden bekannt waren. Amri galt schon länger als radikaler Islamist, war sogar als „Gefährder“ eingestuft. Monatelang hatten gleich mehrere Sicherheitsbehörden gegen ihn ermittelt, ohne handfeste Beweise zu finden.

    Amri erschoss Lkw-Fahrer offenbar Stunden vor Anschlag
    Der polnische Lkw-Fahrer, der nach dem Lastwagenanschlag in Berlin tot auf dem Beifahrersitz gefunden wurde, hatte laut Informationen der „Bild“ schon Stunden vor der Tat einen Kopfschuss erlitten.

    Quelle: Die Welt
    Mit den gefundenen Papieren rückte er plötzlich wieder ins Visier der Fahnder. Die Geldbörse im Lkw machte Anis Amri schlagartig zum neuen Hauptverdächtigen des Anschlags auf den Weihnachtsmarkt in Berlin mit zwölf Toten und Dutzenden Verletzten. Doch obwohl die Identität des Terrorverdächtigen nun bekannt war, vergingen wichtige Stunden, bis eine bundesweite und auch europaweite Fahndung nach ihm ausgelöst wurde. Das zeigen Recherchen der „Welt“, und das bestätigten Sicherheitsbehörden auf Nachfrage.

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    Das Bundesinnen- und das Bundesjustizministerium haben in der vergangenen Woche eine 19 Seiten lange Chronologie veröffentlicht. Sie trägt den Titel „Behördenhandeln um die Person des Attentäters vom Breitscheidplatz Anis Amri“. Aufgelistet sind darin die Erkenntnisse der Behörden zur Gefährlichkeit des Islamisten und auch die erfolglosen Versuche, ihn abzuschieben. Was auffällt: Es fehlen die Aktionen der Ermittler in den Stunden und Tagen unmittelbar nach dem Anschlag. Genau in diesem Zeitraum kam es jedoch womöglich zu einer folgenschweren Fahndungspanne – oder zumindest zu einer fragwürdigen Entscheidung der Terrorfahnder.

    Was geschah in den Stunden nach dem Anschlag?

    Am Montag, 19. Dezember 2016, um kurz nach 20 Uhr, war Anis Amri mit dem zuvor gestohlenen polnischen Lastwagen in den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz gerast. Der Attentäter überlebte und konnte in dem Wirrwarr unerkannt fliehen. Kurze Zeit später nahm die Polizei nach einem Zeugenhinweis unweit des Berliner Tiergartens einen Verdächtigen fest: den pakistanischen Asylbewerber Naved B.

    Doch es ließen sich keinerlei Belege dafür finden, dass der Mann tatsächlich der Attentäter ist – weder Fingerabdrücke im Lkw noch DNA. Und so wuchsen innerhalb der Berliner Polizei in den folgenden Stunden die Zweifel daran, ob man wirklich den richtigen Täter gefasst hatte.

    Anis Amri soll regelmäßig Drogen genommen haben
    Der Attentäter von Berlin, Anis Amri, war Drogendealer und hat auch selbst regelmäßig Drogen konsumiert. Das geht aus einem Sachstandsbericht hervor. Auch in Berlin verkaufte der Tunesier demnach Drogen.

    Quelle: Die Welt
    Am Tag nach dem Attentat, am Morgen des 20. Dezember, begann die Berliner Polizei damit, den Lastwagen vom Breitscheidplatz abzuschleppen. Die Bremsen saßen fest, die Zugmaschine des Lasters war schwer beschädigt. Der Abtransport verzögerte sich daher. Es ging nur um Schrittempo voran. Erst am frühen Vormittag erreichte tonnenschwere Gefährt schließlich die Julius-Leber-Kaserne in Berlin-Reinickendorf. Dort, in einer Halle, fand die eigentliche Untersuchung durch die Tatortgruppe des LKA Berlin statt.

    Spürhunde, sogenannte Mantrailer, wurden in die Fahrerkabine geschickt. Sie sollten den Geruch des Attentäters aufnehmen. Dann durchsuchten die Ermittler das Fahrerhaus. Überall lagen Glassplitter, Kleidungsstücke und Holzteile herum. Beim Aufprall und bei der Vollbremsung des Lastwagens waren Dutzende Einzelteile durch das Führerhaus geflogen. Zwischen 15 und 16 Uhr entdeckten die LKA-Ermittler im Fußraum unter dem Fahrersitz die Geldbörse mit dem Duldungsschreiben von „Ahmed Elmasri“ aus Kleve.

    Es wurden Datenbanken abgefragt und Behördenanfragen verschickt. Schnell war „Ahmed Elmasri“ als Anis Amri identifiziert. Es war ein weiterer Hinweis darauf, dass der tags zuvor festgenommene Pakistaner Naved B. wohl unschuldig ist. Der neue Hauptverdächtige hieß jetzt Anis Amri. Und der war noch nicht gefasst.

    Warum wurde mit der Fahndung so lange gewartet?

    Was dann geschah, wirft einige Fragen auf: Denn obwohl die Identität des Attentäters den Ermittlern wohl spätestens am Dienstagnachmittag bekannt war, gab es nach Informationen der „Welt“ zunächst keine bundesweite Fahndung nach Anis Amri. In Berlin hatte man einen islamistischen „Gefährder“ als den mutmaßlichen Todesfahrer vom Breitscheidplatz ermittelt, jedoch die Polizeibehörden in 14 Bundesländern nicht über den neuen Verdächtigen in Kenntnis gesetzt.

    Dabei hatte es am frühen Abend des 20. Dezember 2016, gegen 18.30 Uhr, bereits eine wichtige Telefonschaltkonferenz gegeben. Teilgenommen hatten die LKA-Präsidenten und ein Vertreter des Bundeskriminalamtes (BKA). Man habe, so informierte ein Ermittler aus Berlin, einen „sehr wertigen Hinweis“ auf einen neuen Verdächtigen. Ein LKA-Vertreter hakte nach, wollte wissen, um wen es sich handelt. Doch in Berlin, wo man seit Stunden bereits die Duldungspapiere von Anis Amri aus Kleve vorliegen hatte, herrschte Zurückhaltung. Man wollte keine weiteren Details nennen und lediglich ein betroffenes Bundesland informieren – in diesem Fall Nordrhein-Westfalen.

    So vergingen Stunden, bis schließlich eine bundesweite und sogar europaweiten Fahndung nach dem Terrorverdächtigen ausgelöst wurde. Das LKA Berlin, das zu diesem Zeitpunkt mit der Besonderen Aufbauorganisatio (BAO) „Weihnachtsmarkt“ noch die Federführung bei den Ermittlungen innehatte, verschickte erst am 21. Dezember, um 0.06 Uhr, ein elektronisches Schreiben („VS-Nur für den Dienstgebrauch – Vorrangstufe: SOFORT“) an die Polizeibehörden der Länder, an die Bundespolizei, den Verfassungsschutz, den Bundesnachrichtendienst (BND) und das Zollkriminalamt.

    Das Dokument liegt der „Welt“ vor. Es enthält neben Fotos von Anis Amri auch diverse Alias-Namen des Islamisten und den Hinweis: „Es besteht der dringende Verdacht, dass er mit dem Anschlagsgeschehen in direkter Verbindung steht.“ Und bei „Antreffen ist nicht eigenständig heranzutreten“. Stattdessen solle das LKA informiert werden, um „Spezialkräfte“ einzusetzen.

    Anis Amri ist tot – Ein Italiener ist Held des Terrordramas
    Anis Amri ist tot. In Italien endet das Drama vom Terroranschlag auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz, bei dem Amri einen Lastwagen in eine Menschenmenge gelenkt haben soll.

    Quelle: Die Welt
    Die eindringliche Warnung war durchaus berechtigt. Immerhin ging es um einen gefährlichen Terroristen, der bereits zwölf Menschen kaltblütig ermordet hatte. Elf wurden überrollt und zerquetscht, ein polnischer Lkw-Fahrer zuvor mit einer Pistole erschossen. Warum aber wurde die Warnung vor Amri den Polizeidienststellen bundesweit erst so spät mitgeteilt?

    Und noch etwas fällt auf: Im Schreiben des Berliner LKA gibt es eine Zeitangabe, die im Widerspruch steht zu den offiziellen Angaben. Es heißt, die Geldbörse von Amri sei im Fußraum des Lkw am „20.12., 20:39 (…) festgestellt“ worden. Auf Nachfrage teilte die Berliner Polizei allerdings mit, die Geldbörse sei schon zwischen „15.00 und 16.00 Uhr“ aufgefunden worden.

    Acht Stunden, vielleicht neun, vergingen

    Vom Fund der Geldbörse bis zum Auslösen der bundes- und europaweiten Personenfahndung vergingen demnach mindestens acht, vielleicht sogar neun Stunden. In diesem Zeitraum waren lediglich die Polizeibehörden in Berlin, Nordrhein-Westfalen und das BKA über den Verdacht gegen Anis Amri informiert. Es seien verdeckte Maßnahmen gelaufen, heißt es aus Sicherheitskreisen. Man habe das bekannte Umfeld des „Gefährders“ im Blick gehabt.

    Außerdem habe man nicht das Risiko eingehen wollen, dass Amri von der Suche nach ihm Wind bekommt. Etwa durch Presseveröffentlichungen. So zumindest ein Erklärungsversuch. Fraglich aber ist, ob neben den verdeckten Maßnahmen nicht auch eine umfassendere Fahndung angebracht gewesen wäre. Immerhin handelte es sich um einen Verdächtigen, der bereits auf brutale Weise gemordet hat – und der vermutlich bewaffnet war. Kann man da das Risiko eingehen nur den Freundeskreis, bekannte Wohnanschriften oder die frequentierten Moscheen zu observieren?

    Das BKA bestätigte auf Nachfrage der „Welt“, dass auch erst am 21. Dezember 2016 ein Fahndungseintrag nach Anis Amri ins Schengener Informationssystem (SIS) erfolgte. Sprich, eine europaweite Jagd nach dem Islamisten gestartet wurde.

    In dieser Zeit reiste Anis Amri, ein bewaffneter Zwölffach-Mörder, nicht nur durch die Bundesrepublik, sondern durch vier weitere EU-Staaten. Sein Weg führte über das niederländische Nijmegen und Amsterdam, weiter nach Brüssel, dann über Lyon, Chambery nach Turin und schließlich in einen Vorort von Mailand, wo er am frühen Morgen des 23. Dezember 2016 von italienischen Polizisten bei einem Schusswechsel getötet wurde.

    Es ist reine Spekulation, ob Anis Amri in Deutschland weiter gemordet hätte, falls er auf seiner Flucht auf Polizisten gestoßen wäre. Klar ist aber: Bundesweit hätten Polizeibeamte stundenlang nicht gewusst, dass sie den Attentäter vom Breitscheidplatz vor sich haben.

    Von Florian Flade | Stand: 25.01.2017 | Lesedauer: 7 Minuten
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    © WeltN24 GmbH

    Berlin Anschlag – Anis Amri: Viele Widersprüche

    Bei der Jagd nach dem Attentäter vom Berliner Breitscheidplatz, Anis Amri, kam es offenbar zu einer Verzögerung von mehreren Stunden. Obwohl die Identität des Islamisten bereits am Tag nach dem Attentat ermittelt war, wurde lange Zeit nicht bundesweit oder europaweit nach Amri gefahndet, schreibt die “Welt”.
    Demnach stießen die Ermittler des Berliner Landeskriminalamtes (LKA) am 20. Dezember 2016 bereits zwischen 15:00 und 16:00 Uhr bei der Untersuchung des Lastwagens auf eine Geldbörse mit einem Duldungsschreiben des Landratsamtes Kleve (NRW).

    Ausgestellt war das Papier dem Bericht zufolge auf “Ahmed Elmasri”. Dabei handele es sich um einen Alias-Namen, der von Anis Amri bei einem Asylverfahren verwendet worden war. Obwohl das Duldungsschreiben schon kurze Zeit später dem als “Gefährder” eingestuften Anis Amri zugeordnet werden konnte, habe es stundenlang keine bundesweite Fahndung nach dem flüchtigen Islamisten gegeben.
    Erst am 21. Dezember 2016, um 00:06 Uhr, verschickte das LKA Berlin laut “Welt” eine interne Personenfahndung nach Anis Amri an Polizeidienststellen bundesweit, das Bundeskriminalamt (BKA), den Verfassungsschutz, den Bundesnachrichtendienst (BKA) und das Zollkriminalamt. Außerdem sei dann auch eine europaweite Fahndung durch einen Eintrag im Schengener Informationssystem (SIS) ausgelöst worden.
    Das Fahndungsschreiben aus Berlin enthalte zudem eine widersprüchliche Angabe zum Auffinden der Geldbörse und des Duldungsschreibens aus Kleve, schreibt die Zeitung weiter. Das Beweisstück sei am “20.12., 20:39 Uhr” festgestellt worden, heißt es demnach. Schon am 20. Dezember 2016 gegen 18:30 Uhr habe es eine Telefonkonferenz gegeben, an der LKA-Präsidenten und ein Vertreter des BKA teilgenommen hätten.
    Laut “Welt” teilte dabei ein Ermittler aus Berlin mit, dass man einen “sehr wertigen Hinweis” auf einen Tatverdächtigen vorliegen habe. Weitere Details seien den Bundesländern jedoch mit Verweis auf laufende “verdeckte Maßnahmen” nicht mitgeteilt worden.
    Anis Amri gelang nach dem Terroranschlag am Breitscheidplatz mit zwölf Toten die Flucht. Er reiste drei Tage lang ungehindert von Deutschland in die Niederlande, anschließend weiter über Belgien und Frankreich bis nach Italien. In Mailand wurde der Islamist schließlich am 23. Dezember 2016 bei einem Schusswechsel mit Polizisten getötet.

    25.01.2017

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    © MMnews 2012

    Attentäter von Berlin Wie die Behörden Amri beobachteten – und doch die falschen Schlüsse zogen

    Spätestens Ende 2015 geriet der Attentäter von Berlin ins Visier der Ermittler. Seitdem gab es viele Warnungen vor dem radikalisierten Tunesier – und viele Runden, in denen Polizei und Geheimdienste über den Gefährder diskutierten. Eine Rekonstruktion.

    Mehr als ein Jahr beschäftigten sich die Sicherheitsbehörden mit dem Attentäter von Berlin. Sie wussten, dass Anis Amri in Kontakt mit dem IS stand und Bomben bauen wollte. Dennoch hielt man einen Anschlag für eher unwahrscheinlich. Eine Rekonstruktion der schwierigen Arbeit der Terrorfahnder.

    Mai 2015: Amri kommt in Italien nach einer knapp vierjährigen Haftstrafe auf freien Fuß und reist weiter Richtung Norden – nach Deutschland. Angeblich im Juli trifft er in Deutschland ein.

    November 2015: Spätestens im November fällt Amri den Behörden zum ersten Mal auf: Der Tunesier bietet sich einem V-Mann des Landeskriminalamtes Nordrhein-Westfalen an, der in der islamistischen Szene tätig ist. Amri sagt ihm, er wolle “etwas in Deutschland unternehmen” und könne sich eine Kalaschnikow für einen Anschlag besorgen.

    Anschlag auf Berliner Weihnachtsmarkt Die Fehler der Terror-Fahnder im Fall Amri
    Die Fehler der Terror-Fahnder im Fall Amri
    Mehr als ein Jahr lang beschäftigte sich die Polizei mit dem Attentäter von Berlin. Sie wusste, dass er in Kontakt mit dem IS stand und Bomben bauen wollte. Dennoch hielt man einen Anschlag für eher unwahrscheinlich. Von Hans Leyendecker und Georg Mascolo mehr …
    Januar 2016: Das Bundesamt für Verfassungsschutz notiert: Amri reist unter verschiedenen Identitäten im ganzen Land herum. In Berlin, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Baden-Württemberg werbe er “offensiv” darum, mit ihm Anschläge zu begehen.

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    17. Februar 2016: Amri wird offiziell als “Gefährder” eingestuft (“Funktionstyp: Akteur”): “Aktuell sind bei Amri Verhaltensmuster feststellbar, die auf eine Intensivierung von Anschlags-Planungen hindeuten könnten und die Tiefe seiner radikal-islamistischen Gesinnung untermauern.”

    18. Februar 2016: Amri reist mit dem Bus nach Berlin, wird dort von der Polizei abgepasst. Das Bundeskriminalamt übernimmt die Auswertung seines Handys. Berlin, NRW und das Bundesamt für Verfassungsschutz erhalten eine Kopie der Daten: Diese zeigen, wie radikalisiert er bereits ist. Am 2. Februar, so wird ersichtlich, hat Amri über das Chat-Programm “Telegram” Kontakt zu mutmaßlichen IS-Kämpfern aufgenommen.

    Ende Februar 2016: Amri ist Thema bei einer Runde von Polizei und Nachrichtendienstlern aus Bund und Ländern: Die Kommission Staatsschutz hat ein achtstufiges Prognose-Modell erarbeitet. Die Gefahr durch Amri wird mit einer 5 bewertet, “eher unwahrscheinlich”: keine konkreten Hinweise auf einen Anschlag, aber das BKA notiert auch, dass Amri “für radikale Ansichten und Ansinnen empfänglich sein dürfte”. Die Karlsruher Staatsschützer lassen vom LKA NRW alles zusammenschreiben, was über Amri bekannt ist – und leiten den Fall an den Berliner Generalstaatsanwalt weiter.

    14. März 2016: Berlin leitet Ermittlungen ein: Amri wird observiert, seine Kommunikation überwacht – doch bis auf kleinere Delikte passiert nichts. Im Juni zweifelt die Justiz daran, ob man überhaupt weiter überwachen soll. Im September enden die Ermittlungen.

    30. Mai 2016: Amris Asylantrag wird nach kurzer Prüfung abgelehnt. Amri soll so schnell wie möglich abgeschoben werden, allerdings hat die tunesische Regierung die notwendigen Papiere noch nicht zur Verfügung gestellt. Diese treffen erst zwei Tage nach dem Anschlag im Dezember ein.

    19. und 20. Juli 2016: Im Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ) tritt die “Arbeitsgruppe Statusrechtliche Begleitmaßnahmen”, kurz AG Status zusammen. Vertreter des Innenministeriums, des BKA und des Verfassungsschutzes sitzen am Tisch, aber auch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Der Fall Anis Amri steht auf der Tagesordnung, doch nach Prüfung aller Erkenntnisse notiert die AG Status als Fazit: “Eine akute Gefährdungslage liegt derzeit nicht vor.”

    19. September 2016: Auch andere halten Amri für gefährlich. Der marokkanische Geheimdienst etwa übermittelt dem BND-Büro in Rabat eine Warnung, auch der dortige BKA-Verbindungsbeamte wird informiert. Die Marokkaner wiederholen wenig später ihre Warnung sogar.

    2. November 2016: Der Fall Amri wird ein letztes Mal besprochen. Die Arbeitsgruppe “Operativer Informationsaustausch” im GTAZ urteilt wieder, es sei “kein konkreter Gefährdungssachverhalt erkennbar”.

    8. November 2016: Der Generalbundesanwalt lässt Abu Walaa und drei seiner engsten Gefolgsleute verhaften – der “Prediger ohne Gesicht”, den ein Zeuge später als den wichtigsten Mann des IS in Deutschland bezeichnet. Anis Amri war öfter im Rahmen der Ermittlungen gegen den Iraker aufgetaucht. Er übernachtete immer wieder bei Mitgliedern des salafistisch-dschihadistischen Netzwerks. Nach der Festnahme Abu Walaas muss Amri geahnt haben, dass es nun auch für ihn eng werden könnte.

    14. Dezember 2016: In einem amtlichen Papier des nordrhein-westfälischen Staatsschutzes wird behauptet, dass sich Amri in verschiedenen Moscheen und Unterkünften in Berlin aufhalte. Er wechsle dabei die Schlaforte.

    19. Dezember 2016: Anis Amri verübt am Berliner Breitscheidplatz den schwersten islamistischen Anschlag auf deutschem Boden. Zwölf Menschen sterben.

    4. Januar 2017, 06:07 Uhr
    Von Georg Mascolo

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    Was the Berlin Christmas market attacker an undercover agent?

    A report published just over a week ago by the Federal Criminal Office (BKA) raises the question of whether Anis Amri was an intelligence agent.
    Amri allegedly drove into a Christmas market with a lorry on December 19 and killed 12 people. He is also accused of shooting and killing the lorry’s Polish driver.
    Just days after the attack, it was already clear that Amri had prepared the attack under the noses of the police and intelligence agencies. He had been under constant surveillance over the previous two years and was in contact with an agent with the North Rhine-Westphalia (NRW) state intelligence agency.
    On the basis of the BKA’s confidential report, it is possible to reconstruct Amri’s activities in Germany quite precisely. The police and intelligence agencies concentrated on Amri almost weekly and followed all of his actions.
    Amri came from Italy to Germany in the summer of 2015. He had already received a four-year custodial sentence. He was initially sent to a refugee accommodation centre in Emmerich (Kreis Kleve), NRW.
    Already at that time, the 22-year-old was noticed because he had pictures of ISIS fighters on his mobile phone. In December 2015, other refugees reported to the immigration authorities in Kreis Kleve that he “supposedly maintained contact with Islamic State.” Eventually, the authorities were aware of 14 identities used by Amri.
    Amri became involved with the Salafist movement, into which the NRW state intelligence agency had embedded at least one agent. He reported repeatedly to the police about Amri. “The source spilled over,” wrote the Süddeutsche Zeitung, which saw the BKA report. These reports filled entire files.
    On the basis of these reports, the state prosecutor ordered Amri’s phone to be tapped in November 2015. Somewhat later, Italian intelligence agencies sent photos and detailed personal information to Germany.
    In February 2016, the intelligence agent reported that Amri was becoming more withdrawn and reading the Koran, as if he wanted to be purified as some suicide attackers do prior to an attack. He was designated as a “threat” by the NRW state intelligence agency.
    At the same time, the state BKA in NRW sent their intelligence about the Islamist network in which Amri was involved to the state prosecutor in Karlsruhe. The top German prosecutor took up an investigation against the group for supporting terrorism and recruitment for a terrorist organisation and in November ordered the arrest of its leader, Abu Walaa, as well as the hardcore members of the group. However, Anis Amri was left at large.
    A variety of intelligence agencies were now watching him as he travelled regularly between Dortmund and Berlin. He was driven at least once by the intelligence agent. Between March and September, the Berlin state prosecutor conducted an investigation into Amri. He was intercepted and observed, but allegedly not for terrorist planning but for petty drug trafficking. According to the Süddeutsche Zeitung, the BKA report alleges that “religious questions” supposedly fell into the background during Ramadan.
    On July 30, police arrested Amri on a bus at the border with Switzerland because drugs and false identities were found on him. After two days, he was released from the justice detention centre in Ravensburg after consultations with the immigration authorities in Kreis Kleve and the NRW Interior Ministry.
    The head of the justice detention centre in Ravensburg told Westdeutsche Rundfunk that if everything had been known at the time that was known by the authorities in NRW, they could have held Amri longer. But the authorities kept the information to themselves.
    Then on September 19, Morocco’s intelligence agency warned the BKA and the foreign intelligence service (BND) that the Tunisian could carry out an attack. Two days later, on September 21, 2016, the Berlin police ended their observations, allegedly because there was no evidence of an impending criminal act.
    A new warning was sent from Morocco to the German intelligence agencies in October. The NRW state intelligence agency was warned on several occasions by the Moroccan and Tunisian intelligence agencies about Amri, the last time on October 26. The NRW state intelligence agents merely checked the location of his phone and found he was residing in the Berlin-Brandenburg area.
    The Joint Terrorism Defence Centre (GTAZ), in which 40 security agencies at the state and federal levels are represented, held a total of seven meetings about Amri. But nobody allegedly saw any risk.
    Nonetheless, the authorities entered Amri’s name into a nationwide police Inpol database as a “foreign fighter”—i.e., as a terrorist—last October. This information was sent to all 26 countries party to the Schengen agreement.
    Amri was not arrested due to a lack of legal means, even though this is how it is portrayed. The authorities could have filed an application for deportation or security detention with a court and held Amri for up to 18 months as a “threat.” They could have then arrested him under a charge of terrorism. But none of this occurred. Amri remained concealed and on December 19 was able to carry out his attack.
    The BKA in particular played down the threat posed by the young Tunisian. In December 2015, the BKA deemed it “very unlikely” that Amri would carry out an attack. At one of the GTAZ meetings, an official of the BKA stated that the agent reporting about Amri had been part of a previous case in which he had provided “exclusive intelligence.” (“Exclusive means in general: there was nothing to it,” the Süddeutsche Zeitung explained.)
    The BKA designated Amri as a standard petty criminal to whom religious rituals meant nothing. “In the course of the measures, indications of planning for religiously motivated acts of violence did not arise.” The BKA report stated further, “The impression emerged of a young man on the move, erratic and appearing quite unstable.”
    As is now known, Amri prayed at a mosque in Berlin-Moabit shortly before the attack.
    Who was responsible for playing down the threat of Amri is one of the open questions in the case. Was he even perhaps an agent for one of the authorities? This suspicion was even held by some police authorities, because all pending investigations against Amri were halted, even an investigation for social welfare fraud in Duisburg. Additionally, there was no inquiry against him for grievous bodily harm and drug trafficking. Based on historical experience, this is a clear sign that someone is under the protection of a senior police or intelligence authority.
    Amri cannot comment on these latest details. The 24-year-old was shot and killed by Italian police on December 23 in Milan.
    The insistence by all state intelligence agencies that they were unaware that Amri was preparing an attack is worthless. This is well known from numerous previous attacks—the terrorist attacks of November 13, 2015, in Paris; April 15, 2013, in Boston; and September 11, 2001, in New York City. In every case, the security services had the attackers under surveillance for a long time and did not intervene to stop them from carrying out their plots.
    Each attack provided the justification for a huge build-up of the state apparatus, and the latest attack on the Berlin Christmas market is no different.
    Interior Minister Thomas de Maizière (Christian Democrats—CDU) responded at the beginning of January with the demand for the restructuring and centralisation of the security apparatus. The BKA had to be strengthened and the state intelligence agencies dismantled in favour of a federal administration and the construction of a “genuine federal police.” He published these demands under the headline “Guidelines for a strong state in difficult times” in the Frankfurter Allgemeine Zeitung.
    CDU chair Thomas Strobl, interior minister in Baden-Württemberg, subsequently called for unlimited detention pending deportation for threats and criminals.
    On Tuesday, the federal government decided to appoint a special investigator or initiate a parliamentary investigatory committee into the December 19 attack. Merely an internal investigatory group of the Parliamentary Control Commission (PKGr) will shortly present a report. The question must be asked: Who has an interest in this cover-up?

    By Dietmar Henning
    25 January 2017

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    Amri war laut Bundesregierung kein V-Mann

    Die Bundesregierung hat Spekulationen dementiert, wonach der Berliner Attentäter ein V-Mann gewesen sein soll. Im Bundestag befasst sich ein Kontrollgremium mit dem Fall.

    Wurde der Berliner Attentäter Anis Amri von den Sicherheitsbehörden nicht rechtzeitig gestoppt, weil er mit dem Verfassungsschutz zusammenarbeitete? Diese Fragen hatten Medien aufgeworfen. Das Innenministerium weist diese Spekulationen nun zurück: “Amri war weder als Vertrauensperson noch als V-Mann der Sicherheitsbehörden des Bundes tätig”, sagte ein Sprecher von Innenminister Thomas de Maizière (CDU). “Es wurde auch nicht versucht, ihn anzuwerben.”

    Der Spiegel hatte berichtet, dass es offenbar engere Kontakte zwischen Amri und einem islamistischen V-Mann des Landesverfassungsschutzes in Nordrhein-Westfalen gegeben hatte. Der V-Mann soll den späteren Attentäter mindestens einmal nach Berlin gefahren haben. Bekannt wurde auch, dass Amri bei dem V-Mann mit Anschlagsideen geprahlt habe – und sich offenbar auch nach Waffen erkundigt hatte. Die nordrhein-westfälische Landesregierung hatte daraufhin erklärt, der 24 Jahre alte Tunesier Amri sei kein V-Mann des Landesverfassungsschutzes gewesen. Die CDU-Landtagsfraktion hatte eine entsprechende Anfrage an die Landesregierung gestellt.
    Amri war von mehreren Behörden als islamistischer Gefährder eingestuft worden. Dennoch war es ihm möglich, am 19. Dezember einen Lastwagen in einen Berliner Weihnachtsmarkt zu steuern und zwölf Menschen zu töten. Amri war wenige Tage nach dem Anschlag bei einer Polizeikontrolle in Italien erschossen worden, nachdem er das Feuer auf die Beamten eröffnet hatte.
    SPD bevorzugt Sonderermittler

    Die Geheimdienstkontrolleure des Bundestages befassen sich am heutigen Montag mit möglichen Fehlern der Sicherheitsbehörden. In einer geheimen Sondersitzung soll dem Parlamentarischen Kontrollgremium nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa ein vom Bundeskriminalamt erstellter Bericht vorgelegt werden. Darin seien alle Erkenntnisse, die den deutschen Sicherheitsbehörden über den Tunesier in den vergangenen Jahren vorlagen, chronologisch aufgelistet.
    Anschließend soll sich der Bundestag in seiner ersten Sitzungswoche nach der parlamentarischen Weihnachtspause intensiv mit den Hintergründen des Anschlags beschäftigen. Am Dienstag wollen Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) und CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt mit SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann über die weiteren Schritte zur notwendigen Aufarbeitung des Falles durch den Bundestag sprechen.

    Der Innenminister unterstützt den Vorstoß. Er sei “sehr offen” für einen Untersuchungsausschuss, sagte Thomas de Maizière. “Unsere chronologische Aufarbeitung der Vorgänge, die wir in Kürze vorlegen werden, wird eine gute Grundlage für die Arbeit des Ausschusses sein.” Oppermann äußerte sich in der Bild am Sonntag offen für einen Untersuchungsausschuss, machte aber klar, dass er einen Sonderermittler für das wirksamere Instrument hält. Kauder hatte zuvor erklärt, es müsse insbesondere um die Frage gehen, ob es bei der Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern oder in einzelnen Bereichen Versäumnisse gegeben habe.

    16. Januar 2017, 7:30 Uhr Quelle: ZEIT ONLINE, dpa, mp 26 Kommentare
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    Anfrage der CDU-Landtagsfraktion War Anis Amri ein V-Mann des Verfassungsschutzes?

