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  • Erdogans SchattenkriegerSo ungeniert spioniert Erdogan seine Gegner aus – mitten in Deutschland

    Türkische Spione in Deutschland sollen Erdogan-Gegner ans Messer geliefert haben. Ein Prozess gegen einen Top-Spion zeigt jetzt, wie Ankaras Geheimdienst massiv Spitzel nach Deutschland einschleust.
    Richterin Yvonne O. geriet ins Stocken. Die Verlesung des Haftbefehls gegen den mutmaßlichen türkischen Spion Taha Gergerlioglu, 59, hatte um 11.30 Uhr just begonnen, da stolzierte ein elegant gekleideter Herr in den Verhandlungssaal. Der Mann übersah mit diplomatischer Arroganz die einfachen Justizbeamten und erwartete Respekt. Immerhin, sagte er zu der Haftrichterin am Karlsruher Bundesgerichtshof, sei er der türkische Generalkonsul Serhat Aksen, 44. In schwerer Stunde wolle er seinem Landsmann Gergerlioglu beistehen, eingesperrt wegen angeblicher feindlicher Agententätigkeit in Deutschland.
    Die sichtlich überraschte Richterin wollte gerade weiter den Haftbefehl vortragen, als das Telefon neben ihr klingelte. Ein Anwalt teilte im Auftrag eines Professors aus Ankara mit, dass der mutmaßliche Agentenführer zum einflussreichen Beraterstab des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan gehöre.
    „Damit“, so ein Ermittler zu FOCUS, „war die Katze aus dem Sack. Die Türken haben versucht, massiv auf die deutsche Justiz einzuwirken.“ Die mutmaßliche Botschaft, überbracht von Generalkonsul und Professor: Wenn dem Angeklagten auch nur ein Haar gekrümmt wird, bekommt ihr Erdogans Jähzorn zu spüren.
    Den Boss nennen sie “Großbruder”
    Die Bundesanwaltschaft stuft die Intervention im Gerichtssaal durchaus als „besonderen Umstand“ ein, lässt sich ansonsten aber nicht irritieren. Auch wenn Erdogans Top-Spion eine hohe Stellung im Staatsgefüge der Türkei bekleide, so sei er nach Staatsschutz-Ermittlungen gleichwohl der Anführer eines Agentenrings in der Bundesrepublik. Zwei seiner besonders aktiven Spitzel, der Arbeitslose Göksel G., 34, aus Bad Dürkheim und Reisekaufmann Duran Y., 59, aus Wuppertal, werden sich mit ihrem Chef Gergerlioglu vor Gericht verantworten müssen.
    Die Spionage-Clique hatte ein klares Ziel: Verfolgung und Ausspähung von türkischen und kurdischen Dissidenten, die bei der Rückkehr in ihre Heimat vermutlich verhaftet und gefoltert wurden. Ende April 2014 teilte zum Beispiel Duran Y. seinem Führungsoffizier Gergerlioglu mit, dass einer der „Hetzer“ gegen Erdogan bald in die Türkei fahre. Der Boss, von seinen Spitzeln stets demütig als „Großbruder“ oder „Gouverneur“ angesprochen, versprach, dass man das Lästermaul nach der Einreise in die Türkei „sofort fertigmachen“ werde.
    In Deutschland lebende Aktivisten der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) sowie rebellische Jesiden waren in den Augen des Erdogan-Vertrauten die größten Staatsfeinde. Überdies galten auch Kommunisten der Partei DHKP-C als Top-Zielpersonen.
    Das Stammkapital kommt aus der Operativ-Kasse
    Der vierfache Familienvater Gergerlioglu, seit Studentenzeiten ein fleißiger Unterstützer Erdogans islamischkonservativer Partei AKP, begann offenbar 2011 seine erste Geheimmission in Deutschland. In Bad Dürkheim gründete der Textilingenieur mit seinem Komplizen Göksel G. eine Agentur zur Beratung von Firmen im deutsch-türkischen Handel. Eine Tarnadresse?
    Das Stammkapital von 25 000 Euro kommt offenbar aus der Operativ-Kasse von Hakan Fidan, 46, Boss des mächtigen und allseits gefürchteten Geheimdienstes MIT. Fidan, Intimus von Erdogan, führt Agentennetze im In- und Ausland. Seine Kundschafter in Deutschland sind ihm besonders wichtig. Umso mehr dürfte es ihn geschmerzt haben, dass seine Spitzenkraft Gergerlioglu im Untersuchungsgefängnis landete.
    Fidan, ein intelligenter und bulliger Typ, kennt die deutschen Sicherheitsbehörden sehr gut. Als türkischer Verbindungsoffizier zur Nato war er eine Zeitlang am „Allied Command Europe Rapid Reaction Corps“ in Mönchengladbach-Rheindahlen stationiert. Seit dieser Zeit gilt er als großer Fußballfan von Borussia Mönchengladbach.
