• Buro Jansen & Janssen is een onderzoeksburo dat politie, justitie, inlichtingendiensten, de overheid in Nederland en Europa kritisch volgt. Een grond-rechten kollektief dat al 30 jaar publiceert over uitbreiding van repressieve wetgeving, publiek-private samenwerking, bevoegdheden, overheids-optreden en andere staatsaangelegenheden.
    Buro Jansen & Janssen Postbus 10591, 1001EN Amsterdam, 020-6123202, 06-34339533, signal +31684065516, info@burojansen.nl (pgp)
    Steun Buro Jansen & Janssen. Word donateur, NL43 ASNB 0856 9868 52 of NL56 INGB 0000 6039 04 ten name van Stichting Res Publica, Postbus 11556, 1001 GN Amsterdam.

  • Categorieën

  • Nato-Geheimarmeen: Bundesregierung überprüft Einleitung eines Ermittlungsverfahrens

    Staatsminister Eckhard von Klaeden bestätigt Auflösung deutscher Gladio-Einheiten im September 1991

    Nun ist auch die Bundesregierung auf den Plan gerufen: Die Vorwürfe des Duisburger Historikers Andreas Kramer, wonach der Bundesnachrichtendienst (BND) an Anschlägen auf Strommasten in Luxemburg beteiligt war (Stay Behind – Agenten sterben einsam ), werden derzeit auf Veranlassung der Bundesregierung überprüft.

    Das geht aus einer Antwort von Staatsminister Eckhard von Klaeden (CDU) hervor, die der Bundestagsabgeordnete der Linkspartei, Andrej Hunko, auf seiner Internetseite veröffentlicht hat. Hunko wollte im April wissen, ob die Bundesregierung über Details zur Beteiligung des BND an den Anschlägen in Luxemburg vor beinahe 30 Jahren verfügt und welche Anstrengungen vonseiten der Bundesregierung unternommen wurden, um die Verwicklung deutscher Gladio-Einheiten in mögliche weitere Anschläge aufzuklären.

    Klaeden ließ verlauten, dass “eine Prüfung der einschlägigen Unterlagen … bislang keine Hinweise ergeben (hat), die die … angesprochenen Sachverhalte bestätigen könnten”. Gleichzeitig erklärte Klaeden, dass dessen ungeachtet, “die Bundesregierung eine weitere Prüfung veranlasst” habe, “unter anderen die Prüfung, ob ein Ermittlungsverfahren einzuleiten ist”. Klaeden sagte außerdem zur Existenz der deutschen Gladio-Einheiten: “Infolge der weltpolitischen Veränderungen hat der Bundesnachrichtendienst in Abstimmung mit seinen alliierten Partnern zum Ende des 3. Quartals 1991 die Stay-behind-Organisation vollständig aufgelöst.” Anzeige

    Der Schweizer Historiker und Friedensforscher Daniele Ganser, der intensiv zu den Geheimarmeen der Nato geforscht hat, sagte gegenüber Telepolis, dass sich Deutschland sehr schwer tue, einer Aufarbeitung des Kapitels Gladio im eigenen Land zu stellen.

    In Deutschland hat man versucht, die Gladio-Forschung zu verhindern, aber das wird nicht gelingen, das Thema ist zu wichtig, gerade auch wegen den vermuteten Verbindungen zum Anschlag in München von 1980.
    Daniele Ganser

    Ganser erklärte, dass es es in Deutschland zunächst nur hinter verschlossenen Türen, im November 1990, eine Bestätigung der Stay-behind-Strukturen gab:

    “Aber in der Öffentlichkeit log man die Bevölkerung an”, so Ganser weiter. Am 30. November 1990 habe Staatsminister Lutz Stavenhagen im Namen der Regierung Kohl gesagt, dass es Gladio-Einheiten in Deutschland nie gab. “Das war eine glatte Lüge. Kohl wollte vor den ersten gesamtdeutschen Wahlen keinen Geheimdienstskandal.”

    Bislang ist es nicht einfach, die Glaubwürdigkeit Kramers einzuschätzen. Seine Äußerungen zum Anschlag auf das Münchner Oktoberfest 1980 könnten, wenn sie sich als richtig herausstellen, zu einem Staatsskandal führen (BND und Gladio in Oktoberfestattentat verwickelt?).

    Marcus Klöckner 09.05.2013

    Find this story at 9 May 2013

    Dossier Von Nato-Geheimarmeen, Geheimdiensten und Terroranschlägen Gladio, Stay behind und andere Machenschaften

    Copyright © 2013 Heise Zeitschriften Verlag

    «Es war Nato gegen Nato»

    Im Luxemburger Jahrhundert-Prozess zu den Bombenattentaten in den 80er-Jahren sagte Andreas Kramer am Dienstag aus, der in einer eidesstaatlichen Erklärung behauptete, sein Vater habe als Geheimdienst-Mitarbeiter die Anschläge in Luxemburg (und auch der Schweiz) koordiniert. Claude Karger, Chefredaktor des Luxemburger «Journal», begleitet den Prozess.