    Der Berliner Attentäter Anis Amri war nach Angaben der nordrhein-westfälischen Landesregierung kein V-Mann des Landesverfassungsschutzes.

    Ein Sprecher des Innenministeriums in Düsseldorf stellte am Samstag klar: „Er war kein V-Mann“.

    Die CDU-Landtagsfraktion hatte zuvor eine entsprechende Anfrage an die Landesregierung gestellt.

    Anfrage der CDU-Landesfraktion

    „Es ist ein Punkt unseres Fragenkatalogs an das Innenministerium“, bestätigte ein CDU-Fraktionssprecher. Medien hatten zuvor die Frage aufgeworfen, ob eine Zusammenarbeit mit dem Verfassungsschutz vielleicht die Erklärung dafür sein könnte, dass Anis Amri von den Sicherheitsbehörden nicht rechtzeitig gestoppt wurde.

    Der 24 Jahre alte Tunesier war von mehreren Behörden als islamistischer Gefährder eingestuft worden. Dennoch war es ihm möglich, am 19. Dezember einen Lastwagen in einen Berliner Weihnachtsmarkt zu steuern und zwölf Menschen zu töten.

    Über die CDU-Anfrage an die Landesregierung hatte am Samstag “Bild” berichtet.

    Schwere Vorwürfe gegen rot-grüne Koalition

    Der nordrhein-westfälische CDU-Vorsitzende Armin Laschet erhob im Fall Amri erneut schwere Vorwürfe gegen die rot-grüne Koalition in Düsseldorf, die sich im Mai zur Wiederwahl stellt.

    „Die Landesregierung in NRW hat es sträflich versäumt, hier die ausländerrechtlichen Möglichkeiten zu nutzen, um diesen Attentäter zu stoppen“, sagte Laschet den Dortmunder „Ruhr Nachrichten“ (Samstag).

    Die Hauptverantwortung dafür trage Innenminister Ralf Jäger (SPD). „Der NRW-Innenminister als oberste Landesbehörde hätte effektive Maßnahmen gegen Amri ergreifen müssen.“

    Indirekt forderte Laschet die Abberufung Jägers durch Ministerpräsidentin Hannelore Kraft: „Wenn Frau Kraft keinen besseren für die Innere Sicherheit findet als Herrn Jäger, ist das ein Armutszeugnis für die SPD und ihr persönliches Problem.“

    (dpa)

    14.01.17, 14:07 Uhr
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    Abschiebeverfahren im Fall Anis Amri war keineswegs Eilsache

    Bislang hieß es, dass der Tunesier Anis Amri via Eilverfahren in seine Heimat abgeschoben werden sollte. Doch nach stern-Informationen wurde er auf Anweisung des NRW-Innenministeriums wie ein normaler abgelehnter Asylbewerber behandelt.

    Die Stadt Köln hat dem stern gegenüber bestätigt, dass die Passersatzpapiere für den Weihnachtsmarktattentäter von Berlin, Anis Amri, entgegen bisherigen Aussagen nicht via Eilverfahren oder priorisiert beantragt wurden. “Die Anfrage war keine Eilsache”, hieß es von der Pressestelle in Köln. Wie der stern am Wochenende von der Stadt Köln und aus dem Innenministerium zudem erfuhr, gibt es bei der Bearbeitung von Passersatzpapieren generell kein Eilverfahren. Warum nicht, konnten die Behörden nicht erklären.

    Anis Amri war im Abschiebeverfahren ein normaler abgelehnter Asylbewerber, für den Passersatzpapiere benötigt werden – wie für hunderte andere auch.
    Antrag ohne Hinweis auf Gefärderstatus

    Es dauerte mehr als zwei Monate, bis die Anfrage der Zentralen Ausländerbehörde (ZAB) den tunesischen Behörden überhaupt übermittelt wurde. Auch auf die Gefährlichkeit des seit Monaten von insgesamt 40 Sicherheitsbehörden beobachteten “Gefährders” hatte die ZAB nicht hingewiesen. Zudem wurden die Papiere unter der Personalie Ahmed Almasri beantragt, von der man wusste, dass sie nicht stimmt. Anis Amri wurde nur als einer von zwölf Alias-Namen genannt.
    Zur Begründung hieß es, dass “seitens des Ministeriums entschieden wurde, dass die Passersatzpapier-Beschaffung auf normalem Wege ohne Hinweis auf den Gefährderstatus beantragt werden soll”.
    In einer Sitzung im gemeinsamen Terrorabwehrzentrum GTAZ im Juli hatten mehr als einen Monat zuvor alle beteiligten Behörden, unter anderem das LKA Nordrhein-Westfalen, das Bundeskriminalamt und auch das nordrhein-westfälische Innenministerium allerdings noch gemeinsam beschlossen, dass das NRW-Innenministerium “die Passbeschaffungsmaßnahmen zusammen mit der Ausländerbehörde Kleve prioritär durchführt”. Warum es sich an diese Vereinbarung nicht hielt, und warum man die Passersatzpapiere nicht wenigstens unter den lange bekannten richtigen Personalien beantragen ließ, um die Ausstellung der Papiere zu beschleunigen, ist unklar.
    Keine Kenntnis, welche Identität Amris die echte war

    Es habe zu diesem Zeitpunkt zwar festgestanden, dass Amri unter weiteren Identitäten registriert worden war, es sei ihnen jedoch nicht bekannt gewesen, welche davon die echte ist, sagte der Sprecher des Innenministeriums in Nordrhein-Westfalen dem stern.
    Erst durch die Mitteilung von Interpol Tunis im Oktober habe man zweifelsfrei erfahren, dass die wahre Identität Anis Amri lautet. Nachvollziehbar ist das nicht, schließlich saß das Innenministerium bei den “Gefährder-Sitzungen” im Terrorabwehrzentrum mit am Tisch

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    Terrorverdächtiger aus Neuss Ermittler finden keine Spur zu Anis Amri

    Ein Spezialeinsatzkommando nimmt im nordrhein-westfälischen Neuss einen 21-Jährigen fest, der unter Terrorverdacht steht. Doch Waffen oder Sprengstoff finden die Ermittler bei ihm nicht. Auch Beweise für die Anschlagsplanung fehlen bisher.

    FDP will Rücktritt von Innenminister Jäger: Amri hatte offenbar Kontakt zu V-Mann aus NRW

    Das Bundesinnenministerium hat zurzeit keine Hinweise, dass der Terrorverdächtige aus dem nordrhein-westfälischen Neuss in Kontakt mit dem Berliner Attentäter Anis Amri stand. Ein Sprecher von Innenminister Thomas de Maizière sagte, zwar liege ihm kein minütlich aktualisierter Erkenntnisstand vor, zudem gehe es um zwei laufende Ermittlungsverfahren. Basierend auf den damit verbundenen Einschränkungen könne er aber von möglichen Zusammenhängen nicht berichten.

    Amri hatte kurz vor Weihnachten auf einem Berliner Weihnachtsmarkt zwölf Menschen getötet. Gelebt hatte er zuvor hauptsächlich in Nordrhein-Westfalen und galt vor allem in der dortigen Islamistenszene als gut vernetzt.

    Ein Spezialeinsatzkommando hatte den 21-Jährigen aus Neuss am Samstagabend in seiner Wohnung festgenommen. Beweise für den Terrorverdacht des jungen Mannes haben die Ermittler bisher allerdings nicht gefunden. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Düsseldorf sagte, bei der Polizeiaktion seien am Samstagabend weder Waffen noch Sprengstoff entdeckt worden. Derzeit würden die bei ihm beschlagnahmten Datenträger ausgewertet.

    Die Sicherheitsbehörden gehen davon aus, dass der 21-Jährige einem 17-Jährigen aus Wien bei der Vorbereitung eines Terroranschlags in Österreich geholfen hat. Der 17-Jährige war am Freitag in Wien festgenommen worden. Nach bisherigem Ermittlungsstand haben sich die beiden in islamistischen Foren sozialer Netzwerke kennengelernt. Im Dezember soll der Wiener Verdächtige zwei Wochen bei einem Bekannten in Neuss verbracht haben.

    Bei seiner Vernehmung habe der 21-Jährige nicht bestritten, eine islamistische Auffassung zu vertreten, sagte der Sprecher der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft. “Er bestreitet aber, sich mit dem IS beschäftigt zu haben.” Im Rahmen der Ermittlungen soll sein Hintergrund ausgeleuchtet werden.

    Quelle: n-tv.de , chr/dpa/AFP

    Montag, 23. Januar 2017
    16.01.17 – 01:36 min

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    Die BND-Affäre und die Schweiz: BND und NSA sollen Swisscom-Kunden ausspioniert haben

    Der deutsche Geheimdienst BND habe Daten aus der Schweiz an die NSA weitergeleitet: Das sagt ein österreichischer Politiker gestützt auf neu aufgetauchte Dokumente.
    KOMMENTARE
    Der österreichische Grünen-Politiker Peter Pilz präsentiert in mehreren europäischen Städten Enthüllungen über Spionagepraktiken der NSA – am Mittwoch auch in Bern.
    Der österreichische Grünen-Politiker Peter Pilz präsentiert in mehreren europäischen Städten Enthüllungen über Spionagepraktiken der NSA – am Mittwoch auch in Bern. (Bild: Imago)
    Der Abhörskandal um den deutschen Bundesnachrichtendienst (BND) und die amerikanische NSA betreffe auch Schweizer Privatpersonen und Firmen. Das sagt Peter Pilz, grüner Abgeordneter im österreichischen Nationalrat, gestützt auf angebliche Geheimdokumente. Am Mittwoch präsentierte Pilz die Dokumente in Bern – zusammen mit der Co-Präsidentin und dem Fraktionschef der Schweizer Grünen, Regula Rytz und Balthasar Glättli.

    Mit den Dokumenten glaubt Pilz belegen zu können, dass der BND Internetdaten aus der Schweiz ausspioniert und an die NSA weitergeleitet habe. Passiert sei das im Rahmen der «Operation Eikonal», die deutsche Medien im Oktober 2014 publik gemacht haben. Neu ist jetzt der Bezug zur Schweiz. Pilz präsentierte eine mit vielen technischen Details versehene Liste von über 250 Daten-Transitleitungen durch Deutschland. Dabei handle es sich um eine Prioritätenliste jener Leitungen, die der BND zwischen 2004 und 2008 im Auftrag der NSA ausgespäht habe. Neun der 250 Transitleitungen kommen aus der Schweiz und führen nach Prag, Sydney, Tokio, Seoul, Luxemburg, Warschau und Moskau. Auf Schweizer Seite wurden diese Leitungen laut Liste von der Swisscom betrieben. In Frankfurt, wo sich der grösste Internetknotenpunkt der Welt befindet, soll die deutsche Telekom dem BND Zugriff gewährt haben. Der BND habe die Daten an die NSA weitergegeben, gestützt auf ein Memorandum aus dem Jahr 2002.

    Grüne planen Strafanzeige

    Wenn die Liste authentisch ist, wäre die Schweiz eines von 64 Ländern, die vom BND/NSA-Lauschangriff betroffen wären. Der Zugriff auf die Leitungen stützt sich laut Pilz auf einen Vertrag zwischen BND und deutscher Telekom von 2004. Diesen Vertrag hat Pilz vor ein paar Tagen in Österreich veröffentlicht. Der Vertrag regelt die Aufklärung von «kabelgestützten leitungs- und paketvermittelten Fernmeldeverkehren, die ihren Ursprung und ihr Ziel nicht in der Bundesrepublik Deutschland haben (‹Transit›)». Über die Herkunft der Dokumente äussert Pilz sich unter Berufung auf den Quellenschutz nicht. Er habe ihre Echtheit jedoch zweifelsfrei verifiziert, sagt Pilz. In Österreich ist der 61-Jährige eine bekannte Grösse. Seit über 20 Jahren gehört er dem Parlament an. Einerseits ist er wegen seiner Streitbarkeit umstritten, andererseits ist er über die Parteigrenzen hinaus respektiert für Verdienste bei der Aufdeckung mehrerer Skandale – etwa bei der Eurofighter- und der Lucona-Affäre.

    Im Unterschied zu anderen Grünen – notabene auch zu vielen Schweizer Grünen – hält Pilz Nachrichtendienste und Armee grundsätzlich für notwendig. Warum er sich trotzdem gegen die flächendeckende Überwachung wehrt, begründet Pilz ironisch mit einem Zitat der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel: «Ausspähen unter Freunden – das geht gar nicht.» Derzeit befindet sich Pilz mit seinen Geheimdokumenten auf einem Medien-Marathon durch Europa. In Wien und Berlin ist er bereits vor den Medien aufgetreten; ein weiterer Auftritt ist in Brüssel geplant.

    Den Schweizer Grünen spielt Pilz damit einen politischen Steilpass in der Debatte um das Nachrichtendienstgesetz zu, das der Ständerat am 11. Juni berät. Das Gesetz soll dem Schweizer Nachrichtendienst genau das erlauben, was der BND in Frankfurt gemacht haben soll: die Kabelaufklärung. Die Grünen bekämpfen diese Kompetenzausweitung für den Nachrichtendienst. Sie verlangen auch, dass «die offizielle Schweiz» gegenüber den deutschen Behörden dezidiert auf die mutmassliche Ausspionierung reagiere. Zudem bereitet die Partei laut Glättli vorsorglich eine Strafanzeige bei der Bundesanwaltschaft wegen Spionage vor.

    «Keine Garantien abgeben»

    Die Swisscom erklärt, sie habe von der möglichen Abhöraktion nur aus den Medien Kenntnis. Die Firma weist darauf hin, dass sie die Kommunikation nur innerhalb der Schweiz schützen könne. «Swisscom kann deshalb für Daten, die das Swisscom-Netz verlassen, keine Garantien abgeben.» Die von Pilz erwähnten neun Leitungen «gehören gemäss unserem Kenntnisstand aktuell nicht uns», teilt die Swisscom mit. Um die Situation vor zehn Jahren zu klären, würde man weitere Angaben brauchen.

    Der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) reagiert mit einer generellen Stellungnahme. «Der NDB untersucht die Veröffentlichungen betreffend die nachrichtendienstlichen Aktivitäten technischer Natur von ausländischen Nachrichtendiensten, die potenzielle Zusammenhänge mit der Schweiz haben könnten», sagt eine Sprecherin sibyllinisch. Zurzeit seien Abklärungen im Gange, «um Verbindungen zu unserem Land zu prüfen». Präziser wollte die Sprecherin nicht werden.

    von Markus Häfliger, Bern27.5.2015, 21:42 Uhr
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    BND-Agenten brechen ihr Schweigen

    Inside BND: Er war Agent im Kalten Krieg und hat Dschihadisten gejagt. Sie ist gerade mit ihrer Ausbildung fertig und wartet auf den ersten Einsatz im Ausland. Aus dem Leben zweier deutscher Spione.
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    Als Michael Sidka* dem Kalten Krieg wiederbegegnet, steht er im Garten einer blassgelben Villa zwischen Bronzestatuen und wintermüdem Bambus. Sidka, ein Baum von einem Mann, hat die Arme vor der breiten Brust verschränkt, seine raue Stimme füllt die eisige Luft. Der Zufall hat ihn an diesem Morgen mit einem Mann zusammengeführt, den er von früher kennt. Sie reden über eine Zeit, in der sie Helden waren, Abenteurer im Auftrag der Bundesrepublik Deutschland, Topspione.

    „War einiges los, damals“, sagt Sidka und lacht sein heiseres Lachen. Der andere, hager, nickt. Damals. Sowjetunion, DDR, der Osten gegen den Westen.

    Es ist ein Freitagmorgen im Frühjahr. Sidka soll einen heiklen Auftrag übernehmen. Auch deshalb ist er in die Villa gekommen, nach Pullach, in die Zentrale des Bundesnachrichtendienstes. Eine Dreiviertelstunde hat er mit dem Auto gebraucht, er ist gleich nach dem Frühstück losgefahren. Der Auftrag ist streng geheim. Es geht um ein Land aus den Nachrichten, in dem Bomben detonieren, in dem viel geschossen und gekämpft wird.

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    Na dann, sagt Sidka und dreht dem Hageren und der Vergangenheit den Rücken zu. Er ist inzwischen Mitte 60. Er war schon in Rente, als der Bundesnachrichtendienst – kurz: BND – ihn zurückgeholt hat für diesen Spezialauftrag. Er weiß, was von ihm erwartet wird. Er kennt das ja seit 30 Jahren. Trotzdem kommt es ihm manchmal so vor, als wäre der Beruf inzwischen ein anderer.

    ***Einmalige Nutzung WELT-Gruppe incl. welt.de/weltHD*** Agenten im Interview mit Redakteur Marc Neller / Welt am Sonntag Pullach bei München (Bayern)
    Präsidentenvilla in der BND-Zentrale in Pullach
    Quelle: Jörg Fokuhl
    Früher kam es vor allem darauf an, die richtigen Leute anzusprechen, um beispielsweise zu wissen, was der sowjetische Präsident als Nächstes vorhat. Inzwischen wird es immer wichtiger, aus Millionen Telefondaten, Mails und anderen Spuren im Internet diejenigen herauszufiltern, die verraten könnten, wer womöglich einen Terroranschlag in Deutschland plant.

    Außerdem scheint es, als gälte auf einmal auch das eherne Gesetz der Spione nicht mehr. Sie waren mal Männer, die im Verborgenen wirkten, mit falschen Namen, geräuschlos und zuverlässig, meist wusste nicht einmal die eigene Ehefrau, was sie taten. Es sollte so sein. In den vergangenen Monaten aber sah es so aus, als hätte niemand in Deutschland weniger Geheimnisse als der Geheimdienst.

    Angefangen hat es vor gut zwei Jahren.

    Edward Snowden reichte ein USB-Stick

    Im Juni 2013 schickte ein schmächtiger Informatiker mit bleichem Jungengesicht von Hongkong aus Dokumente nach Washington und London an zwei Zeitungsredaktionen. Wenig später kannte die ganze Welt das Kürzel eines US-Geheimdienstes, von dem lange Zeit nicht einmal die Amerikaner wussten: NSA.

    Die Welt erfuhr, dass die National Security Agency sehr mächtig ist und eine gigantische Datensammelmaschine, die über Jahre hinweg millionenfach Amerikaner ausspähte. Edward Snowden reichte ein USB-Stick, um unbemerkt Unterlagen aus einer der modernsten und am besten gesicherten Spionageorganisationen der Welt rauszuschmuggeln. Früher hätte man dafür mit einem Lastwagen voller Papier und Mikrofiche-Folien einen mächtigen Schutzwall aus Sicherheitszäunen, Wachhunden, Patrouillenfahrzeugen und Überwachungskameras überwinden müssen.

    Wenig später kam heraus, dass die Amerikaner das Telefon der Bundeskanzlerin abgehört hatten. Dann flog auf, dass irgendwer es geschafft hatte, einen Maulwurf in einer wichtigen Abteilung des BND zu platzieren. Er sagte, er habe für die Amerikaner gespäht.

    Außerdem ist da der Untersuchungsausschuss des Bundestags, in dem ständig ein anderer Kollege Sidkas bedrängt wird, zu verraten, woher er welche Informationen bekommt und mit wem er sie austauscht. Und da sind die Pannen beim Bau der neuen Zentrale in Berlin, geklaute Baupläne, geklaute Wasserhähne. Das alles läuft abends in den Nachrichtensendungen im Fernsehen. Es ist manchmal nicht ganz klar, was davon beängstigend und was unfreiwillig komisch ist.

    Klub der Schlapphüte

    Der BND hat ein Problem. Er will kein Geheimdienst ohne Geheimnisse sein, weil ihm Informanten und die Spionagebehörden anderer Länder dann nichts mehr erzählen. Einige haben zuletzt gedroht, die Zusammenarbeit zu beenden, wenn die Deutschen sie in irgendwas mit reinziehen, in diesen Untersuchungsausschuss zum Beispiel.

    Außerdem will der BND den Ruf loswerden, ein Klub der Schlapphüte zu sein, ein Zirkel für aus der Zeit gefallene Schattenkrieger, hängen geblieben in den 70er-Jahren. Auch deshalb lässt er seine neue Zentrale in Berlin bauen, mitten in der Stadt, gut eine Viertelstunde Fußweg vom Kanzleramt entfernt. Auch deshalb geben sich der Präsident und sein Pressestab große Mühe, den BND als modernen Dienstleister darzustellen, der das Bundeskanzleramt und die Regierung jeden Tag mit Einschätzungen zu allen politisch wichtigen Themen und Gegenden der Welt versorgt. Die freundlichen Spione von nebenan, die brisante Geheimnisse lüften, aber nichts zu verbergen haben. So in etwa würde der Nachrichtendienst gern gesehen.

    In einem kleinen Gewässer spiegeln sich am 05.03.2015 in Berlin Gebäude der neuen Zentrale des Bundesnachrichtendienstes (BND). Nach dem Bekanntwerden eines Wasserschadens ist das Neubauprojekt erneut in den Schlagzeilen. Foto: Paul Zinken/dpa (Zu dpa “Zentraler BND-Sicherheitsbereich von Wasserschaden nicht betroffen”) +++(c) dpa – Bildfunk+++
    Geklaute Baupläne, geklaute Wasserhähne: Die neue Zentrale des BND ist häufig in den Schlagzeilen
    Quelle: dpa
    Die Deutschen wissen nicht so recht, was sie von ihren Spionen halten sollen. Sie mögen James Bond, aber sie mögen keine Behörde, von der sie glauben, dass sie im Leben der Bürger herumschnüffelt. Sie ahnen, dass James Bond mit der Wirklichkeit ungefähr so viel zu tun hat wie ein Bundeskanzler mit der Aufzucht von Flamingos. Doch von James Bond wissen sie, was er tut, von den deutschen Agenten wissen sie praktisch nichts.

    Wie wird man ein Spion? Wie muss man sein, was muss man können? Wie ist das, wenn man ständig die Geheimnisse anderer lüften will und aus sich selbst ein großes Geheimnis macht? Es gibt kaum Antworten auf diese Fragen. Wenn Spione über ihre Arbeit sprechen, dann mit Kollegen. Nicht mit der Familie, nicht mit Freunden, mit Journalisten schon gar nicht. Sidka hat lange überlegt, bevor er zusagte. Wie seine Kollegin, eine junge Frau, Anfang zwanzig, eine andere Generation Agenten, gerade erst ausgebildet.

    Zu Snowden kein Wort, sagt Sidka.

    Er ist zurück in die Villa gegangen, in ein Zimmer mit viel dunklem Holz, und hat sich noch einen Kaffee eingegossen. „Kein Wort.“ Es ist einer dieser Momente, in denen er sein Gesicht verschließt, von einem Moment auf den nächsten verlieren die Augen jeden Ausdruck, die Lippen werden schmal. Ein Mann, der extravagant blau leuchtet, Wolljacke, Chinohosen, Lederschuhe mit orangefarbenen Sohlen. Und der sich hütet. Eine Bundesregierung macht Politik, ein Spion spioniert. Keine Politik, ein anderer Name, das sind seine Bedingungen.

    Operation „Stay behind“

    Sidka war gerade Mitte dreißig, im besten Alter, ein Mann mit Familie und Verpflichtungen, als ihn ein Bundeswehr-Mann anspricht und fragt, ob er sich vorstellen könnte, Agent zu werden. Es gebe eine sehr reizvolle Aufgabe. Er, Sidka, sei genau der Richtige.

    Sidka sagt heute, „selbst wenn ich nur Socken hätte zählen sollen, hätte ich es wahrscheinlich gemacht“.

    Er ist bei der Bundeswehr damals Fernmeldetechniker, seit zehn Jahren im Dienstgrad eines Hauptmanns. Der Job beim BND bedeutet die sofortige Beförderung zum Major, ein gutes Gehalt, Stellenzulage und die Sicherheit, dass er mit der Familie am Starnberger See wohnen bleiben kann, denn sein Dienstort soll Pullach sein. Der BND würde ihn morgens mit dem Bus abholen und abends nach Dienstschluss nach Hause bringen lassen, zusammen mit anderen Agenten. Außerdem klingt die Aufgabe aufregend.

    SELBST WENN ICH NUR SOCKEN HÄTTE ZÄHLEN SOLLEN, HÄTTE ICH ES WAHRSCHEINLICH GEMACHT
    MICHAEL SIDKA
    Sidka soll Teil einer Partisanenarmee werden, die der BND so geheim hält, dass selbst im Dienst kaum jemand von ihr weiß, Operation „Stay behind“. Er soll Funksprechgeräte entwickeln, die einfach zu bedienen sind und die man im Boden vergraben und jahrzehntelang darin liegen lassen kann, nicht kaputtzukriegen von Erde, Nässe und Frost und mit einer Batterie ausgestattet, die ewig hält. Denn falls der Russe Deutschland angreifen sollte, würden die Spezialagenten sich hinter die Front zurückfallen lassen und tun, wofür sie ausgebildet wurden: melden, was der Russe vorhat, zersetzen. Die Agenten würden die Depots aufsuchen, die der BND angelegt hat, Depots für Waffen, Sprengstoff und Funkgeräte.

    „Tja“, sagt Sidka und macht ein amüsiertes Gesicht, „waren andere Zeiten damals.“

    An einem hellen Oktobertag fährt er dann mit einem roten Opel Ascona, den er für 11.300 D-Mark gebraucht gekauft hat, an einem der Kontrollhäuschen vor, in denen in Pullach die Pförtner des BND sitzen. Man sagt ihm, dass er sein Auto mindestens einen Kilometer entfernt zu parken habe, bis er über ein Tarnnummernschild verfüge wie alle anderen. Er wird fotografiert, bekommt einen Dienstplan in die Hand gedrückt. Es ist sein erster Tag als Agent der Bundesrepublik. Es ist 1985.

    Ein halbes Jahr lang lernt Sidka, ein Spion zu werden. Vier Wochen wird er in die Organisation und Abteilungen des BND eingeweiht, fünf Monate bringt man ihm bei, wie man konspirativ fotografiert, tote Briefkästen anlegt, Verstecke für geheime Nachrichten, wie man Kontaktberichte verfasst und bei den Chefs Geld für verdeckte Operationen beantragt. Er probiert abends in einer Kneipe seine erste neue Identität aus, den neuen Namen, und verquatscht sich nach ein paar Minuten.

    ***Einmalige Nutzung WELT-Gruppe incl. welt.de/weltHD*** Agenten im Interview mit Redakteur Marc Neller / Welt am Sonntag Pullach bei München (Bayern)
    Topspione im Kalten Krieg: Agent Sidka im Gespräch mit einem Kollegen von früher
    Quelle: Jörg Fokuhl
    Fehler, sagt viele Jahre später der Kollege im Garten der blassgelben Villa, kannst du nicht verhindern. „Die Frage ist, wie du damit umgehst. Du musst improvisieren. Wenn du darüber nachdenkst, was du gelernt hast, hast du schon verloren.“ Er erzählt, dass er für seine Arbeit in Russland drei Legenden gehabt habe, drei erfundene Lebensgeschichten, von denen er bis heute träume. Eine Legende müsse so nah wie möglich an der Wirklichkeit sein, sagt er. Man verstricke sich sonst viel zu schnell in Widersprüche. „Wir sind keine Schauspieler.“

    Nach seiner Ausbildung soll Sidka die DDR ausspähen, „aufklären“, sagen seine Vorgesetzten. Er leitet Agenten an, schickt sie nach Ost-Berlin und wartet in einem Café am Ku’damm darauf, dass sie zur vereinbarten Zeit wieder über die Grenze kommen. Er ist nervös, immer, als wäre es das erste Mal. Wenn die Stasi sie aufgreift, haben sie ein ernstes Problem. Einer seiner Männer verliert gleich bei seinem ersten Einsatz in der DDR seinen Pass, damit ist seine Karriere beendet.

    Es dauert damals oft drei Tage, bis eine wichtige Information an der richtigen Stelle ankommt. Sidka kann sich das heute kaum noch vorstellen.

    Die meiste Zeit aber verbringt Sidka in Pullach, in der „Z“, so nennt er die Zentrale bis heute. Damals steht auf dem Schild am Eingangstor noch „Behördenunterkunft“, ein Tarnname.

    Welche Information ist wichtig?

    „Etwa neunzig Prozent unseres Jobs sind Routine“, sagt Sidka, „mühsame Kleinarbeit.“ Er sitzt, die kräftigen Finger der Hände ineinandergefaltet, in einem holzvertäfelten Raum im Erdgeschoss der Villa und sieht einen an, als wollte er herausfinden, ob man ihm glaubt. „Wirklich, ist so“, sagt er.

    Welche Information ist wichtig, für welche gibt es zwei voneinander unabhängige Quellen, was bedeuten die kleinen Puzzleteile für das große Bild, das man sich von der Welt zu machen hat? Was heißt es für Europa, dass Libyen zerfällt? Treibt die Korruption auf dem Balkan noch mehr Flüchtlinge nach Deutschland? Was ergibt sich aus all den Zeitungsberichten, den Studien, Reden von Staatsoberhäuptern, den klandestin beschafften Informationen darüber, was dieses oder jenes Staatsoberhaupt vorhat? Das sind die Fragen, auf die Agenten Antworten finden sollen.

    ETWA NEUNZIG PROZENT UNSERES JOBS SIND ROUTINE
    MICHAEL SIDKA
    Als in Berlin die Mauer fällt und in Deutschland niemand mehr glaubt, dass der Russe noch kommt, löst der BND seine Armee für Spezialaufträge auf. Ein paar Jahre bearbeitet Sidka den Balkan, in Deutschland befragt er Spätaussiedler und Asylbewerber, die aus Krisenländern kommen. Einmal fährt er nach Graz in ein Hotel, dort erwartet er einen einflussreichen Mann, den ihm ein Kontaktmann als ergiebige Quelle in der Verwaltung eines Balkanstaates empfohlen hat.

    Dann krachen in New York zwei Flugzeuge in die Zwillingstürme des World Trade Center. Der Feind ist jetzt nicht mehr der Russe, sondern ein Mann mit hagerem Gesicht und langem Zauselbart, von dem es heißt, er verstecke sich irgendwo in den Bergen Afghanistans. Seinen Namen wird Sidka noch sehr oft hören und lesen: Osama Bin Laden. Sidka wird nach Berlin abberufen, in die Nähe der Macht. Er soll jetzt die Abteilung 5 leiten, Terrorismusaufklärung für Europa, Afrika und den Nahen Osten. Da ist es 2004.

