Beim luxemburgischen Untersuchungsausschuss stand am Dienstag Charles Hoffman als dritter Geheimdienstdirektor Rede und Antwort. Dieser leitete den SREL in den Jahren von 1985 bis 2003. Beigetreten war er dem Dienst 1976. Es ging bei der Befragung unter anderem auch um das sogenannte “Stay Behind” Netzwerk. Vor Beginn der Erklärung sagte Hoffmann, dass der Geheimdienst niemals für eine “politische Partei” gearbeitet hätte. Mit Blick auf die Bommeleeër-Affäre könne er keine Angaben machen, da die Staatsanwaltschaft in der Sache noch ermitteln würde, so der Ausschusspräsident Alex Bodry. Hoffmanns Aufgabenbereich war die Gegenspionage und die Terrorbekämpfung. Als EX-Chef des SREL gab er auch wenige Details über die Stay-Behind-Zelle in Luxemburg bekannt, die er leitete. “Bis zu” zwölf Personen gehörten dieser an, welche einander nicht kannten, hieß es. Selbst er hätte nicht gewusst, wer der Zelle angehöre. Im Fall einer angenommenen Besetzung (Sowjet) in den Zeiten des Kalten Krieges wäre es die Aufgabe der Untergrundzelle gewesen, Informationen über den Feind zu liefern, so Hoffmann. Bei logischer Betrachtung hört sich dies ein “wenig” ominös an, dass Hausfrauen, Lehrer, Handwerker und Eisenbahner im “Fall einer Besetzung” einen auf “Spitzel” machen sollten, um so Informationen zu gewinnen. Für derartige Aufgaben standen sicherlich auch offizielle Strukturen in Militär etc. bereit, in einem angenommen Fall, dass mit einer “Besetzung” derartige Informationsbeschaffungsaufgaben umgesetzt werden sollten. Innerhalb der Befragung von Hoffmann hieß es unter anderem, dass während den Zeiten des Kalten Krieges, wenn Bürger aus einem Land kamen, das damals zum potenziellen Feind gehörte, man diese beobachtet hätte. Sie „wurden auch gefragt“, ob sie „für uns arbeiten wollen“. Das sei die Arbeit der Spionageabwehr gewesen. Zudem hätte es damals zu seinem Aufgabenbereich gehört, Terrorbekämpfung durchzuführen. Hier erinnerte Hoffmann daran, dass es damals in den Nachbarländern, in den 1970er und 1980er Jahren, aktive Terrorgruppen gegeben hatte. In Luxemburg kontrollierte man auch, ob sich Individuen dieser Gruppen im Land aufhielten. Zu Stay-Behind. Das war eine internationale Struktur der Alliierten, „nicht eine der Nato“. So hätte auch die Schweiz mitgemacht. Die Agenten hätten einander nicht gekannt, er habe sie als Chef auch nicht gekannt. Nur die Person, die das Stay-Behind-Mitglied rekrutiert kannte er. (weiterer Verlauf hier) Eine Woche zuvor wurde der vormalige SREL-Chef Marco Mille vernommen. Dieser wurde 2003 Chef des SREL (Service de Renseignement de l’Etat). Er hätte damals eine “Black Box” vorgefunden, da die [wie üblicherweise praktiziert] Abteilungen voneinander abgeschottet gearbeitet hätten. Die gesammelten Informationen waren “nicht allgemein” verfügbar, was auch für Informationen in den Dossiers der Bombenanschläge und “Stay Behind” gegolten habe, so Mille. Nach seinen Angaben wollte er das etablierte Abschottungssystem [Anm. z.B. Matrjoschka-Prinzip, Zwiebelring oder Pyramidal] “reformieren”, was jedoch “nicht gut” angekommen sei. Es habe große Widerstände gegenüber Neuerungen gegeben, sagte der Ex-SREL-Chef. (weiterführend hier) 21.11.12: Eine Splittergruppe im Geheimdienst? 25.03.12: Luxemburgs Schattenkämpfer Dr. Daniele Ganser zu den Berichten des parlamentarischen Geheimdienstkontrollausschuss über „Stay behind“ und die Rolle des SREL bei den „Bommeleeër“-Ermittlungen – Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen [PDF] (18. Juli 2008) Italien: Das im Jahr 1990 wegen Mordes an drei Carabinieri verurteilte Gladio- und Ordine Nuovo-Mitglied Vincenzo Vinciguerra erklärte zu den Hintergründen der Verbrechen (Strategie der Spannung): „Man musste Zivilisten angreifen, Männer, Frauen, Kinder, unschuldige Menschen, unbekannte Menschen, die weit weg vom politischen Spiel waren. Der Grund dafür war einfach. Die Anschläge sollten das italienische Volk dazu bringen, den Staat um größere Sicherheit zu bitten. […] Diese politische Logik liegt all den Massakern und Terroranschlägen zu Grunde, welche ohne richterliches Urteil bleiben, weil der Staat sich ja nicht selber verurteilen kann.“ Buch zur Thematik “Gladio”: Verdeckter Terror – Nato Geheimarmeen in Europa – Autor Daniele Ganser (ISBN 978-3280061060) – Daniele Ganser, geb. 1972 in Lugano, ist Historiker, spezialisiert auf Zeitgeschichte nach 1945 und internationale Politik. Seine Forschungsschwerpunkte sind Friedensforschung, Geostrategie, verdeckte Kriegsführung, Ressourcenkämpfe und Wirtschaftspolitik. Er unterrichtet am Historischen Seminar der Universität Basel und forscht zum “Peak Oil”, dem globalen Kampf ums Erdöl, und dem so genannten “Krieg gegen den Terrorismus”.
27.01.2013
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