    Der Historiker Andreas Kramer (rechts) unterhält sich mit Verteidiger Gaston Vogel in einer Prozesspause. (Bild: Pierre Matgé/Editpress)

    Der «Stay Behind»-Leiter des Bundesnachrichtendiensts, Johannes Kramer alias «Cello» stecke hinter den Bombenattentaten im Grossherzogtum, die mithilfe von BND- und MI6-Agenten und zehn Luxemburger Unterstützern, die wiederum eigene Helfer angeheuert hätten, verübt wurden. Das sagte gestern sein Sohn, Andreas Kramer, unter Eid vor Gericht (siehe dazu den Artikel der TagesWoche «Der Sohn des Agenten»). Kramer Junior hatte bereits am 13. März eine eidesstattliche Erklärung abgegeben. Am 18. Prozesstag im «Bommeleeër»-Prozess gab er gestern ausführlich und detailliert Auskunft über die Informationen, die ihm sein im vergangenen November verstorbener Vater über Jahre mitgeteilt hat.

    Dieser habe ihm mit dem Tod gedroht, falls er mit seinem Wissen an die Öffentlichkeit gehen sollte. Kramer Junior soll bei den Gesprächen auch erfahren haben, dass sein Vater, der ihn als «Stay Behind»-Agent habe aufbauen wollen, unter anderem auch verantwortlich für das blutige Attentat 1980 auf dem Münchner Oktoberfest (13 Tote und 211 zum Teil schwer Verletzte) war. Auf die Frage der vorsitzenden Richterin Sylvie Conter, weshalb er nicht mit den Informationen an deutsche Behörden gegangen sei, drückte der Zeuge sein Misstrauen gegenüber der deutschen Justiz aus, die im Fall München gar nicht weiter ermitteln wolle.
    Auch in Anschläge in Italien, München und Belgien verwickelt

    Die Attentate in Italien, in München und in Belgien seien Teil eines Beschlusses auf höchstem Nato-Niveau gewesen, genauer gesagt im «Allied Clandestine Committee», in das auch Luxemburg mit eingebunden war.

    Das ACC wurde damals von Kramer Seniors direktem Vorgesetzten, dem deutschen General Leopold Chalupa, dem damaligen Oberbefehlshaber der Alliierten Streitkräfte Euro Mitte (CENTAG) geführt. Der Luxemburger «Service de Renseignement» sei direkt in die Befehlskette eingebunden gewesen. Als Koordinator verschiedener Operationen mit Geheimdiensten aus Deutschland, Grossbritannien und dem Benelux-Raum habe Kramer Senior sehr wohl Kontakt mit dem damaligen Geheimdienstchef Charles-Hoffmann gehabt, auch wenn dieser das abstreite, so sein Sohn vor Gericht.

    Der auch dabei bleibt, dass Hoffmanns «Stay Behind»-Truppe für sämtliche Sprengstoffdiebstähle in den Jahren 1984 bis 1985 verantwortlich war. Der Luxemburger SB soll übrigens nicht nur – wie offiziell immer behauptet wird – aus Funkern und Helfern bestanden haben, sondern auch eine «Angriffsgruppe», für die es einen speziellen Operationsleiter gab. Hoffmann habe die Gruppen strikt voneinander abgeschottet. Die Eskalation der Aktion in Luxemburg habe allerdings sein Vater betrieben, am Luxemburger Geheimdienstchef vorbei und auch ohne seinen Vorgesetzten Chalupa ins Bild zu setzen. Kramer Junior sagte, dass von deutscher, respektive Alliierter Seite etwa 40 Männer an den Anschlägen beteiligt waren – ausser an jenem in den Kasematten, das von «Mitläufern» verübt worden sei.
    «Nützliche Idioten»

    In wechselnden Gruppen. Jedesmal drei bis vier Agenten hätten sich nach Luxemburg begeben und seien dort von den von Kramer angeworbenen «Kontakten», die über die notwendigen Ortskenntnisse verfügten, begleitet worden. Namen habe sein Vater ihm nicht genannt, so der Zeuge, lediglich der Name Geiben sei gefallen. Ausserdem habe Kramer Senior gesagt, dass Leute aus der Gendarmerie rekrutiert wurden, insbesondere gute Motorradfahrer. Als «nützliche Idioten» habe Kramer Senior diese Helfer bezeichnet.