    Andere Geheimdienste sagen nicht immer die Wahrheit

    „Das erste Dreivierteljahr war ein einziger Horror“, sagt Sidka. Er spricht weder die Sprache der Gotteskrieger, noch kennt er sich mit ihrer Religion aus, dem Islam. Also liest er alles, was er in die Hände bekommt. Er fräst sich durch Dutzende, durch Hunderte Berichte, jeden Tag. Morgens legen ihm Mitarbeiter Akten auf den Tisch, die sich zu Türmen von bedrohlicher Höhe auswachsen, am Abend hat er sie durchgearbeitet. Er beginnt zu verstehen, dass er es mit etwas zu tun hat, was man in Europa bisher so nicht kannte. Dass es diesen Terroristen darum geht zu töten, Erwachsene, Kinder, Frauen, Männer, ganz egal. Für sie gibt es keine Unschuldigen, für sie gibt es nur Ungläubige. Je mehr sie töten, desto besser.

    Die Gotteskrieger entführen 31 Touristen in der Sahara, fast die Hälfte davon sind Deutsche. Es ist der Beginn eines wochenlangen Versteckspiels, und Sidka lernt, dass andere Geheimdienste, die sich als Freunde ausgeben, nicht immer die ganze Wahrheit sagen. Wenn man Sidka fragt, was da los war, macht er mit Daumen und Zeigefinger eine Handbewegung, als schlösse er seine Lippen wie einen Reißverschluss. Ein Spion redet nicht über seinen Job. Und schon gar nicht über andere Dienste. Nachrichtendienstliches Grundgesetz, Artikel 1 und 2

    Die Dschihadisten bomben in der Londoner U-Bahn und in Madrider Zügen. Sidka sichtet Berge von Bildern: verkohlte Leichen, zerfetzte Körper, abgerissene Köpfe, Arme, Beine. Er lässt sich die Berichte seiner Leute kommen, die der Guardia Civil, und die einiger Geheimdienste, mit denen der BND zusammenarbeitet. Er sichtet Polizeiberichte, Zeitungen und das Internet. Er sieht sich im Netz die Videos der Terroristen an und sucht nach einer Spur, einem Hinweis darauf, wer das getan haben könnte. Es gibt fast täglich eine Pressekonferenz, in der sie das bisschen Wissen, das sie sammeln konnten, als große Leistung verkaufen müssen.

    Der ewige Minderwertigkeitskomplex des BND

    Die Geschichte des BND ist auch die Geschichte eines Minderwertigkeitskomplexes. Die Auslandsspione hatten im Kanzleramt lange Zeit keinen guten Ruf. Helmut Schmidt hat mal gesagt, dass er lieber den Auslandsteil der „Neuen Zürcher Zeitung“ lese als sich einmal in der Woche mit BND-Leuten zusammenzusetzen. Dafür sei ihm die Zeit zu schade. Helmut Kohl soll ähnlich gedacht haben. Auch die Ministerien, das Auswärtige Amt, das Verteidigungsministerium, das Innenministerium, erkundigten sich lange Zeit lieber bei den deutschen Botschaften im Ausland danach, was sie wissen mussten.

    Das hat sich erst mit dem Regierungsumzug von Bonn nach Berlin geändert. Es waren die Berichte des BND, die Kanzler Gerhard Schröder und seine rot-grüne Regierung davon abgehalten haben, deutsche Soldaten in den Irak-Krieg zu schicken.

    Trotzdem wirken die Deutschen immer ein bisschen schmächtig neben ihren Freunden. Sie haben drei Nachrichtendienste, den BND, den Verfassungsschutz, den Militärischen Abschirmdienst. Der Bundesnachrichtendienst hat 6500 Mitarbeiter, Jahresetat: 536 Millionen Euro. Die Amerikaner haben 17 Geheimdienste, die sie mit 70 Milliarden Dollar ausstatten. Allein der Abhördienst NSA hat jedes Jahr zehn Milliarden Euro zur Verfügung, er hat sich in seine Zentrale ein Pförtnerhäuschen für 14 Millionen Dollar bauen lassen. Dagegen ist die deutsche Auslandsspionage eigentlich ein Witz.

    BND_Pullach
    Reporter Neller im Gespräch mit Agent Sidka
    Quelle: Jörg Fokuhl
    Sidka liest damals, vor zehn Jahren, in den Berichten auf seinem Schreibtisch, dass die Terroristen immer mehr werden. Vor allem gründen sie immer neue, immer kleinere Gruppen, die immer schwieriger zu beobachten und zu verstehen sind. Es sind Hunderte, Tausende. In Sidkas Abteilung 5 sind sie etwa 80. Er hat ein paar Islamwissenschaftler und sonst viele Agenten, die schon dies und jenes gemacht haben, wie er selbst. Das heißt, er braucht auch die Informationen anderer Geheimdienste, von denen man nicht immer weiß, woher sie stammen und wie zuverlässig sie sind.

    Der eine Gedanke, den sie alle fürchten

    Wenn er am Wochenende mit seiner Frau und den Kindern in der Stadt unterwegs ist, kann er an keinem Abfalleimer vorbeilaufen, ohne sich vorzustellen, dass dort eine Bombe versteckt sein könnte. Er fängt an, schlecht zu schlafen. Die vielen grausamen Bilder haben angefangen, sich in seinem Kopf festzufressen. Ein Gedanke beginnt ihn zu beherrschen. Was, wenn er etwas übersieht, eine Information unterschätzt oder einen Mann, den er nicht hätte unterschätzen dürfen? Was, wenn sich einer am Potsdamer Platz oder im Berliner Regierungsviertel in die Luft sprengt und Hunderte Menschen mit sich in den Tod reißt – und er, Sidka, hätte es wissen können?

    „Ich bin in dieser Zeit eisgrau geworden“, sagt Sidka. Er fährt sich mit der rechten Hand ins Gesicht und knetet seinen Fünftagebart, als mache ihn der bloße Gedanke an diese Zeit noch immer nervös.

    Der eine Terrorist, der es schafft. Das ist der Gedanke, den sie alle loszuwerden versuchen.

    Sidka sagt, es gebe Kollegen, die damit nicht klarkämen und sich versetzen ließen. Er sagt, seine Frau und seine Kinder hätten damals gemerkt, wenn er einen dieser Tage hatte, an denen er die Augen schloss und wieder und wieder sah, wie ein Terrorist einem Menschen mit einem Schwert den Kopf abschlug. Er hat auch darüber nicht gesprochen. Er hatte seiner Frau gesagt, für wen er arbeitet und, wenn er zu einem Einsatz im Ausland reisen musste, auch wohin er fliegt, wenigstens ungefähr. Er sagt, das sei mehr gewesen, als viele seiner Kollegen seines Alters ihren Frauen oder Freunden gesagt hätten. Ein Kollege, den er mag, tut bis heute so, als arbeite er bei einem großen Flugzeughersteller.

    Sidka erinnert sich gut daran, wie morgens ein Bus in der Münchner Innenstadt hielt, der ihn zur Arbeit brachte. Mit ihm stiegen 30 oder 40 andere Männer ein, die taten, als wären sie auf dem Weg in ihre Versicherung oder Bank. Sie alle stiegen nach 20 Minuten Fahrt in Pullach aus, am Werkstor der deutschen Auslandsspionage. Sie zeigten an der Pforte ihre Dienstausweise vor und sprachen nicht darüber.

    „Na ja, das muss jeder selbst wissen, wie er das regelt.“

    Eine ganz normale Bewerbung

    Anna Martin* durchmisst mit langen Schritten einen Behördenflur im Berliner Westen, eine Frau Anfang 20, mädchenhaft schmal, die Augen blau wie ein Gletschersee, die Fingernägel schwarz glänzend. Sie sucht einen Raum, der weit genug weg ist von den Büros der Kollegen, um ungestört zu reden. Was Michael Sidka demnächst hinter sich hat, ein Leben als Spion, hat sie noch vor sich. Und wenn Sidka sagt, der Job des Agenten habe sich sehr verändert, dann denkt er an Kollegen wie sie.

    Sie hatte einen Abiturschnitt von 1,1, sie mochte Sprachen, Englisch, Spanisch, sie mochte Biologie und Geschichte. Aber sie hatte keine Ahnung, was sie damit anstellen sollte. Bis sie einen Roman las, „Der Fluch des Diamanten“, eine Geschichte über die obskuren Wege des Handels mit Edelsteinen. Er war voller Kürzel, von denen sie nur ahnte, wofür sie standen: Europol, Interpol, BND.

    Also suchte sie im Internet und landete auf einer Seite mit Stellenausschreibungen. Der Bundesnachrichtendienst biete einzigartige berufliche Herausforderungen im In- und Ausland, stand da. „Kaum eine andere Behörde in Deutschland beschäftigt so unterschiedlich qualifiziertes Personal.“ Sie klickte weiter und war überrascht, dass die Spionagedienste sogar Stände auf Jobmessen haben und dort um Mitarbeiter werben. Sie hätte gedacht, dass Agenten angesprochen werden wie Sidka damals. Sie fuhr nach München auf eine dieser Jobmessen. Als sie zurückkam, bewarb sie sich.

    Sie sagt, „meine Eltern waren nicht gerade begeistert“, und kichert. Es amüsiert sie noch.

    Na ja, schlaf mal ’ne Nacht drüber, sagte die Mutter. Du begibst dich vielleicht in Gefahr, sagte der Vater. Sie merkten schnell, dass ihre Tochter ein Ziel hatte und glücklich war wie lange nicht.

    Es dauerte vier Monate, bis sie zu einem Assessmentcenter eingeladen wurde und man ihr sagte, „ihr bekommt nicht einfach eine Waffe in die Hand. Außerdem kann es sein, dass wir euch in der Verwaltung brauchen.“ Es dauerte noch einmal vier Monate, bis das Schreiben des BND im Briefkasten lag. „Der Präsident des Bundesnachrichtendienstes hat Ihrer Einstellung als Regierungsinspektoranwärterin in den Vorbereitungsdienst für die Laufbahn des gehobenen nichttechnischen Dienstes zugestimmt.“

    Seit ihrer Bewerbung waren etwa neun Monate vergangen. Sie wusste, dass es bei anderen noch deutlich länger dauert. Sie war eine von 1000 Bewerbern und eine von acht, die es geschafft hatte. Sie bricht ihr Studium, Zahnmedizin, nach zwei Semestern ab. Sie wird lieber unter falschem Namen in ein fremdes Land reisen und ins Getriebe der Welt blicken, als Gebisse zu richten.

    Ausbildung zum Spion

    Sie bekommt gleich in der ersten Woche einen Decknamen und einen Lehrplan. Das erste halbe Jahr ist wie ihre zwei Semester an der Uni, trocken. Eine Einführungswoche in München. Dann Brühl, Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung, ein Ensemble aus roten Klinkerbauten mit einem Hauptgebäude, das von oben aussieht wie ein Hufeisen. Da müssen alle hin, die als Beamte in den gehobenen Dienst wollen.

    Das Grundstudium dort dauert sechs Monate. Sie lernt Staatsrecht, Verwaltungsrecht, Zivilrecht, Beamtenrecht, ziemlich viele Paragrafen, dazu Volkswirtschaftslehre, Betriebswirtschaftslehre, öffentliche Finanzwirtschaft. Sie macht einen IT-Lehrgang, dann geht das Hauptstudium los. Operative Aufklärung, Auswertung, internationale Politik, Psychologie. Wie erkennt man, wenn jemand lügt? Das ist eine der Fragen, um die es geht. Und eine, auf die es offenbar trotz aller Forschung keine eindeutige Antwort gibt. „War eine ziemliche Druckbetankung“, sagt sie.

    Als Nächstes viereinhalb Monate Sprachen. Englisch ist Pflicht. Russisch findet sie spannend. Die Schule hat etwas von einem Schullandheim aus den 80er-Jahren. Es gibt eine Kegelbahn, einen Aufenthaltsraum, es gibt Schlafräume und einen Hörsaal, alles dicht beieinander. Morgens, wenn sie ins Bad geht, schlurft ihr Professor oder einer der Dozenten im Bademantel über den Gang. Man muss sich mit den anderen unterhalten, ob man will oder nicht, es ist alles so eng beieinander. Sie ist von Menschen umgeben, die sehr akribisch sind.

    Sie referiert das alles mit Datum, Monat, Tag, manchmal mit der Uhrzeit, als wäre es erst wenige Tage her. „Ihre Präzision ist eine Waffe“, sagt ein Kollege. Ein anderer sagt: „Sie ist beeindruckend. Aber mit der darfst du nicht verheiratet sein, da hast du nichts mehr zu melden.“ Den BND-Präsidenten interessiert es nicht, ob jemand mit seinen Agenten verheiratet sein will. Er will die besten Leute.

    Ein Bild, das der Wirklichkeit möglichst nahe kommt

    Seit Oktober sitzt Anna Martin in einem roten Backsteinbau in einer Gegend, die aussieht, als hätte ein Riese achtlos ein paar würfelförmige Häuser fallen gelassen. Außenstelle Berlin-Lichterfelde, Abteilung Regionale Auswertung. Viele ihrer Kollegen sind 30 oder 40, Männer in Anzügen, die in einer Bank oder einer Versicherung arbeiten könnten. Sie wertet Berichte aus, Naher Osten, Mittlerer Osten, Terrorismus.

    Auf ihrem Rechner laufen ungefiltert Daten ein, Berichte von Informanten oder den eigenen Leuten vor Ort, Berichte zum Terrorismus in dieser oder jener Region, Daten der Technischen Aufklärung, also Protokolle von SMS oder E-Mails, die sich Menschen geschickt haben, für die der BND sich interessiert. Sie soll aus diesem Panoptikum ein Bild machen, das der Wirklichkeit möglichst nahekommt und das man versteht. Das Wichtige herausfiltern, vielleicht noch mal den Kollegen in der Region anrufen, um sich etwas erklären zu lassen.

    Zwischen Abenteuer und Bürokratie: “Diese Trägheit nervt manchmal”
    Zwischen Abenteuer und Bürokratie: “Diese Trägheit nervt manchmal”
    Quelle: Jannis Chavakis
    Sie sagt, sie mache das gern: sich in Akten versenken. Aber sie freue sich, wenn sie selbst das erste Mal reisen werde, um einen Informanten zu treffen.

    Es ist etwas Besonderes, das sagen sie alle. Sie hat sich eben erst mit einem Kollegen darüber unterhalten. Er soll etwas herausfinden über junge Menschen, die sich in einem Weltkrieg wähnen. Über Islamisten, die alles, was man bisher kannte, in den Schatten stellen. Eine Gruppe, die sich Islamischer Staat nennt und gegen die al-Qaida ein Knabenchor war, wie die Agenten glauben. Ein Agent, der nicht vorsichtig ist, bringt seine Informanten in Gefahr und sich selbst. In anderen Fällen, in denen es nicht um Leben und Tod geht, droht vielleicht eine hohe Haftstrafe, wenn man auffliegt.

    Es dauere manchmal Tage, sagte der Kollege, bis nach solch einer Reise das Adrenalin wieder aus dem Körper sei.

    Es ist ein bisschen wie bei James Bond

    Zwei BND-Agenten sind vor ein paar Monaten nur knapp dem Tod entronnen. Ein Auftrag in Saudi-Arabien, sie waren mit einem gepanzerten Auto unterwegs, auf Spähtour, als plötzlich ein Motorrad und ein Wagen sie verfolgten, in dem Männer mit Maschinengewehren saßen. Die Kugeln durchsiebten die Karosserie, die Heckscheibe, sie trafen die Benzinleitung, das Auto brannte aus. Die Agenten überlebten.

    HIERARCHIE HOCH, HIERARCHIE RUNTER. ÜBERARBEITEN. DANN ALLES WIEDER VON VORNE
    ANNA MARTIN
    Es ist, was sie wollte, von Anfang an. Es ist ein bisschen wie all die Filme oder Romane über Spione, die die Leute kennen. Bis auf die 2200 Euro vielleicht, die sie im Monat verdient, netto. Sie sagt, es gebe eigentlich nur eine Sache, die sie nerve. „Diese bürokratische Trägheit, bis ein Bericht freigegeben ist. Hierarchie hoch, Hierarchie runter. Überarbeiten. Dann alles wieder von vorne.“ Sie sagt, sie sei dann zufrieden, wenn sie „nach einer Recherche ein gutes Lagebild anbieten“ könne. Sie schreibt einen Bericht, der durch sehr viele Hände geht. Jeden Tag arbeiten Dutzende Agenten an solchen Berichten, jeder Bericht ist exakt 17 Zeilen lang.

    Sie schreiben Tagesberichte, Wochenberichte, Monatsberichte, gut 300, sie schreiben Meldungen, Warnungen, 1800 Briefings im Jahr, eine Menge Papier oder Mails, die der BND ins Kanzleramt oder die Ministerien schickt, je nachdem wie vertraulich es ist. Von dem, was sie schreibt, kommt ein Bruchteil dort an, vielleicht. Dann gehören ihre Worte der Politik. Sie sagt, „das ist manchmal frustrierend“. Aber man müsse damit klarkommen. Das Abenteuer und die Bürokratie. Es ist manchmal nicht einfach zu verstehen, dass das zusammengehört. Sie wird es schon lernen.

    Schwierigster Auftrag: Rentner

    „Die jungen Agenten heute sind sehr gut ausgebildet“, sagt Sidka. Aber sie führten nicht mehr einfach Befehle aus wie früher. Sidkas Tonfall verrät nicht, ob er das gut oder schlecht findet. Er lacht ein uneindeutiges Lachen.

    Man kann sich kaum zwei unterschiedlichere Menschen vorstellen als ihn und Anna Martin. Seine Erscheinung ist eigentlich zu auffällig für einen, der unsichtbar sein soll. Leuchtblau, erdverwachsen und manchmal laut. Anna Martin tarnt sich als das Mädchen, das sie mal war, nur scheinbar zerbrechlich.

    Er sagt, er habe ja wirklich viel erlebt. Sein vielleicht schwierigster Auftrag war es, Rentner zu werden. Er hatte Terroristen gejagt und Karriere gemacht, Besoldungsstufe A16, also 6584,18 Euro brutto im Monat plus 190 Euro Gefahrenzulage. Plötzlich saß er vor dem Fernseher, sah die Nachrichten und dachte, das glauben die doch selbst nicht, was die da gerade erzählen. Aber das Getriebe der Welt lag nun hinter einer verschlossenen Tür, und er hatte keinen Schlüssel mehr.

    Die Geheimnisse als Droge

    Sie sagt, sie merke schon manchmal, dass sich etwas in ihr verändere. Sie fühle sich einem Zirkel zugehörig, der die Welt mit anderen Augen sehe, weil er tiefere Einblicke bekomme. Sie sagt, sie müsse sich am Wochenende, wenn sie frei habe, vornehmen, nicht alle Fernsehnachrichten zu sehen und nicht alle Zeitungen und Internetseiten zu lesen, wie unter der Woche. Sie ahnt, es kann einen mit der Zeit verschlingen.

    Die Geheimnisse der Welt können für die Eingeweihten wie eine Droge sein. Und wer jeden Tag mit vielen Wahrheiten und Täuschungen hantiert, ist leicht versucht, überall Verschwörungen zu wittern.

    BND Berlin
    Sie tarnt sich als das Mädchen, das sie mal war
    Quelle: Jannis Chavakis
    Falls sie im Gespräch darüber nachdenkt, was sie preisgeben darf oder will, dann geht es so schnell, dass man es nicht merkt. Wenn sie Zeit gewinnen will, stellt sie eine Gegenfrage. Sie glaubt, dass sie gut darin ist, sich eine andere Identität überzustreifen. Bisher braucht sie ihr Repertoire seltener, als sie es erwartet hätte. Die Eltern wissen ja, wo sie arbeitet. Die meisten ihrer Freunde arbeiten beim BND, beim Verfassungsschutz oder beim Bundeskriminalamt, denen muss sie nichts erklären.

    Und wenn doch mal jemand fragt, sagt sie, sie ist Beamtin, Verwaltung. Das sagen sie alle. Wenn die Agenten von der Hochschule in Brühl zurückkommen, sind sie Verwaltungsfachwirte. Sie sagt, das klinge so langweilig, dass man ihr keine Fragen mehr stelle.

    Es geht um Verschwiegenheit

    Sie hat keinen Freund. Hätte sie einen, sie würde ihm irgendwann sagen, wer ihr Arbeitgeber ist. Das und „frag nicht weiter“. Eine Legende, ein erfundenes Leben ist für sie ein Schutz, aber halt auch eine Lüge. Den Menschen belügen, den man liebt, das gehe gar nicht, sagt sie. Sobald es jemanden gibt in ihrem Leben, muss sie es melden. Der BND wird ihn dann überprüfen. Sie sollte ihren Laptop dann vielleicht nicht mehr zu Hause auf dem Schreibtisch stehen lassen. Zu viel Persönliches, zu viel Berufliches, eine Kontaktliste, ein Kalender, in dem steht, wo sie wann war und wen sie getroffen hat.

    Sie sagt, sie versuche vorsichtig zu sein, aber nicht zu vorsichtig. Sie hat ein E-Mail-Konto, ein Handy, sie ist bei Facebook angemeldet. Ist doch auffälliger, wenn jemand in ihrem Alter nicht bei Facebook ist oder den Nachrichtendienst WhatsApp benutzt. Man sieht bei Facebook nur ein unscharfes Bild von ihr, viel Hintergrund. Ein paar Landschaftsbilder aus Urlauben. Sie nimmt keine Freundschaftsanfragen an.

    Sie wird schnell misstrauisch, wenn Typen zu viel fragen. Ein Mann, der zu viel redet, wäre nichts für sie. Kollegen, die zu viel reden, das ist auch nicht ihr Ding. Verschwiegenheit, sagt sie, darum geht’s, immer noch. Sie weiß, dass die Deutschen ihre Geheimdienste auch deshalb kritisch sehen. Weil man nicht so genau weiß, was sie tun. Weil sie nichts erklären, auch wenn gerade mal wieder alle Welt über sie spricht.

    Die Macht der Daten

    Es stimmt ja, dass nicht nur die Amerikaner Telefondaten speichern und E-Mails ausspähen, alle tun das, auch die Deutschen. In Pullach, ein paar Schritte von der Villa entfernt, in deren Erdgeschoss der Agent Sidka sitzt, steht ein großer, moderner Klotz mit Wabenmuster, es ist das wichtigste Rechenzentrum des BND. Hier laufen alle Daten ein, aus aller Welt, die Berichte von Agenten, E-Mail-Verkehr, Informationen von anderen Geheimdiensten. Es gibt zwei Netze, ein gut gesichertes und ein hermetisch abgeriegeltes. Außerdem scannt der BND hier systematisch internationale Datenströme.

    Über die Tricks der Technik spricht er nicht. Doch auch das wenige, was zum Beispiel der Untersuchungsausschuss zutage fördert, lässt tief blicken. Jeden Tag erfasst der BND mindestens eine Million Metadaten. Daten, wie sie jede E-Mail, jede SMS, jede WhatsApp-Nachricht trägt. Wer sie lesen kann, weiß, wo ein Mensch gerade ist, was er im Moment tut und was er als Nächstes vorhat.

    ***Einmalige Nutzung WELT-Gruppe incl. welt.de/weltHD*** Agenten im Interview mit Redakteur Marc Neller / Welt am Sonntag Pullach bei München (Bayern)
    Das Lagezentrum in der alten BND-Zentrale in Pullach
    Quelle: Jörg Fokuhl
    Wenn man ein paar zusätzliche Informationen hat, weiß man mithilfe dieser Daten auch, was Menschen sich am Telefon erzählen oder sich schreiben. Der BND filtert aus diesen Daten die Telefonnummern mit deutscher Vorwahl und E-Mail-Adressen mit deutscher Kennung raus. Den Rest gibt er weiter, auch an die Amerikaner. Die nutzen Daten wie diese, wenn sie entscheiden, wohin in Afghanistan, Jemen oder Somalia sie ihre Drohnen schicken. Um Menschen zu töten.

    Anna Martin sagt, sie sei sich sicher, das Richtige zu tun. Sie sagt, sie sei an Recht und Gesetze eines demokratischen Rechtsstaates gebunden. Man müsse sich doch nur die vielen Krisen in der Welt ansehen. Das zeige doch, dass es wichtig ist, einen Auslandsnachrichtendienst zu haben. Sie verwertet ja nur Informationen, auch die anderer Geheimdienste.

    Sie redet sich und ihre Rolle klein, auch so kann man sich unsichtbar machen und vermeiden, etwas preiszugeben.

    Freundschaft unter Spionen?

    Die Zusammenarbeit mit anderen Agenten, mit anderen Geheimdiensten, das ist so eine Sache. Der BND arbeitet mit 450 Geheimdiensten aus aller Welt zusammen. Mit den einen tauschen sie seit Jahren oder Jahrzehnten Informationen und Daten aus, mit den anderen machen sie für ein paar Wochen gemeinsame Sache, zum Beispiel, wenn Geiseln zu befreien sind. Darin sind die Deutschen gut. Sie sind oft auf die Informationen anderer Dienste angewiesen. Aber für Agenten wie Martin kann es besser sein, nicht zu wissen, wie die beschafft wurden. Es gibt Agenten anderer Länder, die kein Problem damit haben, Menschen zu foltern, wenn sie dringend etwas wissen wollen.

    Die Amerikaner sind der wichtigste Partner. Aber eine Freundschaft unter Spionen, auch das ist so eine Sache. Was soll man zum Beispiel davon halten, wenn Freunde das Telefon der Bundeskanzlerin abhören und dann auch noch einen Spitzel im innersten Kreis des BND haben?

    Ähm, sagt Anna Martin. Sie richtet sich auf ihrem Stuhl auf, ihre Mundwinkel zucken. Es scheint, als hätte sie einen Moment lang überlegt, die Frage wegzulächeln und den Gedanken schnell wieder verworfen. Kein Kommentar, sagt sie.

    Na ja, sagt Michael Sidka, und kratzt sich am Kinn. Er habe da seine private Meinung, aber die könne er nicht öffentlich sagen.

    Man ahnt, dass sie beide nicht begeistert sind. Es ist bloß nicht die Zeit, in der Geheimdienstler es sich leisten könnten, sich lange mit Befindlichkeiten aufzuhalten. Es sieht im Moment so aus, als sei die Welt ein einziger Krisenherd. Afghanistan, Irak, Syrien, Libyen, Jemen, zum Beispiel. Die Ukraine. Ein Spionagedienst allein kann da nicht viel erreichen. Auch die Amerikaner nicht.

    Geben und nehmen, sagt Sidka. Darum geht’s. Die Amerikaner kriegen viel mit, sie sind ja praktisch überall. Sie haben den Deutschen schon oft sehr geholfen. Sauerlandzelle, sagt Sidka nur. Im September 2007 nahm die Polizei in einem Ferienhaus im Sauerland vier Männer fest. Sie wollten mit selbst gebastelten Bomben amerikanische Kasernen, Pubs oder Diskotheken in deutschen Großstädten in die Luft sprengen. Die Männer waren der NSA aufgefallen, die informierte die Deutschen.

    Das heißt, die Deutschen müssen gutes Material beschaffen. Nur so können sie ihre Partner beeindrucken, nur dann kriegen sie auch selbst gute Informationen. Manchmal klappt das.

    Die Erfolge der Deutschen

    Als die Amerikaner noch nach Osama Bin Laden suchten, vermittelten ihnen die Deutschen einen Vogelkundler. Der Mann war gut darin, Vogelstimmen zu analysieren. Und wenn Bin Laden Videobotschaften ins Netz stellte, waren im Hintergrund immer Vögel zu hören. Wenn man herausfand, was das für Vögel waren und wo sie lebten, konnte man vielleicht herausfinden, wo Bin Laden sich versteckte.

    Es war ein Agent des BND, der den israelischen Soldaten Gilad Schalit aus der Gefangenschaft der Hamas herausverhandelte. Es waren die Deutschen, die jemanden auftaten, der ihnen tiefe Einblicke in das Atomprogramm des Irans verschaffte. Dass ein deutsches Gericht den Mann, Deckname „Sindbad“, später verurteilte und der BND ihn auf dem Weg in den Knast abfing und ihn mit einer Plastiktüte voller Geld und einer neuen Identität in einen Flieger nach Kanada setzte, ist eine andere Geschichte.

    Die Deutschen stehen im Ruf, sich gut um ihre Informanten zu kümmern. So etwas kann sich auszahlen, Sidka weiß das. Als der Kalte Krieg vorüber war, haben die Amerikaner viele ihrer Quellen in Russland abgeschaltet. Das heißt, sie haben die Zusammenarbeit beendet. Die Deutschen nicht. Sie glaubten, dass Russland ein Land bleiben würde, über das man möglichst viel wissen muss. Zeigt sich ja jetzt, dass die Einschätzung nicht so ganz falsch war. Sidka hat noch seine Leute von früher. Aber sein neuer Auftrag hat mit Russland nichts zu tun. Er soll in ein Land, in das man als Tourist besser nicht reist.

    Sidka steht auf und nimmt seine Jacke von der Stuhllehne. Es gibt noch ein paar Dinge zu klären. Er ist bereit, ein Rentnerspion, zurück im Spiel. Er ahnt nicht, dass der BND im letzten Moment entscheiden wird, einen anderen zu schicken. Es hat nichts mit ihm zu tun, Probleme mit der Verwaltung.

    Von Marc Neller, Florian Flade | Veröffentlicht am 06.04.2015 | Lesedauer: 29 Minuten

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    © WeltN24 GmbH

    German spies ‘can’t be trusted’: Relations between the UK and Berlin intelligence chiefs hit after comments by London

    Germany’s spy agency BND is being frozen out by GCHQ as well as in America
    Both believe insecure servers have led to Wikileaks taking classified documents

    Berlin officials are angry that secret intelligence data has not been handed over

    The freeze-out also applies to the Metropolitan Police and UK Border Force

    Relations between British and German spy chiefs have hit rock bottom because London says its counterparts in Berlin cannot be trusted to keep secrets.

    At a time of escalating Islamic terror threats across Europe, Germany’s spy agency BND is being frozen out by GCHQ and the National Security Agency in the US.

    Both London and Washington believe insecure German data servers have contributed to the leaking of tens of thousands of classified documents to Wikileaks.

    And they have infuriated Berlin by refusing to hand over secret intelligence data demanded by left wing and Green politicians which they fear will be aired in the German parliament.

