Der Thüringer Verfassungsschutz gerät immer stärker in die Kritik. Das Landesamt für Verfassungsschutz räumte nun ein, eine Geldzahlung an die Zwickauer Terroristen eingeleitet zu haben. Wie die Behörde unter Berufung auf einen ehemaligen Mitarbeiter mitteilte, habe ein V-Mann in den Jahren 1998 oder 1999 dem Trio über einen Mittelsmann 2000 D-Mark übergeben sollen, um Erkenntnisse über deren Tarnidentitäten zu erlangen.
Ziel sei es gewesen, die untergetauchten Jenaer Neonazis Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe verhaften zu können. Das Vorhaben sei jedoch gescheitert, weil der Mittelsmann das Geld selbst eingesteckt habe.
Geld für neue Pässe
Damit bestätigt sich ein Bericht der “Bild am Sonntag”, wonach ein Mitarbeiter des Verfassungsschutzes diese Information am 6. Dezember 2011 vor der geheim tagenden Kontrollkommission des Thüringer Landtages berichtet habe. Nach Aussagen dieses Verfassungsschützers wusste seine Behörde demnach aus abgehörten Telefonaten, dass die Neonazi-Gruppe damals dringend Geld für neue Pässe brauchte, berichtete das Blatt weiter.
Daher habe der Verfassungsschutz dem V-Mann “Otto” das Geld übergeben, es handelte sich demnach um den damaligen NPD-Funktionär Tino Brandt.
Die Neonazis besorgten sich daraufhin laut “BamS” tatsächlich neue Pässe. Da der Thüringer Verfassungsschutz aber die Meldeämter in Sachsen nicht eingeweiht gehabt hätte, flogen Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt nicht auf.
Verfassungsschutz kaufte angeblich Hetzspiel
Der Thüringer Verfassungsschutz finanzierte dem Bericht zufolge das Neonazi-Trio indirekt auch durch den Ankauf des antisemitischen Brettspiels “Pogromly” für jeweils 100 Mark. Mindestens drei Exemplare des Hetz-Spiels, dessen Verkaufserlös an die Nazi-Zelle floss, wurde dem Zeitungsbericht zufolge an Mitarbeiter des Verfassungsschutzes verkauft.
Die Grünen reagierten schockiert auf die Erkenntnisse. Dies sei ein “Skandal erschreckenden Ausmaßes”, sagte Grünen-Chefin Claudia Roth. “Aufgabe des Verfassungsschutzes ist es, die Demokratie gegen Rechtsterrorismus und Rechtsextremismus wirkungsvoll zu schützen und bestimmt nicht, diesen auch noch finanziell zu fördern.”
Verfassungsschutz kannte Aufenthaltsort angeblich
Laut “Focus”-Informationen war den Verfassungsschützern zumindest Mitte 2000 das Versteck der Neonazis in Chemnitz bekannt. Das belege ein Observationsfoto des Trios vom 15. Mai 2000, das in die Akten des Thüringer Landeskriminalamtes gelangte und ursprünglich von den Thüringer Verfassungsschützern stammen soll.
Im Herbst wurden DVDs verschickt, in denen sich der “Nationalsozialistische Untergrund” (NSU) zu Morden und Anschlägen bekennt.
Die Staatsanwaltschaft Erfurt führt derzeit nach eigenen Angaben Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Strafvereitelung im Amt “gegen mehrere Personen”. Doch könnten die Vorwürfe verjährt sein.
CDU prüft Ausschluss von umstrittenen Anwalt
Unterdessen gerät in Baden-Württemberg ein CDU-Mitglied zunehmend unter Druck. Klaus Harsch von der Anwaltskanzlei Harsch & Kollegen wurde schon seit Jahren immer wieder vorgeworfen, keine klare Abgrenzung zu Rechtsradikalen vorzunehmen. In der Kanzlei von Harsch arbeitet auch Nicole Schneiders, die aus Thüringen kommt, Mitglied der NPD war und nun den mutmaßlichen NSU-Unterstützer Ralf Wohlleben verteidigt. Die Anwälte aus der Kanzlei verteidigten bereits zahlreiche Neonazis vor Gericht. Zudem arbeitet der Sänger der mittlerweile aufgelösten Rechtsrock-Band “Noie Werte”, der auch Anwalt ist, mit einem Kollegen aus der Kanzlei Harsch zusammen. Auf den rekonstruierten Bekennervideos des NSU wurde Musik von der Band aus Baden-Württemberg benutzt.
Nach SWR-Angaben prüft die CDU nun ein Ausschlussverfahren gegen Harsch. Es gehe dabei um mögliche Verbindungen in die rechtsextreme Szene, hieß es aus der Partei. Allerdings brauche die Partei handfeste Beweise, dass es bei Harsch rechtsextreme Tendenzen gebe. Presseberichten zufolge soll sich Harsch inzwischen von Kollegen mit rechtsextremer Vergangenheit distanziert haben. Demzufolge soll er eine Bürogemeinschaft mit ihnen in Stuttgart gekündigt haben.