    Von einem Motorrad soll übrigens auch der Sprengsatz beim EG-Gipfel auf Kirchberg im Dezember 1985 abgeworfen worden sein. Die Sprengung des Wochenendhauses in Bourscheid im April 1985 soll übrigens ein Testlauf für die Kramer-Agenten gewesen sein, die danach Cegedel-Anlagen massiv ins Visier nahmen. Übrigens: Johannes Kramer selbst habe die Sprengfalle in Asselscheuer konzipiert und mit installiert. Eigenhändig habe er sogar drei der Erpresserbriefe an die Cegedel selbst geschrieben. Andreas Kramer hinterliess gestern eine DNA-Probe bei den Ermittlern, um sie mit Spuren zu vergleichen, die auf den Schreiben gefunden wurden.

    Zurück zu Charles Hoffmann: Der habe als Geheimdienstchef die Anschläge natürlich nicht akzeptieren können. Schliesslich trug er zum Teil die Verantwortung für die Sicherheit des Landes. Also habe er sich an CIA und FBI gewandt, in der Hoffnung, dass die Amerikaner dem Spuk eine Ende machen indem sie auf höchster Nato-Ebene intervenieren. «Es war Nato gegen Nato», fasste Andreas Kramer die Lage zusammen. «Die CIA war Hoffmanns einzige Chance, sich selbst zu schützen», sagt Kramer. Zwei Ermittler des FBI seien seinem Vater und dessen Einsatztruppe damals eng auf den Fersen gewesen.
    «Mit Hand und Fuss»

    1986 wurde Luxemburg aus dem Nato-Spannungsprogramm rausgenommen, deshalb hätten die Anschlagsserie plötzlich aufgehört. «Mein Vater wusste, dass mit Ermittlungen in der «Bommeleeër»-Affäre zu rechnen sei», sagt Andreas Kramer. Der BND-Agent sei übrigens bestens über den Stand der Ermittlungen in Luxemburg informiert gewesen. Auch lange nachdem er aus dem offiziellen Dienst ausgeschieden war. Anfang 2007 habe er seinem Sohn bereits anvertraut, dass die beiden angeklagten Ex-Gendarmen Marc Scheer und Jos Wilmes nichts mit den Bombenanschlägen zu tun hatten.

    Zu dem Zeitpunkt wusste die Öffentlichkeit hierzulande noch nicht, dass die beiden zusehends ins Visier der Fahnder gerieten. Wo sein Vater die Informationen her hat, wusste Andreas Kramer gestern nicht zu sagen. Kramer Senior hatte beim Verschwinden zahlreicher Beweisstücke offenbar seine Finger im Spiel. Diese, die, wie beim Prozess zu hören war, nur sehr ungenügend gesichert waren, habe er mit Unterstützung von SREL-Chef Hoffmann verschwinden lassen. Der keine Wahl gehabt habe, als mit anzupacken, die ganze Angelegenheit unter den Teppich zu kehren. Hoffmann hat in einem Interview bereits bestritten, dass er irgendetwas mit Johannes Kramer zu tun hatte und dass der Geheimdienst in die Bombenanschläge verwickelt war.

    Das Gericht überlegte gestern, ob Charles Hoffmann nicht sehr zeitnah zu den Aussagen von Andreas Kramer gehört werden sollte. Der Zeuge wird darum auch heute Mittwoch noch vor Gericht stehen. Der beigeordnete Staatsanwalt Georges Oswald hätte gerne noch präzisere Informationen zu einzelnen Punkten, die von Kramer angesprochen wurden. Seine Aussage dass er in drei Stunden zuviel «generelles Blabla» gehört habe, sorgte sowohl beim Zeugen selbst, als auch bei der Verteidigung für energische Reaktionen. «Die drei letzten Stunden waren die ersten drei, in der mit Kopf und Fuss über «Stay Behind» gesprochen wurde», hielt Me Gaston Vogel entgegen. Die Ermittlungen seien trotz vieler Indizien nie in diese Richtung weiter getrieben worden.