    At a time of escalating Islamic terror threats across Europe, Germany’s spy agency BND is being frozen out by GCHQ (base pictured)
    At a time of escalating Islamic terror threats across Europe, Germany’s spy agency BND is being frozen out by GCHQ (base pictured)

    It is claimed in Germany that a tranche of 500,000 sides of files put out by Wikileaks this month were GCHQ documents on covert mobile phone policy for British intelligence agents dated June 2010 and classified as secret.

    They believe that the documents, once shared with Germany, were transferred to hackers – possibly Russian – who then fed them to the whistleblowing group.

    Also listed as top secret was a briefing paper for attendees at a pre-G20 meeting held in London between September 2 and 5 2009 in which Turkey’s role in Europe was on the agenda.

    It is understood that in November 2014 there was a meeting in Berlin between Sir Simon McDonald, the then British ambassador to Germany, together with Patrick McGuinness, Deputy National Security Adviser for Intelligence, Security, and Resilience at the Cabinet Office, and high security officials in Angela Merkel’s government.

    In November 2014 there was a meeting in Berlin between Sir Simon McDonald, the then-British ambassador to Germany, and high security officials in Angela Merkel’s government
    In November 2014 there was a meeting in Berlin between Sir Simon McDonald, the then-British ambassador to Germany, and high security officials in Angela Merkel’s government

    The British made it plain at the meeting that co-operation between Britain and Germany was becoming increasingly problematic because of leaks.

    A source familiar with the meeting said: ‘They stressed that a secret service is just that and that its workings and operations must remain secret and they felt that Germany was leaking them like a sieve.

    Britain told the Germans that the freeze on information would not only apply to MI6 and GCHQ but also to the Metropolitan Police, the Serious Organised Crime Agency (SOCA) and the UK Border Force.

    The source said: ‘It has now reached the point where there is virtual radio silence between the two biggest and most important intelligence services of the western world and the BND of Germany.

    ‘Germany is worried because it needs the umbrella protection of these agencies. It is virtually blind without it.’

    Another crisis meeting was held in Berlin in February last year to discuss the biggest rift between secret services since the end of the Second World War. It failed to placate the British and the Americans.

    High-grade information on jihadists, their movements and terror plans as discovered by London and Washington and directly involving Germany, are no longer being passed on as a matter of routine.

    The upheaval has been caused in part by left-wing and green politicians still fuming over the spying activities carried out in Germany by America’s National Security Agency, which involved the eavesdropping on Mrs Merkel’s personal mobile telephone.

    The German government requested Britain to release details of the secret operations to a committee probing the NSA and other foreign spy agency activities in the country.

    The move was forced by politicians of the hard-left Die Linke and the environmentalist Green parties.

    Left-wing and green politicians are still fuming over the spying activities carried out by the National Security Agency, including eavesdropping on Mrs Merkel’s personal mobile
    Left-wing and green politicians are still fuming over the spying activities carried out by the National Security Agency, including eavesdropping on Mrs Merkel’s personal mobile

    Both the UK and America refused to send any of the requested files to Germany. Included among them was a demand for information about a 2013 operation handled by both countries – and in co-operation with the BND – which was, and remains, top secret but was known to involve a massive surveillance programme on suspected Islamic terrorists across Europe.

    Britain fears a ‘big debate’ in the German parliament which would lay open secret sources and intelligence gathering techniques.

    A BND insider said: ‘Never has a friendly nation been asked to divulge its secrets in this way. It is outrageous and we completely understand the fury that this has unleashed in Whitehall. But it has left us vulnerable.’

    By ALLAN HALL IN BERLIN and IAN DRURY IN LONDON FOR THE DAILY MAIL
    PUBLISHED: 00:22 GMT, 16 December 2016 | UPDATED: 01:36 GMT, 16 December 2016

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    © Associated Newspapers Ltd

    Geheimoperation “Glotaic” CIA hatte direkten Zugriff auf deutsche Telekommunikation

    Der US-Auslandsgeheimdienst konnte nach SPIEGEL-Informationen im Rahmen einer Geheimoperation direkt auf Telefonate aus Deutschland zugreifen. Der BND warnte intern vor einem “politischen Skandal”, sollte die Aktion auffliegen.

    Die Central Intelligence Agency (CIA), der Auslandsgeheimdienst der USA, hatte in einer Geheimoperation mit dem Bundesnachrichtendienst (BND) direkten und möglicherweise ungefilterten Zugriff auf Telekommunikationsdaten aus Deutschland. (Lesen Sie hier die ganze Geschichte im neuen SPIEGEL.)

    Nach SPIEGEL-Informationen wurden in der Operation “Glotaic” zwischen 2004 und 2006 Telefon- und Faxverkehre des US-Anbieters MCI an dessen deutschem Standort Hilden überwacht. Dabei wurden die Audiodaten abgehörter Gespräche “direkt nach USA geroutet”, damit “die Audiofunktion ohne Aussetzer funktioniert”, wie es in einem vertraulichen Papier des BND heißt.

    Bislang hatten BND-Mitarbeiter im NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestags angegeben, alle Gespräche seien vom BND gefiltert und geprüft worden.

    “Schwerwiegende Risiken” für den BND

    Auch in einem anderen Punkt widersprechen die Aussagen im Ausschuss den Informationen aus BND-Dokumenten. So hatte ein BND-Mitarbeiter gegenüber den Parlamentariern angegeben, sein Dienst habe für die gemeinsame Operation von der CIA “keine Technik erhalten”. In einem schriftlichen Vermerk werden aber Rechner erwähnt, die den Deutschen von der CIA zur Verfügung gestellt wurden.

    Nach dem offiziellen Ende von “Glotaic” warnte der BND intern vor einem “politischen Skandal”, sollte die Geheimoperation auffliegen. In einem “Stammblatt” vom April 2008 schreiben die Verfasser von “schwerwiegenden Risiken” für den Nachrichtendienst, sollte zum Beispiel bekannt werden, dass die Operation nicht durch das G-10-Gesetz gedeckt gewesen sei, das Beschränkungen des Fernmeldegeheimnisses regelt.

    Offiziell hatten BND und CIA nur die Kommunikation zwischen Teilnehmern im Ausland überwacht, die über MCI in Hilden lief. Allerdings seien durch eine Panne auch Strecken von “massiv deutschen Verkehren” überwacht worden, wie es in einer internen E-Mail heißt. Dafür wäre aber eine sogenannte G-10-Anordnung nötig gewesen.

    Freitag, 04.09.2015 17:44 Uhr

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    © SPIEGEL ONLINE 2015

    German spy inquiry could demand access to British intelligence secrets

    Exclusive: Chairman warns German parliamentary inquiry into spying known as NSA Committee could force Angela Merkel’s government to disclose files on joint intelligence operations with UK

    German spy inquiry could demand access to British intelligence secrets
    The German inquiry was set up last year in the wake of Edward Snowden’s disclosure that the US spied on Mrs Merkel’s mobile phone Photo: Reuters

    A German parliamentary inquiry into spying is demanding access to classified information on British intelligence, its chairman has said.
    Prof Patrick Sensburg told the Telegraph his committee of MPs could go to court to force Angela Merkel’s government to disclose files on joint intelligence operations with Britain.
    He also called for a new Europe-wide agreement to limit powers on data surveillance.
    Britain has reportedly threatened to end intelligence cooperation with Germany if the files on joint operations are opened to the inquiry.
    “In the end, we can go to our highest court and ask them to decide. We have a right as a parliamentary inquiry to get information from our government,” Prof Sensburg said.
    “But I hope it won’t come to that point because that’s not a good situation for our partners.
    “There’s no agreement with the British yet. There are a lot of documents we want to see that we’re looking for their agreement on.”
    • Head of German inquiry into spying claims his own phone may have been hacked
    • Britain ’threatens to stop sharing intelligence’ with Germany
    The warning presents the latest security threat to British intelligence, after officials warned that Russia and China had cracked the encryptions on secret files leaked by whistleblower Edward Snowden, forcing MI6 to withdraw compromised agents from operations in dangerous countries around the world.

    Former U.S. defence contractor Edward Snowden (Reuters)
    The German inquiry was set up last year in the wake of Edward Snowden’s disclosure that the US spied on Mrs Merkel’s mobile phone.
    German prosecutors on Friday closed a criminal investigation into that case, citing lack of evidence.
    But the parliamentary inquiry continues, and has taken on a wider remit, to investigate spying in general.
    Prof Sensburg said the German government was in discussions with Britain to find an acceptable way of sharing the information with the inquiry.
    His committee is facing a similar stand-off with the US over requests for files on joint operations with American agencies.
    “I never expected a lorry full of lever arch files from the British Embassy to arrive outside my office,” Prof Sensburg said.
    “Of course, we’re dealing with an issue that concerns intelligence. I understand that a lot of the information is top secret.
    “It comes to a question of the branches of government: does it include parliament? We have a duty as MPs to monitor our government.”
    The issue has underlined how decisions made in a committee room in Berlin can have a serious impact on British intelligence operations.
    Prof Sensburg declined to comment on reports the British government sent a letter to Mrs Merkel’s office earlier this year threatening to end all intelligence cooperation if the files were shown to the inquiry.
    Angela Merkel with her mobile phone
    “I can’t talk to the British government as chairman of the committee,” he said, adding that he was relying on the German government to fnd a solution acceptable to Britain.
    Mrs Merkel’s government is proposing solving a similar impasse with the US by appointing a special commissioner to read the classified files, according to reports.
    The commissioner would then report back to the MPs.
    The Americans have reportedly already frozen intelligence cooperation with German soldiers in Iraq over the inquiry, and declined to respond to requests for help locating a German hostage in Afghanistan.
    The British and American concerns are believed to centre on a series of leaks of classified information suspected to have come from the inquiry.
    Mrs Merkel’s office wrote to its members last year threatening them with prosecution if there were further leaks.
    But Mr Sensburg denied his committee was the source of the leaks.
    “None of those documents had stamps on them from the inquiry,” he said. “They could have been leaked from abroad, or by our own government. One has even been proved to be a fake.”
    Initially set up in the wake of disclosures that the US National Security Agency spied on Mrs Merkel, the inquiry is known in Germany as the “NSA Committee”.
    But it has found itself at the centre of an ever-widening spy scandal after allegations emerged that Germany’s own BND intelligence service spied on French government officials and other European targets – at the NSA’s request.
    “I think these days we should rename it the BND Committee,” Prof Sensburg joked.
    The dispute with the US is over the inquiry’s request to see a list of the phone numbers and email addresses the NSA asked the BND to monitor.
    European countries including Austria and Belgium have opened their own investigations in the wake of allegations.
    “I think it’s time for all of us in Europe, including the UK, to find a common policy on limits for data surveillance,” Prof Sensburg said.
    Currently, different national intelligence agencies all have their own rules on what they’re allowed to spy on.
    The BND filters out German results but not those from friendly European countries.
    “It’s no good if Germany agrees to filters out European results, but other countries don’t,” Prof Sensburg said.
    A member of Mrs Merkel’s Christian Democrats, Prof Sensburg has often had to act as a moderating voice on the committee against the shriller demands of opposition members.
    He is quick to distance himself from criticism of the UK after reports there was a listening post on the British Embassy in Berlin, for instance.
    “I don’t know why the UK and the US were singled out for that, and not Russia or China,” he said.
    Opposition inquiry members have already taken the German government to court once, to try to force it to allow Mr Snowden to come to Germany and testify in person.
    The court rejected that bid, ruling that the government couldn’t give Mr Snowden immunity from extradition to the US.
    “I think what Edward Snowden did is he gave this issue a face,” Prof Sensburg said.
    “Without Snowden it would have been an issue for experts and freaks, not the wider public.”

    By Justin Huggler, Berlin10:17AM BST 18 Jun 2015

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    © Copyright of Telegraph Media Group Limited 2017

    Erdogans SchattenkriegerSo ungeniert spioniert Erdogan seine Gegner aus – mitten in Deutschland

    Türkische Spione in Deutschland sollen Erdogan-Gegner ans Messer geliefert haben. Ein Prozess gegen einen Top-Spion zeigt jetzt, wie Ankaras Geheimdienst massiv Spitzel nach Deutschland einschleust.
    Richterin Yvonne O. geriet ins Stocken. Die Verlesung des Haftbefehls gegen den mutmaßlichen türkischen Spion Taha Gergerlioglu, 59, hatte um 11.30 Uhr just begonnen, da stolzierte ein elegant gekleideter Herr in den Verhandlungssaal. Der Mann übersah mit diplomatischer Arroganz die einfachen Justizbeamten und erwartete Respekt. Immerhin, sagte er zu der Haftrichterin am Karlsruher Bundesgerichtshof, sei er der türkische Generalkonsul Serhat Aksen, 44. In schwerer Stunde wolle er seinem Landsmann Gergerlioglu beistehen, eingesperrt wegen angeblicher feindlicher Agententätigkeit in Deutschland.
    Die sichtlich überraschte Richterin wollte gerade weiter den Haftbefehl vortragen, als das Telefon neben ihr klingelte. Ein Anwalt teilte im Auftrag eines Professors aus Ankara mit, dass der mutmaßliche Agentenführer zum einflussreichen Beraterstab des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan gehöre.
    „Damit“, so ein Ermittler zu FOCUS, „war die Katze aus dem Sack. Die Türken haben versucht, massiv auf die deutsche Justiz einzuwirken.“ Die mutmaßliche Botschaft, überbracht von Generalkonsul und Professor: Wenn dem Angeklagten auch nur ein Haar gekrümmt wird, bekommt ihr Erdogans Jähzorn zu spüren.
    Den Boss nennen sie “Großbruder”
    Die Bundesanwaltschaft stuft die Intervention im Gerichtssaal durchaus als „besonderen Umstand“ ein, lässt sich ansonsten aber nicht irritieren. Auch wenn Erdogans Top-Spion eine hohe Stellung im Staatsgefüge der Türkei bekleide, so sei er nach Staatsschutz-Ermittlungen gleichwohl der Anführer eines Agentenrings in der Bundesrepublik. Zwei seiner besonders aktiven Spitzel, der Arbeitslose Göksel G., 34, aus Bad Dürkheim und Reisekaufmann Duran Y., 59, aus Wuppertal, werden sich mit ihrem Chef Gergerlioglu vor Gericht verantworten müssen.
    Die Spionage-Clique hatte ein klares Ziel: Verfolgung und Ausspähung von türkischen und kurdischen Dissidenten, die bei der Rückkehr in ihre Heimat vermutlich verhaftet und gefoltert wurden. Ende April 2014 teilte zum Beispiel Duran Y. seinem Führungsoffizier Gergerlioglu mit, dass einer der „Hetzer“ gegen Erdogan bald in die Türkei fahre. Der Boss, von seinen Spitzeln stets demütig als „Großbruder“ oder „Gouverneur“ angesprochen, versprach, dass man das Lästermaul nach der Einreise in die Türkei „sofort fertigmachen“ werde.
    In Deutschland lebende Aktivisten der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) sowie rebellische Jesiden waren in den Augen des Erdogan-Vertrauten die größten Staatsfeinde. Überdies galten auch Kommunisten der Partei DHKP-C als Top-Zielpersonen.
    Das Stammkapital kommt aus der Operativ-Kasse
    Der vierfache Familienvater Gergerlioglu, seit Studentenzeiten ein fleißiger Unterstützer Erdogans islamischkonservativer Partei AKP, begann offenbar 2011 seine erste Geheimmission in Deutschland. In Bad Dürkheim gründete der Textilingenieur mit seinem Komplizen Göksel G. eine Agentur zur Beratung von Firmen im deutsch-türkischen Handel. Eine Tarnadresse?
    Das Stammkapital von 25 000 Euro kommt offenbar aus der Operativ-Kasse von Hakan Fidan, 46, Boss des mächtigen und allseits gefürchteten Geheimdienstes MIT. Fidan, Intimus von Erdogan, führt Agentennetze im In- und Ausland. Seine Kundschafter in Deutschland sind ihm besonders wichtig. Umso mehr dürfte es ihn geschmerzt haben, dass seine Spitzenkraft Gergerlioglu im Untersuchungsgefängnis landete.
    Fidan, ein intelligenter und bulliger Typ, kennt die deutschen Sicherheitsbehörden sehr gut. Als türkischer Verbindungsoffizier zur Nato war er eine Zeitlang am „Allied Command Europe Rapid Reaction Corps“ in Mönchengladbach-Rheindahlen stationiert. Seit dieser Zeit gilt er als großer Fußballfan von Borussia Mönchengladbach.
    Wer ist der größte Prahler? Die absurden Protzbauten von Staatsoberhäuptern
    So smart Fidan wirken mag, so knallhart setzt er Erdogans Ideen um. Vor knapp zwei Jahren protokollierte der US-Geheimdienst NSA ein Telefonat von Fidan, in dem er mit einem hohen Offizier den heimtückischen Plan erörterte, in einer verdeckten Operation von syrischer Seite aus das Grabmal eines berühmten türkischen Religionslehrers beschießen und zerstören zu lassen.
    Nach Fidans Konzept hätte dies der Anlass sein können, mit türkischen Truppen in Syrien einzumarschieren. Der Plan liegt bis heute in der Schublade. Stattdessen muss Erdogans Adlatus seit Monaten sein Image aufpolieren. Nahezu alle Geheimdienste in Europa werfen ihm vor, gefährliche Islamisten auf dem Weg nach Syrien ungehindert durch die Türkei ziehen zu lassen. Fahndungsersuchen aus Deutschland oder Frankreich wurden nachweislich missachtet.
    Seinem Top-Spion Gergerlioglu und dessen Komplizen war offenbar kein Trick zu schmutzig. Ende 2013 nahmen sie sich den Anführer einer oppositionellen Glaubensgruppe vor. Staatsschützer des Hessischen Landeskriminalamts (LKA) konnten in abgehörten Telefonaten verfolgen, wie das Trio ihr Opfer Fetullah Güllen erledigen wollte. Mit Hilfe eines Fälschers sollte ein Dokument erstellt werden, aus dem hervorging, dass sich Güllen im Korankurs sexuell an Jungen vergangen habe. Diese belastende Nachricht, so die Ermittlungen, war eigens für den „Oberchef“ bestimmt – gemeint ist Recep Erdogan.
    Er würde seinem Vorbild angeblich bis in den Tod folgen
    Der türkische Staatspräsident war zu dieser Zeit ohnehin rachsüchtig. Kurz vor seinem Besuch in Köln erfuhr er im Mai 2014, dass Plakate in der Domstadt ihn als „unerwünschte Person“ dargestellt hatten. Zwei Wochen später nannten Erdogans Spezialagenten einen der angeblichen Aufwiegler: Diesen Mann, so hörten die LKA-Lauscher, müsse man „ficken“.
    Der Prozess gegen das Spionage-Trio könnte die deutschtürkischen Beziehungen weiter belasten. Angebliche V-Mann-Operationen des Bundesnachrichtendienstes im Umfeld von Mördern eines Staatsanwalts brachten die Türken kürzlich in Rage.
    Umgekehrt agiert man dezenter. Die deutschen Sicherheitsbehörden wissen seit Jahren, wie rücksichtslos die Spione von Hakan Fidan in der Bundesrepublik agieren – dennoch nimmt man auf den Nato-Partner Rücksicht. „Wenn’s nach den Türken ginge, könnten wir jede Woche ein Dutzend PKK-Leute festnehmen“, sagte ein früherer BKA-Staatsschutzchef zu FOCUS.
    Hakan Fidan, der seinem Vorbild Erdogan angeblich treu bis in den Tod folgen würde, gilt als cleverer Geheimdienst-Boss. Seine Deutschland-Spione sitzen nicht nur in sogenannten legalen Residenturen wie Botschaft und Konsulate, sondern auch als Undercover-Agenten in türkischen Reisebüros, Redaktionen, Banken und Gebetshäusern.
    Seine Trümpfe sind junge Türken
    Die staatliche DITIB-Moschee in Köln-Ehrenfeld gilt als wichtiger Stützpunkt von Hakan Fidans Geheimdienst MIT. Die Vorbeter werden angeblich angewiesen, Informationen über Erdogans Kritiker sowie Personenfotos über vermeintliche Landesverräter zu liefern. Falls ein Rollkommando für harte Bestrafungsaktionen benötigt wird, stehen die Schläger der nationalistischen Grauen Wölfe gern bereit.
    Fidans Trümpfe sind junge Türken, die in Deutschland geboren und aufgewachsen sind. Für viele von ihnen ist der Wehrdienst verpflichtend. Wenn sie einwilligen, dem Geheimdienst MIT aus patriotischen Gründen zu helfen, verkürzt sich ihre Militärzeit erheblich.
    Zurück in Deutschland, arbeiten die zweisprachigen jungen Türken in Stadtverwaltungen, Hotels und Banken. Somit haben sie Zugang zu Daten, die den Agentenboss Fidan interessieren könnten. „Hakans Arm“, so ein LKA-Man, „ist verdammt lang.“

    Samstag, 04.07.2015, 21:19 · von FOCUS-Reporter Josef Hufelschulte und FOCUS-Redakteur Axel Spilcker

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    Bonn and the Putsch

    JAKARTA/BONN/PULLACH (Own report) – Germany’s Federal Intelligence Service (BND) has been heavily involved in the 1965 murderous putsch in Indonesia – the guest nation of this year’s Frankfurt Book Fair. This was confirmed in secret documents from the Bundestag, the German Parliament. According to BND President at the time, Gerhard Wessel’s manuscript for a talk he delivered to a session of the Bundestag’s “Confidential Committee” in June 1968, the BND did more than merely support the Indonesian military in their blood-soaked “liquidation of the CPI” (Communist Party of Indonesia) – resulting in the murder of hundreds of thousands, possibly even millions – with advisors, equipment and finances. Suharto, who subsequently took power, had even attributed a “large part … of the success” of the operation to the BND. Up to now, mainly the US-American assistance to the putsch has been known. The putsch, and the more than 30 year-long dictatorship that followed – which also had been reliably promoted by West Germany – are important themes being presented by Indonesian writers at this year’s Frankfurt Book Fair. To this day, the German government has refused to allow an investigation of the BND’s support for the putsch and the Indonesian military’s excessive brutality.

    Hundreds of Thousands Dead

    The Indonesian putsch, bringing Maj. Gen. Haji Mohamed Suharto to power in Jakarta, began in October 1965 as a reaction to an attempted coup d’état, killing several officers on September 30. Suharto’s dictatorial reign lasted until 1998. The attempted coup was falsely attributed to the Communist Party of Indonesia (CPI). Subsequently, the military launched excessively brutal operations against all genuine and suspected members and sympathizers of the communist party. Hundreds of thousands, possibly even millions, were murdered; millions were imprisoned. The exact number is still unknown. The crimes committed at the time by the military have never really been brought to light.

    50 to 100 Victims Each Night

    One of the things never brought to light is what support western powers had given to the Suharto putsch. US complicity, having had the best relations to the Indonesian armed forces, has, to some extent, already been exposed. According to experts, for example, by 1965, around 4,000 Indonesian officers had been trained in US military installations as well as high-ranking officers having been trained in counter-insurgency on the basis of US field manuals at Indonesia’s elite military institutes.[1] December 2, 1965, the US ambassador gave his consent to providing financial support to the “Kap-Gestapu” movement, a movement – as he put it – “inspired by the army, even though comprised of civilian action groups,” which “shouldered the task of the ongoing repressive measures against Indonesia’s Communist Party.”[2] The ambassador must have known what this would mean. November 13, his employees had passed on information from the Indonesian police indicating, “between 50 and 100 members of the CPI in Eastern and Central Java were being killed each night.” April 15, the embassy had admitted, “it did not know if the actual number” of murdered CPI activists “was not closer to 100,000 or 1,000,000.” In spite of the mass murder, the US ambassador in Jakarta reported back to Washington (August 10, 1966) that the authorities in Jakarta had been provided a list of the leading CPI members.[3]
    “Reliable Friend of Germany”
    Agencies of the West German government had also been involved in the putsch. The BND had supported “Indonesia’s military intelligence service’s 1965 defeat of a left-wing putsch in Jakarta, with submachine guns, shortwave radios and money (with a total value of 300,000 DM),” reported “Der Spiegel” in March 1971.[4] Twelve weeks later, the magazine added that “a commando of BND men” had “trained military intelligence service operatives in Indonesia” and “relieved their CIA colleagues, who were under the heavy pressure of anti-American propaganda.”[5] By “supplying Soviet rifles and Finnish ammunition, the BND instructors” were even actually intervening in that “civil war.” If one can believe the BND’s founder, Reinhard Gehlen, Bonn, at the time, had the best contacts to leading military officers. In his “Memoirs,” published in 1971, Gehlen wrote, “two of Germany’s reliable friends” were among the Indonesian officers, murdered September 30, including “the longtime and highly revered military attaché in Bonn, Brig. Gen. Pandjaitan.” During the putsch, the BND was “in the fortunate position of being able to provide the West German government with timely and detailed reports – from excellent sources – … on the progress of those days, which had been so crucial for Indonesia.”[6]

    An Excellent Resident

    Other indications have emerged from the research published by the expert of intelligence services, Erich Schmidt-Eenboom and the political scientist, Matthias Ritzi. Their findings confirmed that there was close coordination between the BND and CIA. In April 1961, BND headquarters in Pullach had informed the US Central Intelligence Agency that it had “an excellent Chief of Station” in Jakarta, writes Schmidt-Eenboom. The CIA thought the BND was referring to Rudolf Oebsger-Röder, a former colonel of the SS working in the Reich Security Central Office (Reichssicherheitshauptamt) in Nazi Germany, who joined West Germany’s Organization Gehlen in 1948 and was later on post in Indonesia, as a correspondent for the Süddeutsche Zeitung and the Neue Zürcher Zeitung.[7] The BND had maintained Oebsger-Röder on its staff until the mid-’60s. In mid-January 1964, a high-ranking CIA representative paid Gehlen a visit and asked him how the West Germans were handling the developments in Indonesia, explain Schmidt-Eenboom and Ritzi. Gehlen told him that he is keeping Bonn up-to-date, but does not yet know how the chancellery intends to proceed.

    “A Large Part BND”

    The manuscript for a talk BND President Gerhard Wessel presented June 21 1968 to the Bundestag’s Confidential Committee provides more details. In the form of notes, Wessel gave “details of BND activities” in support of its Indonesian partner service, explained Schmidt-Eenboom and Ritzi. Explicitly the manuscript explains that “the close ties already in place to the Indonesian strategic ND (intelligence service) by October 1965, had facilitated support (advisors, equipment, money) to Indonesia’s ND and its special military organs during the elimination of the CPI (and Sukarno’s disempowerment – control and support of demonstrations).”[8] The “CPI’s elimination” included the assassination of hundreds of thousands of genuine and suspected members and sympathizers of the Indonesian CP. According to the manuscript, BND President Wessel continued his speech to the Confidential Committee, “in the opinion of Indonesian politicians and military officers ((Suharto, Nasution, Sultan) a large part thanks to the BND.”
    Praise from Pullach
    Reflecting back, BND founder Gehlen was praising these crimes almost effusively. “The significance of the Indonesian army’s success, which … pursued the elimination of the entire Communist Party with all consequences and severity, cannot – in my opinion – be appraised highly enough,” Gehlen wrote in his 1971 “Memoirs.”[9]

    Berlin’s Priorities

    The German government is still refusing to shed light on Germany’s participation in these crimes. In a parliamentary interpellation, the government was asked if it has knowledge of “foreign governments, intelligence services or other organizations’ direct or indirect support of the massacres.” In Mai 2014, it responded, “after a thorough assessment, the government concludes that it cannot give an open answer.” It is “imperative” to keep the “requested information” secret. The “protection of sources” is a “principle of primary importance to the work of intelligence services.”[10] For the German government, the Indonesian civil society’s need to have information on foreign support for the immense mass murder is of less importance than its “protection of sources.”

    [1] Rainer Werning: Putsch nach “Pütschchen”. junge Welt 01.10.2015.
    [2], [3] Rainer Werning: Der Archipel Suharto. In: Konflikte auf Dauer? Osnabrücker Jahrbuch Frieden und Wissenschaft, herausgegeben vom Oberbürgermeister der Stadt Osnabrück und dem Präsidenten der Universität Osnabrück. Osnabrück 2008, S. 183-199.
    [4] Hermann Zolling, Heinz Höhne: Pullach intern. Der Spiegel 11/1971.
    [5] Hermann Zolling, Heinz Höhne: Pullach intern. Der Spiegel 23/1971.
    [6] Reinhard Gehlen: Der Dienst. Erinnerungen 1942-1971. Mainz/Wiesbaden 1971.
    [7], [8] Matthias Ritzi, Erich Schmidt-Eenboom: Im Schatten des Dritten Reiches. Der BND und sein Agent Richard Christmann. Berlin 2011. See Review: Im Schatten des Dritten Reiches.
    [9] Reinhard Gehlen: Der Dienst. Erinnerungen 1942-1971. Mainz/Wiesbaden 1971.
    [10] Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Andrej Hunko, Jan van Aken, Sevim Dağdelen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. Deutscher Bundestag Drucksache 18/1554, 27.05.2014.

    Bonn and the Putsch

    Find this story at 15 October 2015
    © Informationen zur Deutschen Außenpolitik

    German spy scandal deepens

    The German intelligence service has spied on European and American embassies in ways that may have been beyond its mandate, German media ARD and Spiegel Online reported on Wednesday (14 October).
    The Bundesnachtrichtendienst (BND) reportedly targeted French and US institutions and eavesdropped on them to acquire information about countries like Afghanistan.

    The news follows reports in April that the BND spied on France and the European Commission on behalf of the US’ National Security Agency (NSA). But according to the new reports, BND also spied on allies on its own initiative.
    For its spying programme, the BND used thousands of search queries, so-called selectors, including phone numbers and IP addresses, possibly queries the service chose itself.

    “The question is … whether the used queries were covered by the BND’s mandate”, MP Clemens Binninger of chancellor Angela Merkel’s centre-right CDU party told ARD.

    Binninger is head of the Bundestag’s supervisory body that oversees the intelligence service.

    The German media sourced their news at a secret meeting of the overseeing body on Wednesday evening.

    The revelations are remarkable considering the criticism that followed revelations by Edward Snowden in 2013 that the NSA had spied on EU leaders, including Merkel.

    “Spying among friends – that is just not done”, Merkel said following the scandal.

    The BND programme stopped around the same time as the Snowden revelations revealed the NSA practices, in the autumn of 2013.