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    So smart Fidan wirken mag, so knallhart setzt er Erdogans Ideen um. Vor knapp zwei Jahren protokollierte der US-Geheimdienst NSA ein Telefonat von Fidan, in dem er mit einem hohen Offizier den heimtückischen Plan erörterte, in einer verdeckten Operation von syrischer Seite aus das Grabmal eines berühmten türkischen Religionslehrers beschießen und zerstören zu lassen.
    Nach Fidans Konzept hätte dies der Anlass sein können, mit türkischen Truppen in Syrien einzumarschieren. Der Plan liegt bis heute in der Schublade. Stattdessen muss Erdogans Adlatus seit Monaten sein Image aufpolieren. Nahezu alle Geheimdienste in Europa werfen ihm vor, gefährliche Islamisten auf dem Weg nach Syrien ungehindert durch die Türkei ziehen zu lassen. Fahndungsersuchen aus Deutschland oder Frankreich wurden nachweislich missachtet.
    Seinem Top-Spion Gergerlioglu und dessen Komplizen war offenbar kein Trick zu schmutzig. Ende 2013 nahmen sie sich den Anführer einer oppositionellen Glaubensgruppe vor. Staatsschützer des Hessischen Landeskriminalamts (LKA) konnten in abgehörten Telefonaten verfolgen, wie das Trio ihr Opfer Fetullah Güllen erledigen wollte. Mit Hilfe eines Fälschers sollte ein Dokument erstellt werden, aus dem hervorging, dass sich Güllen im Korankurs sexuell an Jungen vergangen habe. Diese belastende Nachricht, so die Ermittlungen, war eigens für den „Oberchef“ bestimmt – gemeint ist Recep Erdogan.
    Er würde seinem Vorbild angeblich bis in den Tod folgen
    Der türkische Staatspräsident war zu dieser Zeit ohnehin rachsüchtig. Kurz vor seinem Besuch in Köln erfuhr er im Mai 2014, dass Plakate in der Domstadt ihn als „unerwünschte Person“ dargestellt hatten. Zwei Wochen später nannten Erdogans Spezialagenten einen der angeblichen Aufwiegler: Diesen Mann, so hörten die LKA-Lauscher, müsse man „ficken“.
    Der Prozess gegen das Spionage-Trio könnte die deutschtürkischen Beziehungen weiter belasten. Angebliche V-Mann-Operationen des Bundesnachrichtendienstes im Umfeld von Mördern eines Staatsanwalts brachten die Türken kürzlich in Rage.
    Umgekehrt agiert man dezenter. Die deutschen Sicherheitsbehörden wissen seit Jahren, wie rücksichtslos die Spione von Hakan Fidan in der Bundesrepublik agieren – dennoch nimmt man auf den Nato-Partner Rücksicht. „Wenn’s nach den Türken ginge, könnten wir jede Woche ein Dutzend PKK-Leute festnehmen“, sagte ein früherer BKA-Staatsschutzchef zu FOCUS.
    Hakan Fidan, der seinem Vorbild Erdogan angeblich treu bis in den Tod folgen würde, gilt als cleverer Geheimdienst-Boss. Seine Deutschland-Spione sitzen nicht nur in sogenannten legalen Residenturen wie Botschaft und Konsulate, sondern auch als Undercover-Agenten in türkischen Reisebüros, Redaktionen, Banken und Gebetshäusern.
    Seine Trümpfe sind junge Türken
    Die staatliche DITIB-Moschee in Köln-Ehrenfeld gilt als wichtiger Stützpunkt von Hakan Fidans Geheimdienst MIT. Die Vorbeter werden angeblich angewiesen, Informationen über Erdogans Kritiker sowie Personenfotos über vermeintliche Landesverräter zu liefern. Falls ein Rollkommando für harte Bestrafungsaktionen benötigt wird, stehen die Schläger der nationalistischen Grauen Wölfe gern bereit.
    Fidans Trümpfe sind junge Türken, die in Deutschland geboren und aufgewachsen sind. Für viele von ihnen ist der Wehrdienst verpflichtend. Wenn sie einwilligen, dem Geheimdienst MIT aus patriotischen Gründen zu helfen, verkürzt sich ihre Militärzeit erheblich.
    Zurück in Deutschland, arbeiten die zweisprachigen jungen Türken in Stadtverwaltungen, Hotels und Banken. Somit haben sie Zugang zu Daten, die den Agentenboss Fidan interessieren könnten. „Hakans Arm“, so ein LKA-Man, „ist verdammt lang.“

    Samstag, 04.07.2015, 21:19 · von FOCUS-Reporter Josef Hufelschulte und FOCUS-Redakteur Axel Spilcker

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