    German MPs are planning to interview staff next week at the BND headquarters in Pullach and review the list of search queries to determine if there has been any illegal practice.

    By PETER TEFFER
    BRUSSELS, 15. OCT, 09:11

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    Copyright https://euobserver.com/

    German spy charged with treason for aiding CIA and Russia

    Prosecutors have charged a German spy with treason, breach of official secrecy and taking bribes for allegedly providing secret documents to both the CIA and Russia’s intelligence agency. Prosecutors say Thursday Aug. 20, 2015, the 32-year-old man,handled mail and classified documents for Germany’s foreign intelligence agency BND. ( Stephan Jansen/dpa via AP)
    BERLIN (AP) — A German spy who allegedly acted as a double agent for the United States and Russia has been charged with treason, breach of official secrecy and taking bribes, Germany’s federal prosecutors’ office said Thursday.

    The 32-year-old, identified only as Markus R. due to privacy rules, is accused of offering his services to the CIA in early 2008 while working for Germany’s foreign intelligence agency BND. Documents he gave the U.S. spy agency would have revealed details of the BND’s work and personnel abroad, officials said.

    “In doing so the accused caused serious danger to Germany’s external security,” prosecutors said in a statement. “In return the accused received sums amounting to at least 95,000 euros ($104,900) from the CIA.”

    Shortly before his arrest in July 2014, Markus R. also offered to work for Russian intelligence and provided them with three documents, again harming Germany’s national security, prosecutors said.

    The discovery that the CIA had allegedly been spying on its German counterpart caused anger in Berlin, adding to diplomatic tension between Germany and the United States over reports about U.S. surveillance of Chancellor Angela Merkel’s cellphone.

    Following the arrest, the German government demanded the removal of the CIA station chief in Berlin.

    Prosecutors said Markus R. would have had access to sensitive documents because his job involved handling mail and classified documents for the BND’s foreign operations department.

    German weekly Der Spiegel reported that the 218 documents Markus R. allegedly passed to the CIA included a list of all BND agents abroad, a summary of an eavesdropped phone call between former U.S. Secretary of State Hillary Rodham Clinton and former U.N. Secretary-General Kofi Annan, as well as a draft counter-espionage strategy. A spokeswoman for the federal prosecutors’ office declined to comment on the report.

    If convicted, Markus R. could face between one and 15 years in prison.

    Associated Press By FRANK JORDANS
    August 20, 2015 11:07 AM

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    Deliberate Deception Washington Gave Answer Long Ago in NSA Case

    For months, the German government sought to create the impression it was still waiting for an answer from the US on whether it could share NSA target lists for spying with a parliamentary investigation. The response came months ago.

    The order from Washington was unambiguous. The United States Embassy in Berlin didn’t want to waste any time and moved to deliver the diplomatic cable without delay. It was May 10, 2015, a Sunday — and even diplomats aren’t crazy about working weekends. On this day, though, they had no other choice. James Melville, the embassy’s second-in-command, hand delivered the mail from the White House to Angela Merkel’s Chancellery at 9 p.m.

    The letter that Melville handed over to Merkel’s staff contained the long-awaited answer to how the German federal government could proceed with highly classified lists of NSA spying targets. The so-called “selector” lists had become notorious in Germany and the subject of considerable grief for Merkel because her foreign intelligence agency, the BND, may have helped the NSA to spy on German firms as a result of them. The selector lists, which were fed into the BND’s monitoring systems on behalf of the NSA, are reported to have included both German and European targets that were spied on by the Americans.

    The letter put the German government in a very delicate position. The expectation had been that the US government would flat out refuse to allow officials in Berlin to present the lists to members of the federal parliament, which is currently investigating NSA spying in Germany, including the eavesdropping of Merkel’s own mobile phone. But that wasn’t the case. Instead, the Americans delivered a more differentiated letter, making it all the more interesting.

    Canned Answers

    Nevertheless, the German government remained silent about the letter’s existence. It disposed of all queries by saying that talks with the US on how to deal with the lists were still ongoing. The government kept giving the same reply whenever journalists from SPIEGEL or other media asked if it had received an answer from the Americans.

    On May 11, for example, one day after Chancellery officials received the letter, Merkel’s spokesman Steffen Seibert responded to a query by saying: “The heads of the Parliamentary Control Panel (responsible for parliamentary oversight of Germany’s intelligence agencies) and the NSA investigative committee are all being informed about all relevant things in the context of this consultation process.” Is it not relevant when the US government provides its first official response to the Germans’ request to present the lists to parliament?

    Two days later, on May 13, Seibert was asked explicitly by a reporter whether there had been any new developments on the NSA issue. “I have nothing new to report,” the government spokesman answered. At the very least, his reply was a deliberate deception of the public by the government. The letter, after all, didn’t come from just anyone — it came from US President Barack Obama’s White House chief of staff, Denis McDonough. A letter from such a high-ranking official is most certainly a new development. When questioned by SPIEGEL on the matter, the German government responded that “it would not publicly comment on confidential communications with foreign parties.”

    Several sources familiar with the contents of the letter claim that in it, Obama’s people express their great respect for the parliamentary oversight of intelligence services and also accept that the committee will learn more about the NSA target list. At the same time, the letter also includes the decisive requirement: that the German government had to make sure no information contained in the target lists went public.

    Keeping the Public in the Dark

    The demand created a dilemma for the government. It meant, on the one Hand, that Merkel’s Chancellery could no longer hide behind the Americans as an excuse to withhold the information from parliament. On the other hand, the Chancellery didn’t want to take the risk of sharing the lists with members of the Bundestag because doing so, they worried, would create the risk that someone might then leak them to the media.

    Merkel and her people instead deliberately kept German citizens and members of parliament in the dark about the Americans’ position. Almost two weeks after receipt of the letter from Washington, Merkel’s chief of staff, Chancellery Minister Peter Altmaier, informed the heads of the NSA investigative committee in a highly confidential meeting of an answer by the Americans, but he implied it had been vague, and there was no mention of any willingness on the part of the US government to allow the German parliament to clarify the issue. Instead, Altmaier argued that Washington had listed a number of legal concerns. He said it was unlikely further discussions would lead to any green light.

    When the German weekly Die Zeit reported 10 days ago that the Americans had given their okay for the release of the lists, Altmaier responded: “We could have spared ourselves a difficult debate if permission to pass (the lists) on had actually been given by the US.” Altmaier clearly attempted to skirt the question of whether the US had made any statements on the issue.

    Officials in the Chancellery are now doing their best to portray the McDonough letter as a kind of kick-off in German-American consultations on how to deal with the selector lists. After receiving the letter, Chancellery Minister Altmaier had a number of exchanges with his US counterpart by phone and email. In addition, Klaus-Dieter Fritsche, the Chancellery’s intelligence coordinator, also spoke several times with the Americans.

    Berlin’s approach to the negotiations says quite a bit about the outcome one should expect. Officially, the German government is asking for permission to release the selector lists without the application of any restrictions by the US government. It had to have been clear to everyone involved that a demand like that would be unrealistic, but in this instance, the government didn’t want to risk making any mistakes. Within the Chancellery, officials then agreed that any time they were approached with questions, they would always answer that the consultations were still in progress — even if a decision had already been made.

    Pushback from the Opposition

    “The Federal Chancellery is doing exactly the opposite of what Merkel promised,” criticizes Konstantin von Notz, the Green Party’s representative on the NSA investigative committee. “Instead of clearing things up, things are being concealed behind the scenes, also using improper means.”

    As the course of the NSA scandal showed, Merkel and her people already have practice when it comes to cover-up attempts. During her election campaign in 2013, Merkel created the impression for months that there was a chance Germany might be able to reach a no-spy agreement with the US. Throughout, the White House signaled behind the scenes that it would never agree to one, but the German government told the public nothing about these discussions.

    Now, a special ombudsman is supposed to steer the government out of the difficult situation in which it finds itself. It’s an idea that originated with Altmaier. Rather than providing the selector lists to the NSA investigative committee in parliament, they will instead be viewed by Kurt Graulich, a former justice with the Federal Administrative Court. Altmaier’s hope is that this path will prevent details from being leaked to the press.

    The opposition parties in parliament are against the idea. And why shouldn’t they be? In recent years, the Chancellery has done everything in its power to downplay spying by US intelligence services on Germany. Altmaier’s predecessor, Ronald Pofalla, even went so far in August 2013 as to say that the NSA scandal had been “cleared up.” The revelation, arguably the biggest, that Merkel’s own mobile phone had been tapped by the NSA followed two months later. Now the Green and Left parties want to prevent the government from choosing its own inspector. They are considering a legal challenge at the Federal Constitutional Court to stop Merkel’s government.

    08/21/2015 07:44 PM
    By Matthias Gebauer, René Pfister and Holger Stark

    Find this story at 21 August 2015

    © SPIEGEL ONLINE 2015

    An American Tip to German Spies Points to a More Complex Relationship

    BERLIN — In the summer of 2011, American intelligence agencies spied on a senior German official who they concluded had been the likely source of classified information being leaked to the news media.

    The Obama administration authorized the top American spy in Germany to reveal to the German government the identity of the official, according to German officials and news media reports. The decision was made despite the risk of exposing that the United States was monitoring senior national security aides to Chancellor Angela Merkel.

    The tip-off appears to have led to a senior German intelligence official being barred from access to sensitive material. But it also raises suspicions that Ms. Merkel’s government had strong indications of the extent of American surveillance at least two years before the disclosures by Edward J. Snowden, which included the number of a cellphone used by the chancellor.

    The decision by the United States to risk disclosing a surveillance operation against a close ally indicates the high level of concern over the perceived security breach. It is unclear, however, what that information might have been or if it involved intelligence provided to Germany by the United States.

    The German newsmagazine Der Spiegel reported Friday that it believed the American effort to expose the German intelligence official arose from conversations by its own journalists. It filed a complaint with the federal prosecutor in Germany over espionage activity and a violation of Germany’s data protection laws. The prosecutor’s office declined to comment, other than to confirm that the filing had been received.

    In Washington, a spokesman for the National Security Council, Ned Price, declined on Friday to comment on the reported surveillance other than to indicate that the government does not spy on foreign journalists. “The United States is not spying on ordinary people who don’t threaten our national security,” Mr. Price said.

    The disclosure is the latest intelligence revelation to shake the alliance, even though it is unclear that the National Security Agency actively listened to Ms. Merkel’s calls. Among other actions that widened the rift, the Germans last summer expelled the then-C.I.A. chief. And this week material uncovered by the antisecrecy group WikiLeaks suggested that the Americans had been spying on their German allies back to the 1990s.

    The first hints emerged in the German media this year. The Bild am Sonntag newspaper reported that Hans Josef Vorbeck, a deputy director of the chancellery’s intelligence division, had been “put out in the cold” in 2011 after the then-C.I.A. station chief in Berlin gave information to Mr. Vorbeck’s boss, Günter Heiss. Der Spiegel said Mr. Heiss was specifically told of contacts with its journalists.

    Mr. Heiss, a quiet but powerful figure in German intelligence activities, was questioned for nearly six hours at an open hearing of a German parliamentary committee on Thursday. Mr. Heiss was particularly reticent when asked about Mr. Vorbeck. He repeatedly declined to answer questions about him, challenging the mandate of the committee to pose such queries, and arguing that he was not allowed to discuss a third party in public.

    Konstantin von Notz, a lawmaker for the opposition Green Party, which has been vocal in its criticism of Ms. Merkel and the German handling of alleged American espionage, accused Mr. Heiss of hiding behind a “cascade” of excuses.

    Eventually, Hans-Christian Ströbele, a longtime lawmaker for the Greens, asked Mr. Heiss whether he ever had a “concrete suspicion” that Mr. Vorbeck was leaking classified information. Mr. Heiss said there was no “concrete suspicion” that would have led to “concrete action.” He indicated the matter had been discussed in the chancellery, but declined to give specifics.

    But when asked whether Mr. Vorbeck had been the target of spying, Mr. Heiss declared: “No. That much I can say.”

    In a report in the edition it published on Saturday, Der Spiegel said Mr. Heiss had learned of the suspicions against Mr. Vorbeck in the summer of 2011, when invited by the C.I.A. station chief to take a walk.

    Appearing before the committee last month, Guido Müller, a senior intelligence official, at first said he could not recall Mr. Vorbeck’s transfer to a lower-level job. Mr. Müller then said he could remember it only if testifying behind closed doors.

    When he appeared before the committee, two days shy of his 64th birthday, Mr. Vorbeck himself was cagey. When Mr. von Notz raised the Bild am Sonntag reports and asked for more detail, the demoted intelligence officer replied that he “did not know much more than what has been in the papers,” according to a transcript on a live-blog at netzpolitik.org, a website that tracks intelligence matters.

    André Hahn, a lawmaker for the opposition Left party, asked Mr. Vorbeck whether he had a good relationship with Mr. Heiss — “at first,” Mr. Vorbeck answered — and whether he had ever been charged with betraying secrets. “Not then and not now,” Mr. Vorbeck replied, according to the netzpolitik blog.

    Mr. Vorbeck is suing the government for material damages he said he suffered as a result of being transferred to a senior archival post concerning the history of German intelligence. His lawyer declined to return a call seeking comment or access to his client.

    The dimensions of German anger over American espionage have been evidenced in public opinion polls and in protests against a possible trans-Atlantic trade pact. German officials have talked about creating an internal Internet so that communications among Germans do not have to pass outside the country.

    What makes these disclosures different is that they suggest that German publications have been either direct or indirect targets of American surveillance. “Spiegel suspects spying by U.S. secret services,” the online edition of the respected weekly Die Zeit reported Friday.

    The latest disclosures by WikiLeaks — a summary of an October 2011 conversation Ms. Merkel had with an adviser about the debt crisis in Greece, a document from her senior adviser on European affairs, plus a list of 69 telephone numbers of important ministries and senior officials that appeared to date back to the 1990s — had already prompted Ms. Merkel’s chief of staff on Thursday to invite the United States ambassador, John B. Emerson, to explain.

    A government statement following that meeting did not confirm the material, but made plain that violations of German laws would be prosecuted. The government defended its heightened counterintelligence operations, hinting at the depth of anger with the United States.

    Steffen Seibert, the German government spokesman, referred inquiries on Friday to another government spokesman who said he could not be identified by name. He reiterated that the government did not comment on personnel moves, and that it reported on intelligence services only to the relevant supervisory committee in Parliament.

    The spokesman added in an email that Mr. Heiss had testified on Thursday that there was no reason to take disciplinary or other action regarding Mr. Vorbeck.

    Alison Smale and Melissa Eddy reported from Berlin, David E. Sanger from Vienna and Eric Schmitt from Washington.

    By ALISON SMALE, MELISSA EDDY, DAVID E. SANGER and ERIC SCHMITTJULY 3, 2015

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    © 2015 The New York Times Company

    Germany trades citizens’ metadata for NSA’s top spy software

    Spies keen to use XKeyscore, less keen to tell German government or citizens.

    In order to obtain a copy of the NSA’s main XKeyscore software, whose existence was first revealed by Edward Snowden in 2013, Germany’s domestic intelligence agency agreed to hand over metadata of German citizens it spies on. According to documents seen by the German newspaper Die Zeit, after 18 months of negotiations, the US and Germany signed an agreement in April 2013 that would allow the Federal Office for the Protection of the Constitution (Bundesamtes für Verfassungsschutz—BfV) to obtain a copy of the NSA’s most important program and to adopt it for the analysis of data gathered in Germany.

    This was a lower level of access compared to the non-US “Five Eyes” nations—the UK, Australia, Canada, and New Zealand—which had direct access to the main XKeyscore system. In return for the software, the BfV would “to the maximum extent possible share all data relevant to NSA’s mission.” Interestingly, there is no indication in the Die Zeit story that the latest leak comes from Snowden, which suggests that someone else has made the BfV’s “internal documents” available.

    Unlike Germany’s foreign intelligence service, the Bundesnachrichtendienst (BND), the domestic-oriented BfV does not employ bulk surveillance of the kind also deployed on a vast scale by the NSA and GCHQ. Instead, it is only allowed to monitor individual suspects in Germany and, even to do that, must obtain the approval of a special parliamentary commission. Because of this targeted approach, BfV surveillance is mainly intended to gather the content of specific conversations, whether in the form of e-mails, telephone exchanges, or even faxes, if anyone still uses them. Inevitably, though, metadata is also gathered, but as Die Zeit explains, “whether the collection of this [meta]data is consistent with the restrictions outlined in Germany’s surveillance laws is a question that divides legal experts.”

    The BfV had no problems convincing itself that it was consistent with Germany’s laws to collect metadata, but rarely bothered since—remarkably—all analysis was done by hand before 2013, even though metadata by its very nature lends itself to large-scale automated processing. This explains the eagerness of the BfV to obtain the NSA’s XKeyscore software after German agents had seen its powerful metadata analysis capabilities in demonstrations.

    It may also explain the massive expansion of the BfV that the leaked document published by Netzpolitik had revealed earlier this year. As Die Zeit notes, the classified budget plans “included the information that the BfV intended to create 75 new positions for the ‘mass data analysis of Internet content.’ Seventy-five new positions is a significant amount for any government agency.”

    FURTHER READING

    GERMANY’S TOP PROSECUTOR FIRED OVER NETZPOLITIK “TREASON” PROBE
    Heads begin to roll, but the investigation has not yet been dropped.
    The BfV may have been keen to deploy XKeyscore widely, but it wasn’t so keen to inform the German authorities about the deal with the NSA. Peter Schaar, who was data protection commissioner at the time, told Die Zeit: “I knew nothing about such an exchange deal [of German metadata for US software].” He says that he only discovered that the BfV was using XKeyscore when he asked the surveillance service explicitly after reading about the program in Snowden’s 2013 revelations. The same is true for another key oversight body: “The Parliamentary Control Panel learned that the BfV had received XKeyscore software and had begun using it. But even this very general briefing was only made after the panel had explicitly asked following the Snowden revelations,” according to Die Zeit.

    This post originated on Ars Technica UK
    by Glyn Moody (UK) – Aug 27, 2015 5:32pm CEST

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    © 2015 Condé Nast

    New WikiLeaks Revelations: NSA Targeted Phones of All of German Chancellor Angela Merkel’s Top Aides

    BERLIN — WikiLeaks on Wednesday published a new list of German phone numbers it claims showed the U.S. National Security Agency targeted phones belonging to Chancellor Angela Merkel’s close aides and chancellery offices for surveillance.

    Wednesday’s publication came a week after WikiLeaks released a list of numbers it said showed the NSA targeted officials at various other German ministries and elsewhere. That rekindled concerns over U.S. surveillance in Germany after reports two years ago that Merkel’s own cellphone was targeted.

    Merkel’s chief of staff last week asked the U.S. ambassador to a meeting and told him that German law must be followed.

    There was no immediate comment from the German government on the latest publication.

    The list includes a cellphone number attributed to Ronald Pofalla, Merkel’s chief of staff from 2009-13; a landline number that appears to belong to the leader of Merkel’s parliamentary caucus; various other connections at Merkel’s office; and a cellphone number for the chancellor that WikiLeaks says was used until 2013.

    It was unclear when exactly the partially redacted list of 56 German phone numbers dates from and it wasn’t immediately possible to confirm the accuracy of that and other documents released by WikiLeaks.

    Those documents, WikiLeaks said, are NSA reports based on interceptions — including one from 2009 that details Merkel’s views on the international financial crisis and another from 2011 summarizing advisers’ views on plans for the eurozone’s rescue fund.

    According to the secret-spilling site, the list of phone numbers was updated for more than a decade after 2002 and a “close study” of it shows it evolved from an earlier target list dating back into the 1990s.

    July 8, 2015
    Associated Press

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    Copyright http://www.matthewaid.com/

    XKeyscore: A Dubious Deal with the NSA

    Internal documents show that Germany’s domestic intelligence agency, the BfV, received the coveted software program XKeyscore from the NSA – and promised data from Germany in return.

    The agents from the Federal Office for the Protection of the Constitution (BfV), Germany’s domestic intelligence agency, were deeply impressed. They wanted to be able to do that too. On Oct. 6, 2011, employees of the US intelligence agency NSA were in the Bavarian town of Bad Aibling to demonstrate all that the spy software XKeyscore could do. To make the demonstration as vivid as possible, the Americans fed data into their program that the BfV had itself collected during a warranted eavesdropping operation. An internal memo shows how enthusiastic the German intelligence agents were: Analyzing data with the help of the software, the memo reads in awkward officialese, resulted in “a high recognition of applications used, Internet applications and protocols.” And in the data, XKeyscore was able to “recognize, for example, Hotmail, Yahoo or Facebook. It was also able to identify user names and passwords.” In other words, it was highly effective.

    It was far beyond the capabilities of the BfV’s own system. In response, then-BfV President Heinz Fromm made a formal request five months later to his American counterpart, NSA head Keith Alexander, for the software to be made available to the German intelligence agency. It would, he wrote, superbly complement the current capabilities for monitoring and analyzing Internet traffic.

    But fully a year and a half would pass before a test version of XKeyscore could begin operating at the BfV facility in the Treptow neighborhood of Berlin. It took that long for the two agencies to negotiate an agreement that regulated the transfer of the software in detail and which defined the rights and obligations of each side.

    The April 2013 document called “Terms of Reference,” which ZEIT ONLINE and DIE ZEIT has been able to review, is more than enlightening. It shows for the first time what Germany’s domestic intelligence agency promised their American counterparts in exchange for the use of the coveted software program. “The BfV will: To the maximum extent possible share all data relevant to NSA’s mission,” the paper reads. Such was the arrangement: data in exchange for software.

    It was a good deal for the BfV. Being given the software was a “proof of trust,” one BfV agent exulted. Another called XKeyscore a “cool system.” Politically and legally, however, the accord is extremely delicate. Nobody outside of the BfV oversees what data is sent to the NSA in accordance with the “Terms of Reference,” a situation that remains unchanged today. Neither Germany’s data protection commissioner nor the Parliamentary Control Panel, which is responsible for oversight of the BfV, has been fully informed about the deal. “Once again, I have to learn from the press of a new BfV-NSA contract and of the impermissible transfer of data to the US secret service,” complains the Green Party parliamentarian Hans-Christian Ströbele, who is a member of the Parliamentary Control Panel. The Federal Office for the Protection of the Constitution, for its part, insists that it has adhered strictly to the law.

    SOFTWARE GEGEN DATEN
    Interne Dokumente belegen, dass der Verfassungsschutz vom amerikanischen Geheimdienst NSA die begehrte Spionagesoftware XKeyscore bekam. Dafür versprachen die Verfassungsschützer, so viele Daten aus deutschen G-10-Überwachungsmaßnahmen an die NSA zu liefern, wie möglich.

    Lesen Sie dazu:

    Der Datendeal: Was Verfassungsschutz und NSA miteinander verabredeten – was Parlamentarier und Datenschützer dazu sagen

    Read the english version here: A Dubious Deal with the NSA

    Dokument: Die Übereinkunft zwischen Verfassungsschutz und NSA im Wortlaut

    Read the english version here: XKeyscore – the document

    Die Software: Der Datenknacker “Poseidon” findet jedes Passwort

    The data in question is regularly part of the approved surveillance measures carried out by the BfV. In contrast, for example, to the Bundesnachrichtendienst (BND), Germany’s foreign intelligence agency, the BfV does not use a dragnet to collect huge volumes of data from the Internet. Rather, it is only allowed to monitor individual suspects in Germany — and only after a special parliamentary commission has granted approval. Because such operations necessarily imply the curtailing of rights guaranteed by Article 10 of Germany’s constitution, they are often referred to as G-10 measures. Targeted surveillance measures are primarily intended to turn up the content of specific conversations, in the form of emails, telephone exchanges or faxes. But along the way, essentially as a side effect, the BfV also collects mass quantities of so-called metadata. Whether the collection of this data is consistent with the restrictions outlined in Germany’s surveillance laws is a question that divides legal experts. Well-respected constitutional lawyers are of the opinion that intelligence agencies are not allowed to analyze metadata as they see fit. The agencies themselves, naturally, have a different view.

    It is clear, after all, that metadata also enables interesting conclusions to be drawn about the behavior of those under surveillance and their contacts, just as, in the analog world, the sender and recipient written on an envelope can also be revealing, even if the letter inside isn’t read. Those who know such data can identify communication networks and establish movement and behavioral profiles of individuals. Prior to 2013, Germany’s domestic intelligence agency was only able to analyze metadata by hand — and it was rarely done as a result. But that changed once the agency received XKeyscore. The version of the software obtained by the BfV is unable to collect data on the Internet itself, but it is able to rapidly analyze the huge quantities of metadata that the agency has already automatically collected. That is why XKeyscore is beneficial to the BfV. And, thanks to the deal, that benefit is one that extends to the NSA.

    In practice, it assumedly works as follows: When an Islamist who is under surveillance by the BfV regularly receives calls from Afghanistan, for example, then the telephone number is likely exactly the kind of information that is forwarded on to the NSA. That alone is not necessarily cause for concern; after all, combatting terrorism is the goal of intelligence agency cooperation. But nobody outside of the BfV knows whose data, and how much of it, is being shared with the NSA. Nobody can control the practicalities of the data exchange. And it is completely unclear where political responsibility lies.

    In 2013 alone, the BfV began 58 new G-10 measures and continued 46 others from the previous year. Who was targeted? What information was passed on to the NSA? Was information pertaining to German citizens also shared? When confronted with such questions, the BfV merely responded: “The BfV is unable to publicly comment on the particulars of the cooperation or on the numbers of data collection operations.”

    How important XKeyscore has become for the BfV can also be seen elsewhere. Not long ago, the website Netzpolitik.org published classified budget plans for 2013 which included the information that the BfV intended to create 75 new positions for the “mass data analysis of Internet content.” Seventy-five new positions is a significant amount for any government agency. A new division called 3C was to uncover movement profiles and contact networks and to process raw data collected during G-10 operations. The name XKeyscore does not appear in the documents published by Netzpolitik.org. But it is reasonable to suspect that the new division was established to deploy the new surveillance software.

    Germany’s domestic intelligence agency is itself also aware of just how sensitive its deal with the Americans is. Back in July 2012, a BfV division warned that even the tests undertaken with XKeyscore could have “far-reaching legal implications.” To determine the extent of the software’s capabilities, the division warned, employees would have to be involved who didn’t have the appropriate security clearance to view the data used in the tests. The BfV has declined to make a statement on how, or whether, the problem was solved.

    Germany’s data protection commissioner was apparently not informed. “I knew nothing about such an exchange deal,” says Peter Schaar, who was data protection commissioner at the time. “I am also hearing for the first time about a test with real data.” He says he first learned that BfV was using XKeyscore after he asked of his own accord in 2013 — in the wake of revelations about the program from whistleblower Edward Snowden.

    Schaar is of the opinion that the agency was obliged to inform him. Because real data was used during the tests, Schaar says, it constituted data processing. The BfV, by contrast, is of the opinion that the use of XKeyscore has to be controlled solely by the G-10 commission. It is a question that has long been the source of contention. In testimony before the parliamentary investigative committee that is investigating NSA activities in Germany, Schaar has demanded that the G-10 law be more clearly formulated to remove the ambiguity.

    The fact that the BfV recognized the problems with its NSA cooperation can be seen elsewhere in the files as well. During the negotiations over the XKeyscore deal, the BfV noted: “Certain NSA requests … cannot be met insofar as German law prevents it.” But the Americans insisted that the software finally be “used productively.” The NSA wants “working results,” the German agents noted. There is, they wrote, apparently “high internal pressure” to receive information from the Germans.

    Ultimately, the BfV arrived at the conclusion that transferring information obtained with the help of XKeyscore to the NSA was consistent with German law. Insights gathered by way of G-10 operations were already being “regularly” shared with “foreign partner agencies.” That, at least, is what the BfV declared to the German Interior Ministry in January 2014. Furthermore, the agency declared, a special legal expert would approve each data transfer.

    That, it seems, was enough oversight from the perspective of the BfV. The agency apparently only partially informed its parliamentarian overseers about the deal. The Parliamentary Control Panel learned that the BfV had received XKeyscore software and had begun using it. But even this very general briefing was only made after the panel had explicitly asked following the Snowden revelations. The deal between the intelligence agencies, says the Green Party parliamentarian Ströbele, “is undoubtedly an ‘occurrence of particular import,’ about which, according to German law, the German government must provide sufficient information of its own accord.” He intends to bring the issue before the Parliamentary Control Panel. The NSA investigative committee in German parliament will surely take a closer look as well.

    Translated by Charles Hawley
    Von Kai Biermann und Yassin Musharbash
    26. August 2015, 18:11 Uhr

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    copyright http://www.zeit.de/

    Wikileaks: ‘Massive’ NSA spying on top German officials

    Wikileaks says its latest release of documents shows the wide reach of economic espionage conducted by the NSA in Germany. Documents released by the whistleblowers suggest an intense interest in the Greek debt crisis.

    A new batch of documents released by Wikileaks on Wednesday purports to show the extent to which the spying conducted by the US National Security Agency (NSA) on German officials was economic in nature , as opposed to being focused on security issues.
    As far back as the late 1990s, the phone numbers of officials in the German Ministry of Finance, including sometimes the ministers themselves, were targeted by NSA spies, according to a Wikileaks press release. The list of high priority targets for Germany are mostly telephone numbers within the finance ministry, some within the ministry of agriculture, a few within offices responsible for European policy, and advisors who assisted Merkel ahead of G7 and WTO meetings. One of the targets was within the European Central Bank itself.
    NSA interest in the course of Greek bailout
    Some of the espionage also dealt with the handling of the Greek debt crisis, particularly in “intercepted talk between Chancellor Merkel and her assistant, the Chancellor talks about her views on solutions to the Greek financial crisis and her disagreement with members of her own cabinet, such as Finance Minister Wolfgang Schäuble, on matters of policy.”
    The NSA was also interested in Merkel’s discussions of “the positions of French leaders, and of the heads of the key institutions of the Troika: European Commission President Jose Manuel Barroso, European Central Bank President Jean-Claude Trichet and IMF Director Christine Lagarde,” with regard to the Greece’s bailout issues.
    This intercept, which is dated to October 2011, is classified as highly sensitive, “two levels above top secret.” Despite this, it was still cleared for distribution among the “US-led ‘Five Eyes’ spying alliance of UK, Canada, Australia and New Zealand.”
    Wikileaks also says that the NSA was given a German intercept gathered by British Intelligence (GCHQ), which “details the German government’s position ahead of negotiations on a EU bailout plan for Greece.”
    “The report refers to an overview prepared by German Chancellery Director-General for EU Affairs Nikolaus Meyer-Landrut. Germany was, according to the intercept, opposed to giving a banking license to the European Financial Stability Facility (EFSF), however it would support a special IMF fund into which the BRICS nations would contribute to bolster European bailout activities.”
    Julian Assange, Wikileaks’ embattled editor-in-chief, made a statement on Wednesday’s release, saying that it “further demonstrates that the United States’ economic espionage campaign extends to Germany and to key European institutions and issues such as the European Central Bank and the crisis in Greece.”
    “Would France and Germany have proceeded with the BRICS bailout plan for Greece if this intelligence was not collected and passed to the United States – who must have been horrified at the geopolitical implications?” he asked.
    The “Süddeutsche Zeitung” daily was given access to the leaked documents. It reports that a spokesman for the German government said Berlin is not familiar enough with the information published by Wikileaks to offer an analysis or response.
    es/gsw

    01.07.2015

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    © 2015 Deutsche Welle

    Selektorenliste der NSA Welche Nummern der Kanzlerin die NSA abhörte

    Anhand der Telefonnummern in dieser Selektorenliste wird deutlich, dass die Ausspähung durch die NSA beispielsweise auch die Telefone von Ronald Pofalla, Peter Altmaier und Volker Kauder umfasste.

    Der amerikanische Nachrichtendienst hat die deutsche Politik weitaus systematischer ausgespäht als bisher bekannt – und das seit Jahrzehnten.

    Neue Dokumente der Enthüllungsplattform Wikileaks belegen, dass auch die Regierungen der Kanzler Helmut Kohl und Gerhard Schröder von der NSA belauscht wurden.

    Bund und Berlin ziehen Bilanz zu HauptstadtbautenBild vergrößern
    Das Kanzleramt in Berlin steht im Mittelpunkt der neuen Wikileaks-Enthüllungen. (Foto: dpa)
    Diese Erkenntnisse können aus den neuen Enthüllungen gewonnen werden:

    Die neuen Wikileaks-Enthüllungen katapultieren die Diskussion in eine neue Höhe. Es geht darin um das Kanzleramt – es wurde über Jahrzehnte von der NSA ausgespäht, in Bonn und in Berlin. Die Liste umfasst 56 Anschlüsse und wurde von Wikileaks am Mittwochabend ins Netz gestellt. SZ, NDR und WDR konnten sie vorab prüfen.
    Die Regierungen von Helmut Kohl, Gerhard Schröder und Angela Merkel waren alle im Visier des amerikanischen Nachrichtendienstes. Die halbe Mannschaft von Ex-Kanzler Schröder steht auf der Liste. Bodo Hombach, der für eine kurze Zeit Kanzleramtsminister war und schwierige Operationen in Nahost auszuführen hatte, ist ebenso aufgeführt wie der sicherheitspolitische Berater Michael Steiner und Schröders Mann für die Weltwirtschaftsgipfel, Klaus Gretschmann.
    Etwa zwei Dutzend Nummern der Bundeskanzlerin stehen auf der Liste. Darunter ihre Handynummer, die mindestens bis Ende 2013 gültig war; ihre Büronummer; eine ihr zugeschriebene Nummer in der CDU-Bundesgeschäftsstelle und ihre Faxnummern; auch ihr enger Vertrauter Volker Kauder, Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, war Ziel der NSA.
    Auch Merkels ehemaliger Kanzleramtsminister Ronald Pofalla steht auf der Liste. Es findet sich darauf seine bis heute aktive Handynummer.
    Auffällig ist, dass die Abteilung 2 des Kanzleramts, die für Außen- und Sicherheitspolitik zuständig ist, oft vorkommt. Auch der Bereich Wirtschaftspolitik ist stark vertreten, ebenso Abteilung 6 – sie ist für den Bundesnachrichtendienst zuständig.
    Vorige Woche hatte Wikileaks erste Unterlagen der NSA veröffentlicht, die Deutschland betreffen. Drei Bundesministerien – das Wirtschafts-, das Landwirtschafts- und das Finanzministerium – standen dabei im Mittelpunkt.
    Lesen Sie mehr zu den neuen Wikileaks-Enthüllungen in der digitalen Ausgabe der Süddeutschen Zeitung.
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    Ihr Forum
    Wie sollte sich Merkel angesichts der jüngsten Wikileaks-Enthüllungen verhalten?
    Die NSA hat Wikileaks-Dokumenten zufolge über Jahrzehnte das Bundeskanzleramt abgehört. Betroffen von den Spähangriffen waren die Regierungen von Bundeskanzlerin Merkel sowie die ihrer Vorgänger Schröder und Kohl. Das Ausmaß des Lauschangriffs ist damit deutlich größer als bislang angenommen. Ihr Forum

    Helmut Kohl mit Gerhard Schröder im Bundestag, 1999
    Tatort Kanzleramt
    Kurzer Draht zur Macht
    Die NSA hat die deutsche Politik weitaus systematischer ausgespäht als bisher bekannt – und das seit Jahrzehnten. Neue Dokumente von Wikileaks belegen, dass auch die Kanzler Helmut Kohl und Gerhard Schröder belauscht wurden.

    Kohl NSA
    Wikileaks-Dokumente
    Von Kohl bis Merkel – die NSA hörte mit
    Wikileaks-Dokumente belegen: Jahrzehntelang hat der US-Geheimdienst das Kanzleramt ausgeforscht. Auch die Telefone von Ronald Pofalla, Peter Altmaier und Volker Kauder wurden angezapft.

    9. Juli 2015, 06:11 Uhr

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    Neue Dokumente von WikiLeaks Kanzleramt schon seit Kohl-Ära im NSA-Visier

    Die NSA hat nach Informationen von WikiLeaks schon seit Jahrzehnten das Bundeskanzleramt abgehört. Das zeigen neue Dokumente, die NDR, WDR und SZ vor Veröffentlichung einsehen konnten. Betroffen waren demnach neben Kanzlerin Merkel auch ihre Vorgänger Schröder und Kohl.

    Noch in der vergangenen Woche hatten der Geheimdienstkoordinator im Kanzleramt, Günter Heiß, und der ehemalige Kanzleramtschef Ronald Pofalla (CDU) bei einer Befragung im NSA-Untersuchungsausschuss abgewiegelt. Auf die Frage, ob Merkels Handy abgehört worden sei, sagte Heiß, es gebe Indizien dafür. Es könne aber auch sein, dass ein Gespräch “zufällig” abgehört worden sei, als ein “Beifang” etwa bei einem Telefonat mit dem russischen Präsidenten Putin. Pofalla sagte, er halte es bis heute für nicht bewiesen, dass das Handy der Kanzlerin abgehört worden sei. Der “Spiegel” hatte 2013 erstmals über diesen Verdacht berichtet.

    Nun liegen die neuen WikiLeaks-Dokumente vor – eine Liste mit 56 Telefonnummern, darunter Merkels Handy-Nummer, die sie bis mindestens Ende 2013 genutzt hat. Die Nummern stammen offenbar aus einer Datenbank der NSA, in der Abhörziele erfasst sind. Und in dieser Liste findet sich nicht nur Merkels alte Mobilnummer, sondern auch mehr als ein Dutzend weiterer Festnetz-, Handy- und Faxanschlüsse aus ihrem direkten Umfeld – darunter die Durchwahl ihrer Büroleiterin im Kanzleramt, Beate Baumann, ihres Stellvertreters sowie weitere Nummern aus dem Kanzlerbüro.

    Eine Liste mit Telefonnummern von Wikileaks galerieWikiLeaks hat eine Liste mit Telefonnummern und Namen aus dem Bundeskanzleramt veröffentlicht, die offenbar aus einer Datenbank mit Abhörzielen der NSA stammen [die letzten Ziffern wurden von der Redaktion unkenntlich gemacht].
    Außerdem steht der Name des Unions-Fraktionschefs Volker Kauder, einem engen Vertrauten von Merkel, samt einer Nummer im Bundestag auf der Liste und eine Merkel zugeordnete Nummer in der CDU-Bundesgeschäftsstelle. Auch die aktuelle Handy-Nummer von Ronald Pofalla ist in der NSA-Datenbank erfasst. Er hatte es anscheinend schon geahnt. In der Sitzung des NSA-Untersuchungsausschusses wies ihn jemand darauf hin, dass seine Nummer bislang nicht aufgetaucht sei. Pofallas Antwort: “Kommt noch.”

    Gezieltes Vorgehen der NSA

    Die Liste zeigt, dass die NSA offenbar sehr gezielt vorgegangen ist. Außer der Kanzlerin und ihrem Büro umfasst sie vor allem Nummern und Namen von der Leitung des Bundeskanzleramts sowie von den Abteilungen 2, 4 und 6 – zuständig für Außen- und Sicherheitspolitik, Wirtschaftspolitik und die Nachrichtendienste. Selbst die Telefonzentrale des Kanzleramts inklusive der Faxnummer wurde offenbar ausspioniert. Von wann die Liste stammt, ist nicht bekannt. Viele der aufgeführten Nummern sind bis heute aktuell, andere – teils noch aus Bonner Zeiten – sind anscheinend veraltet.

    Mitarbeiter von Kohl und Schröder im Visier

    Wann der US-Geheimdienst den Lauschangriff auf das Zentrum der deutschen Regierung gestartet hat, ist nicht klar. Aber einiges deutet daraufhin, dass auch Mitarbeiter von Merkels Vorgängern abgehört wurden. Die ersten Ziele hat die NSA offenbar bereits vor mehr als 20 Jahren in die Datenbank aufgenommen und in den folgenden Jahren stetig erweitert. Unter anderem findet sich eine alte Bonner Nummer mit dem Eintrag “DR LUDEWIG CHIEF OF DIV 4” in der Liste. Dr. Johannes Ludewig leitete von 1991 bis 1994 die Wirtschaftsabteilung des Kanzleramts, die Abteilung 4. Danach wechselte er ins Wirtschaftsministerium. Ausgespäht wurde offenbar auch ein persönlicher Referent des damaligen CDU-Staatsministers Anton Pfeiffer, ein enger Vertrauter von Helmut Kohl.

    Außerdem stehen unter anderem auf der Liste: Bodo Hombach, der 1998/99 einige Monate lang das Kanzleramt geleitet hat; Schröders sicherheitspolitischer Berater Michael Steiner; Klaus Gretschmann, ehemaliger Leiter der Abteilung für Wirtschaftspolitik, der unter anderem die Weltwirtschaftsgipfel für den Kanzler vorbereitet hat; Ernst Uhrlau, von 1998 bis 2005 im Kanzleramt für die Aufsicht über die Nachrichtendienste zuständig.

    NSA hörte Kanzleramt offenbar jahrzehntelang ab
    tagesthemen 22:15 Uhr, 08.07.2015, S. Buchen/J. Goetz/C. Deker, NDR
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    Download der Videodatei
    Weitere “streng geheime” Abhörprotokolle veröffentlicht

    WikiLeaks hat außer der Telefonliste erneut einige als “streng geheim” eingestufte Abhörprotokolle der NSA veröffentlicht, darunter abgefangene Gespräche von Kanzlerin Merkel unter anderem mit Scheich Muhammad bin Zayid Al Nahyan aus den Vereinigten Arabischen Emiraten aus dem Jahr 2009 über die Situation im Iran. Laut einem weiteren Protokoll – ebenfalls von 2009 – hat sie intern kurz vor dem damals geplanten G20-Gipfel in London Vorschläge der US-Notenbank zur Lösung der Finanzkrise kritisiert. Es ging um “toxische Anlagen”, die in “bad banks” ausgelagert werden sollten. Merkel habe sich skeptisch dazu geäußert, dass Banken sich komplett ihrer Verantwortung entziehen.

    Mitte Juni hat Generalbundesanwalt Harald Range ein Ermittlungsverfahren wegen des mutmaßlichen Ausspähens von Merkels Handy eingestellt. Die Vorwürfe seien nicht gerichtsfest nachzuweisen. Beweisdokumente habe die Behörde nicht beschaffen können. Kurz darauf – Anfang Juli – hat Wikileaks erste Abhörprotokolle und eine Liste mit Abhörzielen veröffentlicht, die auf einen umfassenden Lauschangriff der NSA auf die deutsche Regierung hindeuteten.

    Bundesregierung prüft Veröffentlichungen

    Als Reaktion auf die erste Enthüllung bat die Bundesregierung den US-Botschafter in Deutschland, John B. Emerson, zu einem Gespräch ins Kanzleramt. Die Bundesanwaltschaft prüft nun mögliche neue Ermittlungen wegen der NSA-Aktivitäten. Und in Regierungskreisen hieß es, man wundere sich in dieser Sache über gar nichts mehr. Beschwerden in Washington seien aber offenbar sinnlos. Die Bundesregierung erklärte nun auf Anfrage von NDR, WDR und SZ, die Veröffentlichung aus der vergangenen Woche werde von den zuständigen Stellen geprüft und bewertet, dies dauere an. “Insbesondere da ein Nachweis der Authentizität der veröffentlichten Dokumente fehlt, ist eine abschließende Bewertung derzeit nicht möglich.”

    Zu den in den aktuellen Dokumenten aufgeführten Mobilfunknummern will die Bundesregierung nicht öffentlich Stellung nehmen. Eine Sprecher betonte jedoch, dass weiterhin gelte, was der Chef des Bundeskanzleramts, Peter Altmaier, in der vergangenen Woche gegenüber dem US-Botschaft deutlich gemacht habe: “Die Einhaltung deutschen Rechts ist unabdingbar und festgestellte Verstöße werden mit allen Mitteln des Rechtsstaats verfolgt werden. Darüber hinaus wird die für die Sicherheit unserer Bürger unverzichtbare Zusammenarbeit der deutschen und amerikanischen Nachrichtendienste durch derartige wiederholte Vorgänge belastet. Bereits seit dem vergangenen Jahr hat die Bundesregierung ihre Spionageabwehr verstärkt und fühlt sich darin durch die neuesten Veröffentlichungen bestätigt.”

    Die US-Regierung hat sich bislang weder offiziell noch inoffiziell zur aktuellen Abhörpraxis in Deutschland geäußert. Nur Kanzlerin Merkel hat nach den ersten Berichten über das Abhören ihres Handys eine Art No-Spy-Garantie von US-Präsident Obama bekommen. Dabei ging es allerdings tatsächlich nur um sie persönlich, stellte der frühere NSA- und CIA-Direktor Michael Hayden in einem “Spiegel”-Interview klar. “Das war kein Versprechen, das für irgendjemand anderes an der Spitze der Bundesregierung gilt.”

    Rechercheverbund
    Die investigativen Ressorts von NDR, WDR und “Süddeutscher Zeitung” kooperieren unter Leitung von Georg Mascolo themen- und projektbezogen. Die Rechercheergebnisse, auch zu komplexen internationalen Themen, werden für Fernsehen, Hörfunk, Online und Print aufbereitet.

    Stand: 09.07.2015 09:40 Uhr
    Von John Goetz, Janina Findeisen und Christian Baars (NDR)

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    © ARD-aktuell / tagesschau.de

    WikiLeaks: Steinmeier target of systematic NSA spying

    WikiLeaks has published evidence that the NSA systematically spied on German Foreign Minister Frank-Walter Steinmeier, as well as other officials. The alleged spying reportedly predates the September 11, 2001 attacks.

    German Foreign Minister Frank-Walter Steinmeier was reportedly the target of systematic spying by the US National Security Agency (NSA), according to information released Monday by transparency organization WikiLeaks.
    WikiLeaks documented an intercepted conversation or phone call held by Steinmeier on November 29, 2005 shortly after he had completed his first official visit to the United States as foreign minister.
    It is unclear with whom Steinmeier was speaking at the time, but the subject of the call was the US Central Intelligence Agency’s (CIA) controversial renditions program. It was alleged that the US had used the airspace and airport facilities of cooperating European countries to illegally abduct European citizens and residents in order to interrogate them at secret “black site” prisons.
    Steinmeier denied knowledge of the alleged rendition flights in 2005 and according to the intercept, “seemed relieved that he had not received any definitive response from the US secretary of state regarding press reports of CIA flights through Germany to secret prisons in Eastern Europe allegedly used for interrogating terrorism subjects.”
    Human rights groups have accused the United States of having used the so-called “extraordinary renditions” in order to interrogate suspected terrorists using methods not allowed in the US itself, including torture.
    NSA Symbolbild
    WikiLeaks has revealed what appears to be a years-long effort to spy on the German Foreign Ministry
    ‘Tacit complicity of European governments’
    The US has acknowledged that the CIA operated a secret detention program outside its borders, but denied the use of torture. In 2008, Steinmeier again denied Germany had in any way supported the rendition flights at a parliamentary hearing, calling such accusations “utter nonsense.”
    “Today’s publication indicates that the NSA has been used to help the CIA kidnap and torture with impunity. For years the CIA was systematically abducting and torturing people, with the tacit complicity of European governments,” WikiLeaks founder Julian Assange said in a statement.
    The new documents paint a picture of an apparent years-long NSA effort to spy on the German Foreign Ministry, dating back to before the September 11, 2001 terrorist attacks. The documents reveal a list of 20 phone numbers the NSA targeted for monitoring, two of which were assigned to Steinmeier as well one number potentially assigned to Joschka Fischer, Germany’s vice chancellor and foreign minister from 1998 to 2005.
    The German Foreign Ministry has not commented on the latest revelations, which come shortly after WikiLeaks revealed the NSA had allegedly spied on top German politicians for decades .
    German Green Party parliamentarian Hans-Christian Ströbele demanded an explanation from the government and secret service in light of the latest revelations.
    “They must say what they will do now to resolve the spying and avert damage,” Ströbele said after Monday’s revelations. He also questioned whether Steinmeier in 2006 “actually failed to answer questions regarding US rendition flights over Germany.”
    bw/cmk (AFP, dpa)

    20.07.2015

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    © 2015 Deutsche Welle

    An Attack on Press Freedom SPIEGEL Targeted by US Intelligence

    Revelations from WikiLeaks published this week show how boundlessly and comprehensively American intelligence services spied on the German government. It has now emerged that the US also conducted surveillance against SPIEGEL.

    Walks during working hours aren’t the kind of pastime one would normally expect from a leading official in the German Chancellery. Especially not from the head of Department Six, the official inside Angela Merkel’s office responsible for coordinating Germany’s intelligence services.

    But in the summer of 2011, Günter Heiss found himself stretching his legs for professional reasons. The CIA’s station chief in Berlin had requested a private conversation with Heiss. And he didn’t want to meet in an office or follow standard protocol. Instead, he opted for the kind of clandestine meeting you might see in a spy film.

    Officially, the CIA man was accredited as a counsellor with the US Embassy, located next to Berlin’s historic Brandenburg Gate. Married to a European, he had already been stationed in Germany once before and knew how to communicate with German officials. At times he could be demanding and overbearing, but he could also be polite and courteous. During this summer walk he also had something tangible to offer Heiss.

    The CIA staffer revealed that a high-ranking Chancellery official allegedly maintained close contacts with the media and was sharing official information with reporters with SPIEGEL.

    The American provided the name of the staffer: Hans Josef Vorbeck, Heiss’ deputy in Department Six. The information must have made it clear to Heiss that the US was spying on the German government as well as the press that reports on it.

    The central Berlin stroll remained a secret for almost four years. The Chancellery quietly transferred Vorbeck, who had until then been responsible for counterterrorism, to another, less important department responsible dealing with the history of the BND federal intelligence agency. Other than that, though, it did nothing.

    Making a Farce of Rule of Law

    Officials in the Chancellery weren’t interested in how the CIA had obtained its alleged information. They didn’t care to find out how, and to which degree, they were being spied on by the United States. Nor were they interested in learning about the degree to which SPIEGEL was being snooped on by the Americans. Chancellery officials didn’t contact any of the people in question. They didn’t contact members of the Bundestag federal parliament sitting on the Parliamentary Control Panel, the group responsible for oversight of the intelligence services. They didn’t inform members of the Office for the Protection of the Constitution, the agency responsible for counterintelligence in Germany, either. And they didn’t contact a single public prosecutor. Angela Merkel’s office, it turns out, simply made a farce of the rule of law.

    As a target of the surveillance, SPIEGEL has requested more information from the Chancellery. At the same time, the magazine filed a complaint on Friday with the Federal Public Prosecutor due to suspicion of intelligence agency activity.

    Because now, in the course of the proceedings of the parliamentary investigative committee probing the NSA’s activities in Germany in the wake of revelations leaked by whistleblower Edward Snowden, details about the event that took place in the summer of 2011 are gradually leaking to the public. At the beginning of May, the mass-circulation tabloid Bild am Sonntag reported on a Chancellery official who had been sidelined “in the wake of evidence of alleged betrayal of secrets through US secret services.”

    Research conducted by SPIEGEL has determined the existence of CIA and NSA files filled with a large number of memos pertaining to the work of the German newsmagazine. And three different government sources in Berlin and Washington have independently confirmed that the CIA station chief in Berlin was referring specifically to Vorbeck’s contacts with SPIEGEL.

    An Operation Justified by Security Interests?

    Obama administration sources with knowledge of the operation said that it was justified by American security interests. The sources said US intelligence services had determined the existence of intensive contacts between SPIEGEL reporters and the German government and decided to intervene because those communications were viewed as damaging to the United States’ interests. The fact that the CIA and NSA were prepared to reveal an ongoing surveillance operation to the Chancellery underlines the importance they attached to the leaks, say sources in Washington. The NSA, the sources say, were aware that the German government would know from then on that the US was spying in Berlin.

    As more details emerge, it is becoming increasingly clear that representatives of the German government at best looked away as the Americans violated the law, and at worst supported them.

    Just last Thursday, Günter Heiss and his former supervisor, Merkel’s former Chief of Staff Ronald Pofalla, were questioned by the parliamentary investigative committee and attempted to explain the egregious activity. Heiss confirmed that tips had been given, but claimed they hadn’t been “concrete enough” for measures to be taken. When asked if he had been familiar with the issue, Pofalla answered, “Of course.” He said that anything else he provided had to be “in context,” at which point a representative of the Chancellery chimed in and pointed out that could only take place in a meeting behind closed doors.

    In that sense, the meeting of the investigative committee once again shed light on the extent to which the balance of power has shifted between the government and the Fourth Estate. Journalists, who scrutinize and criticize those who govern, are an elementary part of the “checks and balances” — an American invention — aimed at ensuring both transparency and accountability. When it comes to intelligence issues, however, it appears this system has been out of balance for some time.

    Government Lies

    When SPIEGEL first reported in Summer 2013 about the extent of NSA’s spying on Germany, German politicians first expressed shock and then a certain amount of indignation before quickly sliding back into their persona as a loyal ally. After only a short time and a complete lack of willingness on the part of the Americans to explain their actions, Pofalla declared that the “allegations are off the table.”

    But a number of reports published in recent months prove that, whether out of fear, outrage or an alleged lack of knowledge, it was all untrue. Everything the government said was a lie. As far back as 2013, the German government was in a position to suspect, if not to know outright, the obscene extent to which the United States was spying on an ally. If there hadn’t already been sufficient evidence of the depth of the Americans’ interest in what was happening in Berlin, Wednesday’s revelations by WikiLeaks, in cooperation with Süddeutsche Zeitung, filled in the gaps.

    SPIEGEL’s reporting has long been a thorn in the side of the US administration. In addition to its reporting on a number of other scandals, the magazine exposed the kidnapping of Murat Kurnaz, a man of Turkish origin raised in Bremen, Germany, and his rendition to Guantanamo. It exposed the story of Mohammed Haydar Zammar, who was taken to Syria, where he was tortured. The reports triggered the launch of a parliamentary investigative committee in Berlin to look also into the CIA’s practices.

    When SPIEGEL reported extensively on the events surrounding the arrest of three Islamist terrorists in the so-called “Sauerland cell” in Germany, as well as the roles played by the CIA and the NSA in foiling the group, the US government complained several times about the magazine. In December 2007, US intelligence coordinator Mike McConnell personally raised the issue during a visit to Berlin. And when SPIEGEL reported during the summer of 2009, under the headline “Codename Domino,” that a group of al-Qaida supporters was believed to be heading for Europe, officials at the CIA seethed. The sourcing included a number of security agencies and even a piece of information supplied by the Americans. At the time, the station chief for Germany’s BND intelligence service stationed in Washington was summoned to CIA headquarters in Langley, Virginia.

    The situation escalated in August 2010 after SPIEGEL, together with WikiLeaks, the Guardian and the New York Times, began exposing classified US Army reports from Afghanistan. That was followed three months later with the publication of the Iraq war logs based on US Army reports. And in November of that year, WikiLeaks, SPIEGEL and several international media reported how the US government thinks internally about the rest of the world on the basis of classified State Department cables. Pentagon officials at the time declared that WikiLeaks had “blood on its hands.” The Justice Department opened an investigation and seized data from Twitter accounts, e-mail exchanges and personal data from activists connected with the whistleblowing platform. The government then set up a Task Force with the involvement of the CIA and NSA.

    Not even six months later, the CIA station chief requested to go on the walk in which he informed the intelligence coordinator about Vorbeck and harshly criticized SPIEGEL.

    Digital Snooping

    Not long later, a small circle inside the Chancellery began discussing how the CIA may have got ahold of the information. Essentially, two possibilities were conceivable: either through an informant or through surveillance of communications. But how likely is it that the CIA had managed to recruit a source in the Chancellery or on the editorial staff of SPIEGEL?

    The more likely answer, members of the circle concluded, was that the information must have been the product of “SigInt,” signals intelligence — in other words, wiretapped communications. It seems fitting that during the summer of 2013, just prior to the scandal surrounding Edward Snowden and the documents he exposed pertaining to NSA spying, German government employees warned several SPIEGEL journalists that the Americans were eavesdropping on them.

    At the end of June 2011, Heiss then flew to Washington. During a visit to CIA headquarters in Langley, the issue of the alleged contact with SPIEGEL was raised again. Chancellery staff noted the suspicion in a classified internal memo that explicitly names SPIEGEL.

    One of the great ironies of the story is that contact with the media was one of Vorbeck’s job responsibilities. He often took part in background discussions with journalists and even represented the Chancellery at public events. “I had contact with journalists and made no secret about it,” Vorbeck told SPIEGEL. “I even received them in my office in the Chancellery. That was a known fact.” He has since hired a lawyer.

    It remains unclear just who US intelligence originally had in its scopes. The question is also unlikely to be answered by the parliamentary investigative committee, because the US appears to have withheld this information from the Chancellery. Theoretically, at least, there are three possibilities: The Chancellery — at least in the person of Hans Josef Vorbeck. SPIEGEL journalists. Or blanket surveillance of Berlin’s entire government quarter. The NSA is capable of any of the three options. And it is important to note that each of these acts would represent a violation of German law.

    Weak Arguments

    So far, the Chancellery has barricaded itself behind the argument that the origin of the information had been too vague and abstract to act on. In addition, the tip had been given in confidentiality, meaning that neither Vorbeck nor SPIEGEL could be informed. But both are weak arguments, given that the CIA station chief’s allegations were directed precisely at SPIEGEL and Vorbeck and that the intelligence coordinator’s deputy would ultimately be sidelined as a result.

    And even if you follow the logic that the tip wasn’t concrete enough, there is still one committee to whom the case should have been presented under German law: the Bundestag’s Parliamentary Control Panel, whose proceedings are classified and which is responsible for oversight of Germany’s intelligence services. The nine members of parliament on the panel are required to be informed about all intelligence events of “considerable importance.”

    Members of parliament on the panel did indeed express considerable interest in the Vorbeck case. They learned in fall 2011 of his transfer, and wanted to know why “a reliable coordinator in the fight against terrorism would be shifted to a post like that, one who had delivered excellent work on the issue,” as then chairman of the panel, Social Demoratic Party politician Thomas Oppermann, criticized at the time.

    But no word was mentioned about the reasons behind the transfer during a Nov. 9, 2011 meeting of the panel. Not a single word about the walk taken by the CIA chief of station. Not a word about the business trip to Washington taken by Günter Heiss afterward. And not a word about Vorbeck’s alleged contacts with SPIEGEL. Instead, the parliamentarians were told a myth — that the move had been made necessary by cutbacks. And also because he was needed to work on an historical appraisal of Germany’s foreign intelligence agency, the BND.

    Deceiving Parliament

    Officials in the Chancellery had decided to deceive parliament about the issue. And for a long time, it looked as though they would get away with it.

    The appropriate way of dealing with the CIA’s incrimination would have been to transfer the case to the justice system. Public prosecutors would have been forced to follow up with two investigations: One to find out whether the CIA’s allegations against Vorbeck had been true — both to determine whether government secrets had been breached and out of the obligation to assist a longtime civil servant. It also would have had to probe suspicions that a foreign intelligence agency conducted espionage in the heart of the German capital.

    That could, and should, have been the case. Instead, the Chancellery decided to go down the path of deception, scheming with an ally, all the while interpreting words like friendship and partnership in a highly arbitrary and scrupulous way.

    Günter Heiss, who received the tip from the CIA station chief, is an experienced civil servant. In his earlier years, Heiss studied music. He would go on as a music instructor to teach a young Ursula von der Leyen (who is Germany’s defense minister today) how to play the piano. But then Heiss, a tall, slightly lanky man, switched professions and instead pursued a career in intelligence that would lead him to the top post in the Lower Saxony state branch of the Office for the Protection of the Constitution. Even back then, the Christian Democrat was already covering up the camera on his laptop screen with tape. At the very least “they” shouldn’t be able to see him, he said at the time, elaborating that the “they” he was referring to should not be interpreted as being the US intelligence services, but rather the other spies – “the Chinese” and, “in any case, the Russians.” For conservatives like Heiss, America, after all, is friendly territory.

    ‘Spying Among Friends Not Acceptable’

    If there was suspicion in the summer of 2011 that the NSA was spying on a staff member at the Chancellery, it should have set off alarm bells within the German security apparatus. Both the Office for the Protection of the Constitution, which is responsible for counter-intelligence, and the Federal Office for Information Security should have been informed so that they could intervene. There also should have been discussions between the government ministers and the chancellor in order to raise government awareness about the issue. And, going by the maxim the chancellor would formulate two years later, Merkel should have had a word with the Americans along the lines of “Spying among friends is not acceptable.”

    And against the media.

    If it is true that a foreign intelligence agency spied on journalists as they conducted their reporting in Germany and then informed the Chancellery about it, then these actions would place a huge question mark over the notion of a free press in this country. Germany’s highest court ruled in 2007 that press freedom is a “constituent part of a free and democratic order.” The court held that reporting can no longer be considered free if it entails a risk that journalists will be spied on during their reporting and that the federal government will be informed of the people they speak to.

    “Freedom of the press also offers protection from the intrusion of the state in the confidentiality of the editorial process as well as the relationship of confidentiality between the media and its informants,” the court wrote in its ruling. Freedom of the press also provides special protection to the “the secrecy of sources of information and the relationship of confidentiality between the press, including broadcasters, and the source.”

    Criminalizing Journalism

    But Karlsruhe isn’t Washington. And freedom of the press is not a value that gives American intelligence agencies pause. On the contrary, the Obama administration has gained a reputation for adamantly pursuing uncomfortable journalistic sources. It hasn’t even shied away from targeting American media giants.

    In spring 2013, it became known that the US Department of Justice mandated the monitoring of 100 telephone numbers belonging to the news agency Associated Press. Based on the connections that had been tapped, AP was able to determine that the government likely was interested in determining the identity of an important informant. The source had revealed to AP reporters details of a CIA operation pertaining to an alleged plot to blow up a commercial jet.

    The head of AP wasn’t the only one who found the mass surveillance of his employees to be an “unconstitutional act.” Even Republican Senators like John Boehner sharply criticized the government, pointing to press freedoms guaranteed by the Bill of Rights. “The First Amendment is first for a reason,” he said.

    But the Justice Department is unimpressed by such formulations. New York Times reporter James Risen, a two-time Pulitzer Prize winner, was threatened with imprisonment for contempt of court in an effort to get him to turn over his sources — which he categorically refused to do for seven years. Ultimately, public pressure became too intense, leading Obama’s long-time Attorney General Eric Holder to announce last October that Risen would not be forced to testify.

    The Justice Department was even more aggressive in its pursuit of James Rosen, the Washington bureau chief for TV broadcaster Fox. In May 2013, it was revealed that his telephone was bugged, his emails were read and his visits to the State Department were monitored. To obtain the necessary warrants, the Justice Department had labeled Rosen a “criminal co-conspirator.”

    The strategy of criminalizing journalism has become something of a bad habit under Obama’s leadership, with his government pursuing non-traditional media, such as the whistleblower platform WikiLeaks, with particular aggression.

    Bradley Manning, who supplied WikiLeaks with perhaps its most important data dump, was placed in solitary confinement and tormented with torture-like methods, as the United Nations noted critically. Manning is currently undergoing a gender transition and now calls herself Chelsea. In 2013, a military court sentenced Manning, who, among other things, publicized war crimes committed by the US in Iraq, to 35 years in prison.

    In addition, a criminal investigation has been underway for at least the last five years into the platform’s operators, first and foremost its founder Julian Assange. For the past several years, a grand jury in Alexandria, Virginia has been working to determine if charges should be brought against the organization.

    Clandestine Proceedings

    The proceedings are hidden from the public, but the grand jury’s existence became apparent once it began to subpoena witnesses with connections to WikiLeaks and when the Justice Department sought to confiscate data belonging to people who worked with Assange. The US government, for example, demanded that Twitter hand over data pertaining to several people, including the Icelandic parliamentarian Brigitta Jonsdottir, who had worked with WikiLeaks on the production of a video. The short documentary is an exemplary piece of investigative journalism, showing how a group of civilians, including employees of the news agency Reuters, were shot and killed in Baghdad by an American Apache helicopter.

    Computer security expert Jacob Appelbaum, who occasionally freelances for SPIEGEL, was also affected at the time. Furthermore, just last week he received material from Google showing that the company too had been forced by the US government to hand over information about him – for the time period from November 2009 until today. The order would seem to indicate that investigators were particularly interested in Appelbaum’s role in the publication of diplomatic dispatches by WikiLeaks.

    Director of National Intelligence James Clapper has referred to journalists who worked with material provided by Edward Snowden has his “accomplices.” In the US, there are efforts underway to pass a law pertaining to so-called “media leaks.” Australia already passed one last year. Pursuant to the law, anyone who reveals details about secret service operations may be punished, including journalists.

    Worries over ‘Grave Loss of Trust’

    The German government isn’t too far from such positions either. That has become clear with its handling of the strictly classified list of “selectors,” which is held in the Chancellery. The list includes search terms that Germany’s foreign intelligence agency, the BND, used when monitoring telecommunications data on behalf of the NSA. The parliamentary investigative committee looking into NSA activity in Germany has thus far been denied access to the list. The Chancellery is concerned that allowing the committee to review the list could result in uncomfortable information making its way into the public.

    That’s something Berlin would like to prevent. Despite an unending series of indignities visited upon Germany by US intelligence agencies, the German government continues to believe that it has a “special” relationship with its partners in America — and is apparently afraid of nothing so much as losing this partnership.

    That, at least, seems to be the message of a five-page secret letter sent by Chancellery Chief of Staff Peter Altmaier, of Merkel’s Christian Democrats, to various parliamentary bodies charged with oversight. In the June 17 missive, Altmaier warns of a “grave loss of trust” should German lawmakers be given access to the list of NSA spying targets. Opposition parliamentarians have interpreted the letter as a “declaration of servility” to the US.

    Altmaier refers in the letter to a declaration issued by the BND on April 30. It notes that the spying targets passed on by the NSA since 2005 include “European political personalities, agencies in EU member states, especially ministries and EU institutions, and representations of certain companies.” On the basis of this declaration, Altmaier writes, “the investigative committee can undertake its own analysis, even without knowing the individual selectors.”

    Committee members have their doubts. They suspect that the BND already knew at the end of April what WikiLeaks has now released — with its revelations that the German Economics Ministry, Finance Ministry and Agriculture Ministry were all under the gaze of the NSA, among other targets. That would mean that the formulation in the BND declaration of April 30 was intentionally misleading. The Left Party and the Greens now intend to gain direct access to the selector list by way of a complaint to Germany’s Constitutional Court.

    The government in Berlin would like to prevent exactly that. The fact that the US and German intelligence agencies shared selectors is “not a matter of course. Rather, it is a procedure that requires, and indicates, a special degree of trust,” Almaier writes. Should the government simply hand over the lists, Washington would see that as a “profound violation of confidentiality requirements.” One could expect, he writes, that the “US side would significantly restrict its cooperation on security issues, because it would no longer see its German partners as sufficiently trustworthy.”

    Altmaier’s letter neglects to mention the myriad NSA violations committed against German interests, German citizens and German media.

    By SPIEGEL Staff
    07/03/2015 06:05 PM

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    © SPIEGEL ONLINE 2015

    Neue Spionageaffäre erschüttert BND

    Der US-Geheimdienst NSA hat offenbar über Jahre hinweg mit Wissen des Bundesnachrichtendienstes Ziele in Westeuropa und Deutschland ausgespäht. Die Erkenntnisse darüber behielt der BND nach SPIEGEL-Informationen lange für sich.

    Im Mittelpunkt des neuerlichen Skandals steht die gemeinsame Spionagetätigkeit von Bundesnachrichtendienst (BND) und US-Auslandsgeheimdienst NSA. Für die technische Aufklärung lieferte der US-Dienst seit mehr als zehn Jahren sogenannte Selektoren – also etwa IP-Adressen oder Handynummern – an die deutschen Partner. Diese wurden in die BND-Systeme zur Überwachung verschiedener Weltregionen eingespeist.

    Mindestens seit dem Jahr 2008 fiel BND-Mitarbeitern mehrfach auf, dass einige dieser Selektoren dem Aufgabenprofil des deutschen Auslandsgeheimdienstes zuwiderlaufen – und auch nicht von dem “Memorandum of Agreement” abgedeckt sind, das die Deutschen und die Amerikaner zur gemeinsamen Bekämpfung des globalen Terrorismus 2002 ausgehandelt hatten. Stattdessen suchte die NSA gezielt nach Informationen etwa über den Rüstungskonzern EADS, Eurocopter oder französische Behörden. Der BND nahm das offenbar jedoch nicht zum Anlass, die Selektorenliste systematisch zu überprüfen.

    Erst nach Enthüllung des NSA-Skandals im Sommer 2013 befasste sich eine BND-Abteilung gezielt mit den NSA-Suchbegriffen. Im Oktober 2013 lag das Ergebnis vor: Demnach verstießen rund 2000 der Selektoren eindeutig gegen westeuropäische und deutsche Interessen. Die Rede ist intern auch von Politikern, die demnach gezielt und unrechtmäßig ausspioniert wurden. Aber auch diesen Fund meldete der BND nicht an seine Aufsichtsbehörde, das Bundeskanzleramt. Stattdessen bat der zuständige Unterabteilungsleiter die NSA, derartige Verstöße künftig zu unterlassen.

    BND-Chef von Ausschusssitzung ausgeschlossen

    Das wahre Ausmaß des Skandals wurde nun erst aufgrund eines Beweisantrags bekannt, den Linke und Grüne für den NSA-Untersuchungsausschuss gestellt hatten. Die für den Ausschuss zuständige Projektgruppe des BND prüfte die NSA-Selektoren daraufhin erneut – mit dem Ergebnis, dass bis zu 40.000 davon gegen westeuropäische und deutsche Interessen gerichtet sind. Erst im März wurde das Bundeskanzleramt darüber unterrichtet. Weitere Überprüfungen wurden inzwischen angeordnet.

    Am Mittwochabend unterrichtete Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) persönlich die Mitglieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums und des NSA-Ausschusses über den Spionageskandal. BND-Präsident Gerhard Schindler wurde von der Sitzung explizit ausgeschlossen. Auch Spitzenpolitiker von SPD und CDU wurden bereits informiert.

    Von Maik Baumgärtner, Hubert Gude, Marcel Rosenbach und Jörg Schindler
    Donnerstag, 23.04.2015 – 16:23 Uhr

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    © SPIEGEL ONLINE 2015

    Airbus va porter plainte pour soupçons d’espionnage en Allemagne (2015)

    Airbus Group a annoncé jeudi son intention de porter plainte en Allemagne après les informations selon lesquelles le BND, le service fédéral de renseignement extérieur allemand, a aidé ses homologues américains à espionner plusieurs entreprises européennes.

    “Nous avons demandé des informations supplémentaires au gouvernement”, a déclaré un porte-parole d’Airbus en Allemagne. “Nous allons porter plainte contre X en raison de soupçons d’espionnage industriel.”

    L’hebdomadaire Der Spiegel a rapporté la semaine dernière que des responsables du BND avaient indirectement aidé la National Security Agency (NSA) américaine à espionner plusieurs cibles en Europe pendant plus de 10 ans.

    Le ministre de l’Intérieur allemand, Thomas de Maizière, un proche allié de la chancelière Angela Merkel, a nié mercredi avoir menti au Parlement à propos de la collaboration entre les services de renseignement allemands et américains.

    Il est depuis plusieurs jours sous le feu des critiques de l’opposition dans ce dossier en raison de son rôle lorsqu’il était directeur de la chancellerie fédérale entre 2005 et 2009.

    En 2013, après la publication d’informations selon lesquelles les Etats-Unis avaient placé le téléphone portable de la chancelière sur écoute, Angela Merkel avait déclaré que “s’espionner entre amis n’est absolument pas acceptable”.

    Le quotidien Handelsblatt avait le premier fait état de la plainte d’Airbus jeudi.

    Selon la presse allemande, le BND a également aidé les services de renseignement américains à espionner les services de la présidence française, le ministère français des Affaires étrangères et la Commission européenne.

    En France, plusieurs responsables politiques ont réclamé jeudi des excuses de l’Allemagne et une enquête dans ce dossier.

    De son côté, le président de l’exécutif européen, Jean-Claude Juncker, a déclaré lors d’une conférence de presse ignorer si des agents allemands étaient en activité à Bruxelles mais il a rappelé avoir proposé dans le passé que la Commission crée ses propres services secrets “car les agents sont partout”.

    Lui-même ex-Premier ministre d’un gouvernement luxembourgeois contraint à la démission par un scandale d’espionnage et de corruption en 2013, Jean-Claude Juncker a ajouté que son expérience personnelle lui avait appris que les services secrets étaient très difficiles à contrôler.

    La semaine dernière, le gouvernement allemand avait reconnu des failles au sein de ses services de renseignement et dit avoir demandé au BND de les combler.

    (Victoria Bryan, avec Adrian Croft à Bruxelles, Marc Angrand pour le service français)
    Source : Reuters 30/04/15 à 18:48
    Mis à jour le 30/04/15 à 20:30

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    © 2015 Reuters

    Reaktion auf Spionageaffäre: Rausschmiss erster Klasse ­(2014)

    Die Bundesregierung reagiert auf die US­Spionage: Der oberste CIA­Vertreter in Berlin soll
    das Land verlassen. Ein solcher Affront war bisher nur gegen Agenten von Paria­Staaten wie
    Iran oder Nordkorea denkbar.
    Berlin ­ Die Bundesregierung reagiert auf die neuen Spionagefälle und die Vorwürfe gegen die
    USA mit einem diplomatischen Affront. Als Reaktion auf die Enthüllungen forderte Berlin den
    Repräsentanten der amerikanischen Geheimdienste in Berlin auf, das Land zu verlassen.
    Umgehend wurde die Botschaft unterrichtet, der Geheimdienstmann musste sich die
    unfreundliche Bitte im Innenministerium von Verfassungsschutz­Chef Hans­Georg Maaßen
    anhören.
    Ein paar Stunden später dann war in Berlin von einer formellen Ausweisung des CIA­Vertreters
    die Rede, der als “station chief” die Aktivitäten des US­Geheimdienstes in Deutschland leitet.
    Wenig später korrigierte die Regierung, man habe nur die Ausreise empfohlen. Das ist zwar nicht
    gleichzusetzen mit einer Ausweisung, faktisch aber bleibt es ein Rausschmiss erster Klasse.
    Die öffentliche Geste der indirekten Ausweisung ist diplomatisch gesehen ein Erdbeben. Eine
    solche Maßnahme war bisher höchstens gegen Paria­Staaten wie Nordkorea oder Iran denkbar
    gewesen. Zwar bat Deutschland in den 90er Jahren schon einmal einen US­Agenten um seine
    Ausreise, er hatte versucht, eine Quelle im Wirtschaftsministerium anzuwerben. Damals aber
    geschah der Rausschmiss eher diskret.
    Der deutschen Entscheidung gingen am Donnerstagmorgen Krisentelefonate zwischen
    Innenminister Thomas de Maizière, Außenminister Frank­Walter Steinmeier und Kanzleramtschef
    Peter Altmaiervoraus. Dabei zeigten sich alle Minister enttäuscht über die wenig einlenkenden
    Reaktionen der USA und waren sich einig: Deutschland könne die Angelegenheit nicht auf sich
    beruhen lassen.
    In den Gesprächen beriet man zunächst die bisherigen Signale aus Washington. CIA­Chef John
    Brennan und der US­Botschafter John Emerson hatten Kontakt zur deutschen Regierung gesucht.
    Berlin fehlten allerdings konkrete Angebote, die Vorwürfe schnell aufzuklären. Von einer
    Entschuldigung war schon gar nicht die Rede.
    Im Parlamentarischen Kontrollgremium berichtete Klaus­Dieter Fritsche, Merkels Beauftragter für
    die Nachrichtendienste, am Donnerstag ernüchtert über das Telefonat mit CIA­Chef Brennan.
    Dieser, so Fritsche, habe nichts außer Floskeln über die transatlantische Verbundenheit und
    seinen Ärger über die schlechte Presselage beizutragen gehabt.
    Offiziell hatte sich die Regierung in der Spionage­Affäre bisher zurückgehalten. Man warte erst die
    juristische Aufklärung und mögliche Erklärungen der USA ab. Offenbar aber war der Ärger bis
    Donnerstag aber so gewachsen, dass die Phase der Zurückhaltung nun beendet wurde.
    Innenminister Thomas de Maizière wollte nach den Beratungen keinen Kommentar abgeben.
    Zwar spielte er wie zuvor Wolfgang Schäuble den möglichen Schaden herunter ­ er nannte die
    von den USA gewonnenen Informationen “lächerlich”.
    Gleichsam unterstrich er, dass der politische Schaden allein durch die Verdachtsmomente gegen
    die USA “unverhältnismäßig und schwerwiegend” sei. Deswegen sei ein wirksamer Schutz gegen
    Angriffe auf unsere Kommunikation ebenso wie eine effektive Spionageabwehr “unverzichtbar für
    unsere wehrhafte Demokratie”. Man sei dabei, beides zu stärken und auszuweiten.
    Bundeskanzlerin Angela Merkel machte ihrem Ärger auf die für sie typische Weise Luft. “Mit
    gesundem Menschenverstand betrachtet ist das Ausspähen von Freunden und Verbündeten ein
    Vergeuden von Kraft”, so die Kanzlerin blumig und doch deutlich. Die Geheimdienste sollten nicht
    alles tun, was machbar ist, sondern sich bei ihrer Arbeit “auf das Wesentliche” konzentrieren.
    Bisher noch keinen Haftbefehl vorgelegt
    10/16/2015 Druckversion ­ Reaktion auf Spionageaffäre: Rausschmiss erster Klasse ­ SPIEGEL ONLINE ­ Politik
    http://www.spiegel.de/politik/deutschland/spionage­bundesregierung­fordert­cia­vertreter­zur­ausreise­auf­a­980342­druck.html 2/3
    Erst am Mittwoch war ein neuer Spionageverdacht bekannt geworden, in diesem Fall verdächtigt
    die Bundesanwaltschaft einen Länderreferenten aus der Abteilung Politik des Wehrressorts,
    Informationen an einen US­Geheimdienst weitergegeben zu haben. Der Militärische
    Abschirmdienst (MAD) hatte den jungen Referenten, der seit gut einem Jahr in einer
    Unterabteilung für die Sicherheitspolitik tätig war, wegen des Verdachts schon seit 2010
    beobachtet, am Mittwoch dann rückten Ermittler vom Generalbundesanwalt im Ministerium an.
    Ob der Verdacht stichhaltig war, ist schwer zu bewerten. Zwar verdächtigte man den heutigen
    Referenten wegen seines engen Kontakts zu einem vermeintlichen US­Geheimdienstler, den er
    vor Jahren während eines Jobs im Kosovo kennengelernt hatte. Bisher aber fehlen Beweise, dass
    dieser den Deutschen tatsächlich abschöpfte. Er selbst bestreitet eine Agententätigkeit. In seiner
    Vernehmung habe der Mitarbeiter aus dem Wehrressort die Beziehung zu dem Amerikaner
    vielmehr als reine Männerfreundschaft bezeichnet. So berichtete es der Vertreter des
    Generalbundesanwalts im Kontrollgremium.
    Verdächtig erschien den Ermittlern nicht zuletzt eine Überweisung von 2.000 Euro, die der USAmerikaner
    vor einiger Zeit auf das Konto des Deutschen veranlasste. Auch hierfür habe der
    Ministeriumsmitarbeiter eine Erklärung gehabt: Das Geld, so soll er ausgesagt haben, sei im
    Rahmen einer Hochzeitsfeier geflossen und auch teilweise zurückgezahlt worden.
    Auch der Generalbundesanwalt sprach nach der Durchsuchung und der Vernehmung nur von
    einem Anfangsverdacht und beantragte noch nicht mal einen Haftbefehl. Trotzdem sorgte allein
    die Nachricht nur wenige Tage nach dem Bekanntwerden eines ähnlichen Falls beim
    Bundesnachrichtendienst (BND) für einen Schock.

    10. Juli 2014, 16:36 Uhr
    Von Matthias Gebauer und Veit Medick

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    © SPIEGEL ONLINE 2014

    114,70 Euro pro Blatt – Wieso zahlt die CIA so wenig?

    Ein BND-Mitarbeiter soll jahrelang für die CIA spioniert haben. In mehrstündigen nächtlichen Verhören gibt der mutmaßliche Doppelagent seine Geheimnisse preis, doch der Fall bleibt rätselhaft.

    Dieser „Signal Intelligence“-Kontrollraum gehört zwar zur BND-Zentrale, ist aber außerhalb des Geländes an einem geheimen Standort.
    Foto: Martin Schlüter
    Dieser “Signal Intelligence”-Kontrollraum gehört zwar zur BND-Zentrale, ist aber außerhalb des Geländes an einem geheimen Standort.
    Es war ein turbulenter Start für Silvia Reischer. Seit 25 Jahren arbeitet die Juristin beim Bundesnachrichtendienst (BND). Sie war Datenschutzbeauftragte, leitete das Rechtsreferat und war offizielle Vertreterin in Paris. Am 1. Juni übernahm Reischer im deutschen Auslandsdienst eine sensible Aufgabe. Präsident Gerhard Schindler ernannte die 54-jährige zur Leiterin der Abteilung Eigensicherung (SI). Als erste Frau in einer solchen Position ist sie fortan dafür zuständig, Mitarbeiter zu überprüfen.

    Ihr Job beginnt gleich mit einer Herausforderung, wie sie größer kaum sein könnte. Ein Mitarbeiter, von dem nur der Vorname Markus bekannt ist, soll zwei Jahre lang als Maulwurf für den amerikanischen Geheimdienst CIA tätig gewesen sein und diesem über 200 geheime und streng geheime BND-Dokumente übergeben haben.

    Vieles rund um diesen spektakulären Verrat ist noch nebulös, viele Fragen nicht beantwortet. Die “Welt” hat deshalb – soweit es im Moment überhaupt schon möglich ist – die Vorgänge rekonstruiert.

    “Appetit-Häppchen” für die Russen

    Der Verratsfall beginnt für die deutschen Sicherheitsbehörden, kurz bevor Reischer ihr Amt antritt, am 28. Mai. An diesem Tag schickt eine unbekannte Person eine E-Mail an das russische Generalkonsulat in München. Sie bietet den Russen streng geheime BND-Dokumente zum Kauf an. Um zu belegen, dass es sich nicht um einen Bluff handelt, fügt der anonyme Absender seinem Schreiben gleich drei BND-Papiere hinzu. Als “Appetit-Häppchen” sozusagen.

    Der Verfassungsschutz fängt die Mail ab. Russlands Geheimdienste agieren häufig aus den Botschaften und Konsulaten heraus. Deshalb überwacht der Verfassungsschutz regelmäßig den Mail- und Telefonverkehr in und aus den diplomatischen Vertretungen. Und so ging der Abteilung 4 des Verfassungsschutzes, “Spionageabwehr, Geheim- und Sabotageschutz”, auch jene mysteriöse Mail ins Netz, in der BND-Interna zum Kauf angeboten wurden.

    Beim Verfassungsschutz ist man sich sicher, auf einen Maulwurf gestoßen zu sein. Umgehend werden der BND und die Bundesanwaltschaft informiert. Am 10. Juni leitet Generalbundesanwalt Harald Range ein Ermittlungsverfahren wegen des “Verdachts der geheimdienstlichen Agententätigkeit” ein.

    Wer ist der Verräter im BND?

    Die Abteilung Eigensicherung des Auslandsgeheimdienstes schließt sich mit dem Verfassungsschutz zusammen. Was dann folgt, wird intern stolz als eine der besten Kooperationen bezeichnet, die es seit Langem zwischen den beiden Diensten, die nicht immer an einem Strang ziehen, gegeben haben soll. So lässt sich inzwischen vieles rekonstruieren.

    Da der BND-Verräter aus dem russischen Generalkonsulat keine Antwort erhält, beschließen die Verfassungsschützer, ihm eine Falle zu stellen. Sie kontaktierten den Maulwurf und geben sich als Mitarbeiter des russischen Geheimdienstes aus. Ob er nicht Interesse an einem Treffen habe, fragen sie. Der mutmaßliche Verräter aus den eigenen Reihen aber ist misstrauisch. Er antwortet nicht.

    Die Ermittler wissen allerdings, dass die Mail von einem Privatcomputer über einen Google-Account verschickt worden war. Und noch wichtiger: Er hat BND-Dokumente verschickt.

    Die Amerikaner sind verdächtig still

    “Wer hat Zugriff auf genau diese drei Dokumente? Und wer war an jenem Tag nicht an seinem Arbeitsplatz? Diese Fragen mussten wir klären”, erzählt ein BND-Mitarbeiter, der mit dem Fall betraut war.

    Zeitgleich mit den internen Ermittlungen des BND bringt der Verfassungsschutz mehr über die Mail-Adresse des Maulwurfs in Erfahrung. Da der Anbieter Google in den USA ansässig ist, liegt es nahe, die amerikanischen Behörden um Mithilfe in dem Fall zu bitten. Es kam zu einer offiziellen Anfrage des deutschen Inlandsgeheimdienstes an die US-Kollegen.

    Es folgte: keine Reaktion. “Das war sehr ungewöhnlich. Normalerweise bekommen wir in solchen Fällen schnell Amtshilfe”, berichtet ein Vertreter der Sicherheitsbehörden. Und noch etwas geschieht. Der BND-Maulwurf löscht urplötzlich sein Google-Mail-Konto. Die Spur ist auf einmal tot.

    Maulwurf “Markus” wird angezapft

    So konzentriert man sich beim BND weiter darauf, ausfindig zu machen, wer den Zugang zu den besagten internen Papieren hat. “Es war eine mühsame Puzzlearbeit”, heißt es im BND. Nach drei Tagen, am 10. Juni, ist der mutmaßliche Verräter schließlich eindeutig identifiziert: ein 31-jähriger BND-Mann mit dem Vornamen Markus, in der BND-Zentrale Bürosachbearbeiter in der Technischen Unterstützung der Abteilung EA (“Einsatzgebiete/Auslandsbeziehungen”), seit mehr als neun Jahren im Dienst.

    Noch klicken keine Handschellen. Man will den Maulwurf weiter beobachten. Seine Telefone werden angezapft, E-Mails und SMS mitgelesen. Dabei erfahren die Ermittler nach Informationen der “Welt”, dass der BND-Mann offenbar am 9. Juli einen Kontaktmann in Prag treffen will. So lange will man dann aber nicht mehr warten.

    Am Abend des 2. Juli verhaften Beamte des Bundeskriminalamtes (BKA) den Geheimdienstmitarbeiter, der sich gerade in Berlin aufhält, durchsuchen dessen Wohnung, beschlagnahmen Computer, Dokumente und Datenträger. Die Ermittler glauben zunächst, einen Zuträger für den russischen Geheimdienst geschnappt zu haben.

    Der ultimative Vertrauensbruch

    In einer ersten Befragung des Verdächtigen platzt dann aber die Bombe. “Ich arbeite seit 2012 für die Amerikaner”, sagt der BND-Mann offenbar. Ein amerikanischer Spion im deutschen Auslandsgeheimdienst? Das wäre ein Tabubruch unter westlichen Nachrichtendiensten. Der ultimative Vertrauensbruch. Und das bei vielen NSA-Veröffentlichungen von Edward Snowden, die auch den BND wegen seiner engen Zusammenarbeit mit den US-Geheimdiensten in die Kritik gebracht haben.

    Der BND-Mitarbeiter erklärt in einer mehrstündigen, nächtlichen Vernehmung durch das BKA, dass er im Jahr 2012 per E-Mail Kontakt mit der US-Botschaft in Berlin aufgenommen habe. Er habe den Amerikanern demnach interne BND-Papiere zum Kauf angeboten. Ein Mitarbeiter der CIA habe sich schließlich bei ihm gemeldet und sei auf das Angebot eingegangen. Insgesamt 218 BND-Dokumente habe er im Laufe der zwei Jahre bei drei Treffen in Österreich an den US-Agenten übergeben.

    Im Gegenzug soll er rund 25.000 Euro erhalten haben. Das Motiv für seinen Verrat sei Habgier gewesen, so der 31-jährige, der aufgrund einer schweren Erkrankung in seiner Jugend leicht sprach- und gehbehindert ist.

    BND-Papiere sind überraschend billig

    In den Sicherheitsbehörden ist die Skepsis über die Aussagen des enttarnten Verräters zunächst groß. Würden die Amerikaner wirklich derart plump einen deutschen Geheimdienstler anwerben? Wieso zahlte die CIA vergleichbar wenig Geld für die Papiere – umgerechnet 114,70 Euro pro Blatt? Waren diese Papiere tatsächlich den Aufwand konspirativer Treffen im Ausland wert?

    “Die Möglichkeit stand im Raum, dass der Mann nur dachte, er würde für die Amerikaner spionieren”, sagte ein Vertreter der Sicherheitsbehörden der “Welt”. “Aber in Wahrheit könnten andere Geheimdienste dahinterstecken. Beispielsweise die Russen.”

    “Anwerben unter falscher Flagge”, um das Vertrauen von Personen zu erschleichen und sie zur Zusammenarbeit zu bewegen, gehört zu den üblichen Methoden im Geschäft der Spione. Die angeblichen Treffpunkte – Salzburg, Wien, Prag – gelten zudem nicht als traditionelle Aktionsgebiete amerikanischer Dienste. Sondern eher des russischen Auslandsgeheimdienstes SWR.

    Spezialauftrag NSA-Untersuchungsausschuss

    Die vielen Fragen sind auch Thema in einer Sondersitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums am vergangenen Donnerstag. Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen und BND-Präsident Gerhard Schindler tragen den Obleuten hinter verschlossenen Türen den spektakulären Spionagefall im Detail vor. Noch sei unklar, ob die Angaben des BND-Mannes der Wahrheit entsprechen. Die deutschen Geheimdienstchefs halten sich mit einer abschließenden Bewertung zurück.

    Doch inzwischen gibt es kaum noch Zweifel. Die vergangenen Tage haben die BND-Mitarbeiter genutzt, um sich ein möglichst klares Bild zu machen. Die BND-Papiere, die an die CIA verkauft worden sein sollen, wurden gefunden. Immer wieder hätten die Amerikaner bei ihm Dokumente regelrecht “bestellt”, erzählte ein BND-Mann. “Mal wollten sie Papiere mit Bezug zu den USA, mal zu Deutschland”, sagt ein Vertreter der Sicherheitsbehörden. Zuletzt habe der Doppelagent einen besonderen Auftrag bekommen. “Sie haben ihm wohl gesagt: Schau doch mal, ob du was zum NSA-Untersuchungsausschuss findest.”

    Der BND-Mitarbeiter hatte die vertraulichen Papiere auf einem USB-Stick gespeichert. Und dann gibt es da noch einen seltsam präparierten Computer. Über eine Wetter-App konnte der Spion per Mausklick eine Kryptosoftware starten, die eine anonyme Kommunikation ermöglicht. Ein Werkzeug für Nerds – und für Spione.

    Eine Notfall-Telefonnummer in New York

    “Alle Hinweise sprechen dafür, dass der Mann die Wahrheit sagt. Er hat wohl tatsächlich für die Amerikaner gearbeitet”, heißt es in Sicherheitskreisen. In der Vergangenheit hätten die US-Dienste sich mehrfach bei ihren deutschen Kollegen gemeldet, wenn jemand deutsche Geheimdienstinterna an sie verkaufen wollte. In diesem Fall aber sei dies nicht erfolgt.

    Im Verhör hat der Maulwurf den Ermittlern zudem gesagt, dass sein amerikanischer Kontaktmann ihn mit einer Notfall-Telefonnummer ausgestattet habe. “Es ist ein Anschluss in New York”, heißt es aus Sicherheitskreisen. Vermutlich tatsächlich zur Kontaktaufnahme mit dem US-Geheimdienst.

    Es stellt sich die Frage, warum die Amerikaner derartige Risiken für das Verhältnis zwischen den USA und Deutschland eingegangen sind. Was wollten sie erfahren? Der Schaden mit Blick auf den Geheimnisverrat ist jedenfalls ziemlich gering. Zwei Dokumente mit Bezug zum Untersuchungsausschuss habe der BND-Mitarbeiter gestohlen und geliefert. Wirklich brisant sind aber offenbar auch diese Unterlagen nicht. “Was wollten die Amerikaner mit diesen Papieren?”, fragt ein BND-Mitarbeiter. “Sie hätten sie vermutlich auf Nachfrage sowieso bekommen.”

    Von Florian Flade
    25. Jul. 2014, 12:37

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    Obskure Verbindung zwischen Spionagefällen

    Während das Weiße Haus erstmals seine Verstimmung über den deutschen Umgang mit der BND-Spitzelaffäre zum Ausdruck bringt, offenbart sich eine merkwürdige Verbindung der beiden Spionage-Fälle.

    Zwischen den Spionageverdachtsfällen im Bundesverteidigungsministerium und beim Bundesnachrichtendienst (BND) gibt es neuen Medienberichten zufolge einen Zusammenhang. (Link: http://www.sueddeutsche.de/politik/geheimdienst-affaere-in-deutschland-kuriose-verbindung-zwischen-spionagefaellen-1.2041674) Eine Anfrage des Verfassungsschutzes zum betroffenen Mitarbeiter des Ministeriums in Berlin sei ausgerechnet beim BND-Mann im bayerischen Pullach gelandet, der später wegen Spionage festgenommen wurde, berichteten die “Süddeutsche Zeitung” sowie der Norddeutsche und der Westdeutsche Rundfunk am Freitag. Weitere Einzelheiten zu den Umständen wurden nicht genannt.

    Der Verfassungsschutz hatte dem Bericht zufolge den Verdacht, dass der Ministeriumsmitarbeiter für Russland spionieren könnte. Dies habe sich aber offenbar später als falsch erwiesen. Der Mann, der beim BND in der Poststelle arbeitete, habe jedoch die Anfrage dem russischen Generalkonsulat in München geschickt – mutmaßlich um zu zeigen, welches Geheimmaterial er beschaffen könne.

    Beide Männer stehen im Verdacht, für die USA spioniert zu haben. Nach Bekanntwerden der Fälle reagierte die Bundesregierung am Donnerstag und forderte den Geheimdienstvertreter an der US-Botschaft in Berlin auf, das Land zu verlassen. Regierungssprecher Steffen Seibert rechnete am Freitag damit, dass er der Aufforderung nachkommen werde.

    Das Weiße Haus zeigt sich verstimmt

    Die US-Regierung hat Deutschland derweil aufgefordert, den Ärger über die Spionageaffäre intern zur Sprache zu bringen. Es sei nicht sinnvoll, das Thema durch die Medien zu diskutieren, sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Josh Earnest, am Freitag in Washington. “Alle Differenzen, die wir haben, sind am effektivsten über bestehende interne Kanäle zu lösen, nicht über die Medien.”

    Earnest kritisierte zwar nicht ausdrücklich Äußerungen der Bundesregierung, fügte aber hinzu, deshalb wolle sich die US-Regierung nicht öffentlich zu den Vorwürfen äußern. Präsident Barack Obama schätze den Wert der Zusammenarbeit zwischen deutschen und amerikanischen Geheimdiensten.

    Zugleich gab es in US-Medien am Freitag erstmals scharfe Kritik an den Reaktionen in Berlin. In einem Kommentar in der Zeitung “Wall Street Journal” war von “gekünstelter Empörung” die Rede. Deutschland wisse, dass auch befreundete Staaten sich gegenseitig ausspionieren.

    Hofreiter spricht von “Ablenkungsmanöver”

    Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter hat das Verhalten der Bundesregierung in der Spionageaffäre scharf kritisiert. Die Ausweisung des obersten US-Geheimdienstrepräsentanten sei “ein Ablenkungsmanöver”, sagte er der “Welt am Sonntag”.

    Die Bundesregierung spiele Empörung und gehe die tatsächlichen Probleme – die Massenüberwachung der Bürger – nicht an. Die Bundesregierung müsse dem früheren US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden, der die NSA-Abhöraffäre ausgelöst hatte, sicheren Aufenthalt gewähren, damit er in Deutschland gehört werden könne, forderte Hofreiter. Außerdem sei es “höchste Zeit, die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen sofort zu stoppen”.

    24. Jul. 2014, 13:57

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    Geheimdienst-Affäre in Deutschland Kuriose Verbindung zwischen Spionagefällen

    Die US-Spionage-Affäre erreicht die nächste Stufe: Der Verdacht gegen einen Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums landete beim BND – ausgerechnet auf dem Schreibtisch des Mannes, der später selbst überführt wurde.

    Zwischen den beiden Spionagefällen, die derzeit das Verhältnis zwischen Deutschland und den USA belasten, gibt es einen kuriosen Zusammenhang. Der eine Fall betrifft einen Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums in Berlin, der andere einen Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes (BND) in Pullach. Bisher hatte es so ausgesehen, als seien die Fälle gar nicht miteinander verbunden.

    Das stimmt aber nicht. Nach Informationen von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR landete der Verdachtsfall aus dem Ministerium ausgerechnet auf dem Schreibtisch jenes BND-Mannes, der später selbst wegen Spionage verhaftet wurde.

    Der Verfassungsschutz hatte sich beim BND routinemäßig nach dem Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums erkundigt, weil es den Verdacht gab, dieser könnte für die Russen spionieren. Das hat sich später offenbar als falsch erwiesen. Der BND-Mann Markus R. jedoch soll die Anfrage, die der BND erhielt, dem russischen Generalkonsulat in München geschickt haben. Er wollte wohl zeigen, was er alles an Geheimmaterial beschaffen könnte. Denn R. soll zeitweise den Plan verfolgt haben, seine Dienste auch den Russen anzubieten, nachdem er zuvor bereits Material an die Amerikaner verraten haben soll. Der BND-Mitarbeiter Markus R. war über die US-Botschaft in Berlin in Kontakt zur CIA gekommen. Er hatte im Jahr 2012 eine E-Mail an die Botschaft geschickt. Daraufhin meldete sich bei ihm ein US-Nachrichtendienstler namens Craig. Botschafter war damals Philip Murphy, dessen Nachfolger, John B. Emerson, ist erst seit Sommer 2013 im Amt. Markus R. wurde Anfang Juli 2014 festgenommen und gestand dann seine Zusammenarbeit mit der CIA.

    Vor der Ermittlungsrichterin des Bundesgerichtshofs zeigte er sich erleichtert, dass alles herausgekommen sei. Ein Psychiater soll als Sachverständiger ein Gutachten anfertigen. Er hat R. am Freitag erstmals im Gefängnis besucht. Es wird damit gerechnet, dass der Beschuldigte bald in ein bayerisches Gefängnis verlegt wird, da ihm vermutlich vor dem Oberlandesgericht München der Prozess gemacht werden soll. Der Anwalt des BND-Mannes, Klaus Schroth, sagte, sein Mandant sei “völlig überrascht” vom Ausmaß der Affäre.

    In der deutschen Politik ist die Empörung über die Amerikaner weiterhin groß. “Ich bin in gewisser Weise sprachlos”, sagte Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) als Vorsitzender der Deutschen Atlantischen Gesellschaft.

    Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) will am Wochenende mit seinem US-Kollegen John Kerry sprechen. Die Partnerschaft mit den USA sei “trotz der Vorgänge der letzten Wochen, die beunruhigend waren”, ohne Alternative, sagte Steinmeier. Deutschland sei bereit, die Freundschaft “auf ehrlicher Grundlage” neu zu beleben.

    Frank-Walter Steinmeier Steinmeier zur BND-Spionageaffäre
    Steinmeier zur BND-Spionageaffäre
    “Wir wollen offenen Meinungsaustausch pflegen”
    Schon wieder US-Spionage in Deutschland. Aber zur Partnerschaft mit den USA gebe es trotz der Vorgänge keine Alternative, sagte Steinmeier.

    Die Bundesregierung hatte am Donnerstag den hiesigen Vertreter der US-Geheimdienste aufgefordert, Deutschland zu verlassen.

    Die US-Regierung reagierte verstimmt. “Differenzen” sollten nicht über die Medien ausgetragen werden, sagte ein Sprecher.

    11. Juli 2014 18:30

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    Andrew M., der verräterische amerikanische Freund

    Ein Deutscher soll für den US-Geheimdienst spioniert haben. Verdächtig macht ihn sein Kontakt zu einem rätselhaften Politologen aus Washington, der schon anderen unmoralische Angebote gemacht hatte.

    Eine Tagung in Washington D.C. vor ein paar Wochen im Juni: Auf dem Podium sitzt ein Mann mit kariertem Sakko, der sich die Lesebrille auf die Nasenspitze gezogen hat. Seinen Vortrag über Sicherheitspolitik liest der Amerikaner größtenteils vom Blatt ab. Andrew M. ist Dozent für Internationale Beziehungen an der George Washington Universität. Seine Biografie weist ihn als Experten in Konfliktgebieten aus.

    Jene, die dem Politologen schon einmal persönlich begegnet sind, beschreiben ihn als “freundlich”, “engagiert”, “amerikanisch offensiv”. Allerdings sei Andrew M. auch eine “undurchsichtige Person”. Dazu passt, dass der 52-Jährige in eine Spionageaffäre (Link: http://www.welt.de/themen/spionage/) verwickelt ist. Er steht im Verdacht, einen Mitarbeiter des deutschen Verteidigungsministeriums als Agenten für einen US-Geheimdienst geführt zu haben: Leonid K., 37 Jahre alt, bis zu seiner Beurlaubung Länderreferent in der Politikabteilung.

    Seit Ende April beschäftigt der Schwabe, der mit seiner Familie vor den Toren Berlins lebt, die Bundesanwaltschaft. Sie ermittelt gegen ihn wegen des Verdachts der geheimdienstlichen Agententätigkeit (Link: http://www.welt.de/129930340) .

    Geheimnisse gegen Geschenke

    Zunächst sah es so aus, als ob sich der Vorwurf in Luft auflösen würde. K. wurde zwar vernommen, aber nicht verhaftet. Nachdem am 9. Juli sein Arbeitsplatz und seine Wohnung durchsucht worden waren, werden jetzt immer mehr Details bekannt. Ein Nachrichtendienstler, der den Fall gut kennt, sagte: “Wenn ich die Bundesanwaltschaft wäre, würde ich Anklage erheben. Die Indizien für eine Spionagetätigkeit sind sehr stark.” K., der von dem US-Bürger M. mehrfach Geschenke angenommen hat, soll vertrauliche Militärunterlagen übergeben haben, zuletzt im Frühjahr dieses Jahres.

    Ab 2008 war der Deutsche als Politik-Berater im Kosovo, bezahlt vom Auswärtigen Amt. Damals lernte er den Amerikaner kennen, der unter anderem half, den kosovarischen Nachrichtendienst aufzubauen. Offenbar verfügte er über Expertise. Zwischen ihm und K. entwickelte sich eine Freundschaft – mit Folgen. Denn im August 2010 erreichte den Verfassungsschutz ein anonymes Schreiben. K. stehe als Spion im Dienste der Russen, behauptete der Verfasser und verwies auf konspirative Treffen in der Türkei und auch in Ungarn.

    Die Spionageabwehr ging dem Hinweis nach und fand heraus, dass K. tatsächlich zwei Mal pro Jahr in die Türkei reiste, jeweils im Frühjahr und im Herbst. Dabei stieg er immer in anderen Hotels ab. Nach Informationen dieser Zeitung wurde ein türkischer Partnerdienst gebeten, den Verdächtigen zu observieren. Die Agenten vom Bosporus notierten, dass sich der Deutsche stets mit derselben Person traf: mit dem Amerikaner M.

    “Seine Biografie riecht nach Agententätigkeit”

    Die Reisen nach Ungarn stellten sich dagegen als harmlos heraus. K. hatte dort nur eine Freundin besucht. Anders als diese Dame blieb Andrew M. interessant. “Seine Biografie riecht nach Agententätigkeit”, sagt ein Geheimdienstexperte. Nach seiner Einschätzung sind schon die beruflichen Stationen auffällig. M. hatte eng mit dem privaten US-Sicherheitsdienstleister “DynCorp” zu tun, er beteiligte sich am Aufbau des Militärs in Liberia und beriet Polizeibehörden auf dem Balkan. Zudem erfüllte er Aufträge in Pakistan, Sudan, Jamaika, Guatemala und Kirgisien.

    Ein Wissenschaftler berichtet von merkwürdigen Begegnungen mit M. Dieser habe ihm vor Jahren einen Vertrag über eine Zusammenarbeit angeboten, der so lukrativ dotiert gewesen sei, dass er dahinter ein unmoralisches Angebot vermutet habe. “Es würde mich nicht wundern, wenn Andrew für einen Geheimdienst arbeiten würde”, sagt der Akademiker.

    Leonid K. wiederum wurde im Sommer 2013 trotz des Verdachts vom Verteidigungsministerium eingestellt. Seine Beobachtung übernahm nun der Militärische Abschirmdienst, der schließlich die Bundesanwaltschaft einschaltete. Dumm nur, dass vor der Razzia in der vergangenen Woche die US-Geheimdienste längst von dem Verdacht gegen K. wussten.

    “Andrew ist absolut integer”

    Grund dafür war eine Anfrage der Deutschen zu seiner E-Mail-Adresse. Kurz darauf soll das mutmaßliche Agentenduo vereinbart haben, nur noch über Skype miteinander zu kommunizieren. Diesen Internet-Telefondienst können deutsche Sicherheitsbehörden offenbar nicht knacken.

    Leonid K. bestreitet, ein Verräter zu sein. Er verbucht den ganzen Fall unter der Kategorie “Wahnsinn”, wie er der “Süddeutschen Zeitung” dieser Tage sagte. Hat er von der möglichen nachrichtendienstlichen Anbindung seines Vertrauten M. nichts geahnt? K. nimmt ihn ausdrücklich in Schutz: “Andrew ist absolut integer.” Anfragen dieser Redaktion ließ er unbeantwortet. Sein amerikanischer Freund war gegenüber dieser Zeitung ganz kurz angebunden. Am Telefon sagte er nun: “Ich kann nicht mit Ihnen sprechen.”

    Von Dirk Banse, Manuel Bewarder , Florian Flade und Uwe Müller
    24. Jul. 2014, 13:32

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    EX-CIA-CHEF “Ich hätte ihn weggeschickt”

    Der ehemalige Berliner CIA-Chef Joseph W. Wippl erklärt die ruppigen Methoden der US-Agenten in Deutschland – und macht der Bundesregierung ein paar Vorschläge

    Es braucht eine Reihe von E-Mails, bis Joseph W. Wippl, der ehemalige CIA-Resident in Deutschland, sich zu einem Gespräch bereit erklärt. Eigentlich will er nur noch seinen Ruhestand genießen, nach 30 Jahren US-Geheimdienstarbeit. Wippl war als Agent und Agentenführer unter anderem in Guatemala, Mexiko, Madrid und Wien eingesetzt. Von 1998 bis 2001 war er CIA-Chef für Europa, von 2001 bis 2003 Stationschef in Berlin. Wir treffen Wippl in einer Hotellobby in Berlin-Mitte. Seine einzige Bedingung für das Interview: kein Foto von ihm in der Zeitung, bitte.

    DIE ZEIT: Herr Wippl, hatten Sie in Ihrer Zeit als Berliner CIA-Chef einfach nur Glück, dass Ihre deutschen Informanten nicht aufgeflogen sind?

    Joseph W. Wippl: Nein. So etwas haben wir nicht gemacht, als ich hier war, das war für uns keine Frage.

    ZEIT: Wirklich? Es war eine ziemlich aufgeheizte Zeit damals, nach 9/11 und vor dem Irakkrieg.

    Wippl: Es war eine extrem schwere, auch eine sehr emotionale Zeit. Einige von uns wollten gleich raus und Leute verhaften. Für mich war es schwierig, meinen Mitarbeitern zu erklären, dass wir es in Deutschland mit einer konstitutionellen, rechtsstaatlichen Demokratie zu tun haben, von denen es in der Welt nicht viele gibt. Man kann hier nicht einfach rausgehen und ohne Beweise Leute festnehmen.

    Dieser Artikel stammt aus der aktuellen Ausgabe der ZEIT, die Sie am Kiosk oder online erwerben können.
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    ZEIT: Ihre Agenten neigen zu Methoden, die sie in weniger rechtsstaatlichen Ländern eingeübt haben?

    Wippl: Die CIA hat sich in den vergangenen Jahrzehnten stark in Richtung einer Dritte-Welt-Agentur entwickelt: Agenten arbeiten oft in Ländern, in denen Gesetze wenig zählen und die USA großen Einfluss haben. Ich habe selbst in solchen Ländern Dienst getan. Das ist etwas komplett anderes, als in Deutschland, Italien oder Frankreich auf Posten zu sein, und manchmal ist es in der Tat so, dass Leute ihre Erfahrungen von dort auf völlig andere Länder übertragen. Das Bewusstsein, dass Amerika eine Supermacht ist, befördert eine gewisse Macho-Mentalität, nach dem Motto: Wir erklären diesen Deutschen jetzt mal, wie die Sache läuft. Im Unterschied zum Außenministerium kümmert sich die CIA zu wenig um die Ausbildung ihrer Leute.

    ZEIT: Werden CIA-Agenten nach Einsätzen in der Dritten Welt auf europäische Posten gesetzt, damit sie sich hier abkühlen?

    Wippl: Das kann ein Problem sein. Sie kommen hierher, sprechen die Landessprache nicht, sie sind gerade in Afghanistan auf zwölf Zylindern gelaufen und müssen hier plötzlich runterkommen auf vier Zylinder.

    ZEIT: Ihr aktueller Nachfolger wurde gerade aus Deutschland ausgewiesen. Ist das angemessen?

    Wippl: Als die Sache öffentlich wurde, hatte die Bundesregierung keine Wahl. Sogar wenn man die Sache unter dem Deckel gehalten hätte, hätte es irgendwen treffen müssen. Ich war selber in Situationen – nicht in Deutschland –, in denen ich gefragt wurde, ob ich freiwillig jemanden nach Hause schicken würde. Wenn das passiert, sorgt man dafür, dass derjenige still und heimlich seine Koffer packt.

    ZEIT: Waren Sie ernsthaft überrascht zu hören, dass die CIA Informanten beim BND und im Verteidigungsministerium angeworben hat?

    Wippl: Ich habe mich gefragt, warum. Klar, jeder Nachrichtendienst bewahrt seine Geheimnisse. Wenn es allerdings etwas gab, was die Vereinigten Staaten wirklich wissen mussten, dann hatte ich immer den Eindruck, dass die Deutschen ihnen dies weitergegeben haben. Umgekehrt übrigens auch. Deswegen verstehe ich diese Aktionen nicht. Gut, man muss auch sagen, dass der BND-Mann sich ja offenbar angeboten hat. Dann hat man natürlich dieses alte “Führe mich nicht in Versuchung”-Problem. Steckte schlechte Aufsicht dahinter? Ich weiß es nicht.

    ZEIT: Wie hätten Sie denn reagiert, wenn einer Ihrer Agenten gesagt hätte, ich habe hier jemanden vom BND, der uns Informationen anbietet?

    Wippl: Wahrscheinlich hätte ich ihn einfach weggeschickt.

    ZEIT: Im Ernst? Ist es für einen Geheimdienst nicht legitim, die Absichten einer Regierung auszuspionieren – selbst die einer befreundeten?

    Wippl: Ja, generell stimmt das. Allerdings haben wir mit Deutschland einen besonderen Fall. Es gibt die Supermacht USA. Und es gibt Deutschland, das wahrscheinlich mächtigste mittelgroße Land der Welt und der dominante Staat der Europäischen Union. Deswegen ist Deutschland von so großer Bedeutung für uns – ja, es sollte wahrscheinlich sogar von noch größerer Bedeutung sein. Ob es um Handelsverträge geht, um die Ukraine, um die Nuklear-Verhandlungen mit dem Iran oder den Nahen Osten – Deutschland ist für uns wichtig.

    ZEIT: Vielleicht sollte man die Bundesregierung genau deswegen nicht ausspionieren.

    Wippl: Dahinter steckt ein politisches Problem, kein nachrichtendienstliches. Es braucht zwischen Deutschland und Amerika einfach eine neue politische Grundlage für die Geheimdienstbeziehungen. Damit meine ich kein No-Spy-Abkommen, sondern eine special relationship, ähnlich einer Aufnahme in den Five-Eyes-Club (siehe Kasten) , eine neue Beziehung mit Deutschland – und vielleicht auch mit einigen anderen Ländern.

    DIE “FIVE EYES”
    sind die Geheimdienste der USA, Großbritanniens, Kanadas, Neuseelands und Australiens. Sie haben ein Abkommen über eine enge Zusammenarbeit getroffen, teilen sich Abhörtechnik und spionieren einander nicht aus. Deutschland hätte mit solchen Vereinbarungen Probleme: Daten massenhaft zu erfassen ist hier verboten.

    ZEIT: Wie soll die genau aussehen? Angeblich haben die Amerikaner den Deutschen schon eine engere Zusammenarbeit der Geheimdienste angeboten. Deutschland soll wegen seiner nationalen Gesetze abgelehnt haben. Die wiederum sind Reaktionen auf die üblen Erfahrungen mit Gestapo und Stasi.

    Wippl: Es gibt hier eine andere nachrichtendienstliche Kultur, ja. Deswegen muss es eine andere Art Sonderbeziehung mit Deutschland geben, eine, die den Deutschen die Sicherheit gibt, dass die CIA nicht versucht, Informanten anzuwerben, und dass man Angela Merkels Telefon genauso wenig abhört wie das von David Cameron. Die Deutschen sollten auf eine solche besondere Beziehung bestehen. Ich würde, wenn ich könnte, den Zweiten Weltkrieg, den Kalten Krieg und auch die 9/11-Ära ein für alle Mal für beendet erklären. Die Sicherheitsbehörden Amerikas und Europas haben doch außerordentlich gut zusammengearbeitet, wir haben seit Langem jeden größeren Anschlag verhindert, wir haben die Szene unter Beobachtung.

    ZEIT: Ein gutes Klima kann sich schnell abkühlen. In Ihrer Berliner Zeit, kurz vorm Irakkrieg, entdeckte Kanzler Gerhard Schröder plötzlich den Reiz, mit Antiamerikanismus zu spielen.

    Wippl: Stimmt.

    ZEIT: Und Sie wollen sagen, dass Sie seine Telefonate nicht abgehört haben?

    Wippl: Nein, haben wir nicht. Ich wünschte, wir hätten es gekonnt (lacht), aber wir konnten es nicht. Wissen Sie, Spionage ist ein ziemlich weiter Begriff. Wo hört die Übereinstimmung zweier Seiten auf, und wo beginnt der Einfluss auf die andere? Das Entscheidende ist doch: Ich kann ein tiefes Verständnis der deutschen Politik gewinnen, ohne Informanten zu rekrutieren oder irgendetwas Illegales zu tun.

    ZEIT: Einige Ihrer Kollegen trauen den deutschen Diensten nicht, weil sie seit dem Ost-West-Konflikt von russischen Maulwürfen untergraben seien.

    Wippl: Na ja, das dachten wir von den Briten auch, zu Recht, wie sich gezeigt hat. Dann entdeckten wir Sowjetspione bei der CIA. Diese Unterwanderung kann jedem Dienst passieren, das gehört zum Spionage-Business.

    ZEIT: Deutschland hat in Europa die engsten Beziehungen zu Russland, wirtschaftlich und politisch. Ist das nicht ein guter Grund, herauszufinden, was genau die Bundesregierung denkt?

    Wippl: Die deutsch-russischen Beziehungen zu verfolgen ist für unsere Diplomaten und Geheimdienstler sehr wichtig. Wie man das macht, ist eine andere Sache.

    ZEIT: Die Deutschen, das zeigen viele Umfragen, scheinen von der West-Bindung nicht mehr ganz überzeugt zu sein. Wie sieht man das in Washington?

    Wippl: Es sollte uns kein Unbehagen bereiten. Aber natürlich gibt es Leute, denen bei vielem unbehaglich ist …

    ZEIT: … das ist geradezu der Job von Geheimdienstlern.

    Wippl: Nachrichtendienste sollten 20, 30 Jahre vorausschauen, diese Fähigkeit fehlt uns wirklich. Vor dem Irakkrieg hatten wir dort keine einzige Quelle. Das hätten wir ändern sollen, bevor das Land feindselig wurde. Was wissen wir heute über die Muslimbruderschaft? Verstehen wir wirklich die saudische Königsfamilie? Es ist natürlich schwer für einen CIA-Direktor, dem Präsidenten zu sagen, dass wir trotz des Abzugs aus dem Irak und aus Afghanistan dort weiter unsere Agenten brauchen. Aber er sollte es ihm sagen. Bei Geheimdienstarbeit geht es darum, Dinge zu verstehen, nicht Dinge zu verändern.

    ZEIT: Hat sich die CIA in den vergangenen zehn Jahren zu sehr darauf verlassen, Telefonate, Mails und das Internet zu überwachen?

    Wippl: Ich würde sagen: in den vergangenen dreißig Jahren! Wir dachten immer, elektronische Aufklärung sei sauber. Aber sie hat einen großen Nachteil. Man kann nie zurückfragen: Was meinst du genau damit? Das Ironische an der ganzen Snowden-Affäre ist doch, dass die Geheimdienstler dachten, sie können damit nicht auffliegen. Wahrscheinlich steht der NSA jetzt bevor, was der CIA in den achtziger und neunziger Jahren widerfahren ist: mehr Kontrolle, mehr Aufsicht durch den Kongress und durch die Gerichte. Überhaupt denke ich, dass Amerika sich hier und da auf der Welt stärker zurückhalten könnte. Die Ukraine ist nun wirklich ein europäisches Problem. Wir müssen aufhören, jedem Ratschläge zu erteilen.

    ZEIT: Einen aber, bitte: Was raten Sie dem neuen CIA-Residenten in Berlin?

    Wippl: Ich würde ihm sagen: Tu, was du kannst, um Glaubwürdigkeit zu gewinnen.

    EIN INTERVIEW VON JOCHEN BITTNER
    17. Juli 2014 07:15 Uhr

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    Germany NSA’s main target, claims ex-staffer

    Germany became the NSA’s “number one” spying zone after the 2001 attacks by al Qaeda on New York, says a former NSA staffer. Thomas Drake told the news magazine Spiegel that the US saw it could no longer rely on Germany.
    Thomas Drake Whistleblower der NSA
    Drake, an NSA executive turned whistleblower, said the US National Security Agency (NSA) wanted to punish Germany to a “certain extent” for failing to notice that an al Qaeda terrorist cell had planned the attack series from Hamburg.
    The cell led by Mohammed Atta and recruited by the late al Qaeda head Osama bin Laden from Afghanistan rammed airliners into New York’s twin towers and the Pentagon near Washington on September 11, 2001, killing nearly 3,000 people.
    Drake, who is to testify next Thursday to the German parliament’s NSA inquiry committee, said the NSA decided it could “no longer” trust Germany because the cell had “lived, trained and communicated” unnoticed by the German intelligence authorities.
    Ironically, afterwards, the NSA intensified its liaison with Germany’s BND foreign intelligence service “because the NSA wanted to have more control over what your boys are doing here,” Drake told Spiegel.
    Ties ‘unusually close’
    Those NSA-BND ties became “unusually close,” said the former NSA executive, adding that the liaison hardly differed from official exchanges under the decades-old ” Five Eyes” alliance between the US, Britain, Canada, Australia and New Zealand.
    While US President Barack Obama had reassured German Chancellor Angela Merkel that the NSA no longer eavesdropped on her mobile phone, “all other Germans are apparently regarded by the NSA as suspects,” the 57-year-old said.
    Drake said Germany’s ties dated back to the Cold War, with the NSA remaining the “master” in “this unequal relationship” that often resembled a one-way street.
    “One of the elephants in the room – that no-one apparently sees – is Germany with its engineering expertise. It is extremely tempting to look at all of that; new products, new methods, new technologies,” he said.
    The NSA’s “densely knit” network used electronic listening posts in Germany, Drake said.
    “All of Europe’s important, also economically important, data flows through Germany,” he added.
    Prosecute NSA, says lawyer
    US lawyer Jesselyn Radack, who represents whistleblowers, also told Spiegel that Germany’s federal prosecutors should summon NSA officials responsible for surveillance in Germany.
    “And, if they don’t respond, then it should become more difficult for them to make a nice, small family trip to Europe, because they would then be sought under warrant,” she said.
    Radack claimed the true intention of the NSA’s mass data gathering was to exercise broad control, not principally to avert terrorist attacks by finding the “needle in the haystack.”
    “It’s about control over the population and economic espionage,” she said.
    Used official channels
    After 2001, Drake used official channels within the NSA to air his disquiet about capabilities to breach citizens’ privacy before going public from 2006. Serious charges later were dropped, but in 2011 he was convicted for a misdemeanor.
    Drake was part of a 1990s data-collection development team. In January, he was among former NSA staffers who wrote to Obama recommending dramatic curbs on government surveillance of Americans’ phone and Internet usage.
    ipj/tj (AP, AFP)
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