    Verteidigung zitiert aus Top-Secret-Dokumenten

    Die «Top Secret»-Dokumente vom Mai, respektive September 1985, die die Verteidigung gestern vorbrachte, tragen die Unterschrift des damaligen Premiers Jacques Santer. Der genehmigte in den 1980ern eine Reihe von Übungen von Geheimdienstagenten mit «services clandestins» aus Belgien, Frankreich und Deutschland. Die Rede geht klar und deutlich von «Exercices Stay Behind» «dans le cadre de l‘instruction pratique des agents SB». Die Missionen: «diverses opérations d‘infiltration et d‘exfiltration de matériel et de personnel par la voie aérienne aussi bien que par la voie terrestre». Nicht nur ein Indiz dafür, dass hinter dem offiziell als «schlafendes» Funker- und Schleuser-Netzwerk dargestellten geheimen Netzwerk viel mehr steckt. Sondern vor allem dass Parlament und Öffentlichkeit in diesem Zusammenhang offenbar die volle Wahrheit vorenthalten wurde. Am 14. November 1990 trat Jacques Santer vor das Parlament mit folgender Aussage nachdem in ganz Europa «Stay Behind»-Netzwerke : «Je dois vous dire que j‘ai été aussi surpris que le Ministre belge d‘apprendre les activités de ce réseau qui ont défrayé le public et je ne crois pas qu‘un autre membre du Gouvernement en ait eu connaissance». Dabei unterschrieb der Premier regelmässig Genehmigungen für SB-Missionen!

    10.4.2013, 11:31 Uhr

    Find this story at 10 April 2013

    Copyright © 2013 tageswoche.ch

    BND und Gladio in Oktoberfestattentat verwickelt?

    Duisburger Historiker Andrea Kramer behauptet, sein Vater sei für den Anschlag mit verantwortlich gewesen

    Sagt Andreas Kramer die Wahrheit? War sein Vater für das Attentat auf dem Münchner Oktoberfest aus dem Jahr 1980 verantwortlich? Wenn es stimmt, was der Duisburger Historiker derzeit erzählt, dann steht der Bundesrepublik ein gewaltiger Skandal bevor. Telepolis berichtete bereits ausführlich über Kramer und seine Rolle in dem derzeit in Luxemburg stattfindenden Bommeleeër-Prozess (Bombenleger), bei dem zwei ehemalige Polizisten, die Mitglieder einer Spezialeinheit der Luxemburger Polizei waren, angeklagt sind (Stay Behind – Agenten sterben einsam, BND-Schattenmann Kramer in tödlicher Mission?). Ihnen wird zur Last gelegt für diverse Anschläge auf Infrastruktureinrichtungen, die vor beinahe 30 Jahren in Luxemburg verübt worden sind, verantwortlich zu sein.

    Was zunächst lediglich nach einem inner-luxemburgischen Fall aussieht, hat sich schnell zu einem Prozess entwickelt, in dem das dunkle Kapitel der NATO-Geheimarmeen, die unter dem Namen Gladio oder Stay Behind bekannt wurden (Der lange Arm von Gladio und das Eingeständnis eines Bild-Reporters), neu in das Licht der Öffentlichkeit rückt.

    Kramer, der immerhin unter Eid in Luxemburg ausgesagt hat, dass sein Vater, der Offizier der Bundeswehr, Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes (BND) und dazu noch in in das Netzwerk der NATO-Geheimarmeen eingebunden war, für das Attentat auf das Münchner Oktoberfest verantwortlich sei, rückt nun auch in das Interesse größerer deutscher Medien.

    In einem ausführlichen Interview vom vergangenen Sonntag in der Münchner Abendzeitung und in einem weiteren Interview in der taz von heute schildert Kramer detailliert den Hergang des Oktoberfestattentats aus seiner Sicht.

    Die offizielle Darstellung, an der es ohnehin genügend Zweifel gibt, ist ein Märchen. Der Terrorakt war eine gezielte und lange vorbereitete Aktion des Bundesnachrichtendienstes, für den mein Vater gearbeitet hat und in dessen Auftrag er auch gehandelt hat.

    Kramer beschreibt weiter, wie sein Vater zusammen mit dem angeblich für das Attentat allein verantwortlichen Gundolf Köhler, der bei dem Anschlag selbst ums Leben kam, die Bombe bei sich zuhause in der Garage gebaut habe.

    Und Kramer weiter: “Das geschah nicht nur mit Billigung, sondern im Auftrag höchster Militär- und Geheimdienstkreise.” Anzeige

    Mit Kramers Vorstoß in die Medienöffentlichkeit gewinnen die Vermutungen, wonach Köhler eben nicht Einzeltäter war, wie es in den offiziellen Berichten immer wieder dargestellt wurde, neuen Auftrieb. Seit vielen Jahren wird vermutet, dass Köhler den Anschlag nur mit Unterstützung von Hintermännern ausführen konnte. (Eine Vielzahl von Links zu den Zweifel rund um das Oktoberfestattentat findet sich hier).

    Mit Kramers Aussagen steht nun erstmalig, neben der offiziellen Version, eine in sich kohärente Schilderung der Hintergründe des Oktoberfestattentats im Raum, in der Planung, Motiv und Täter genau genannt werden. Berliner Filmemacher haben in den vergangenen Wochen einen Beitrag für 3Sat Kulturzeit zum Prozess in Luxemburg ausgearbeitet , der heute Abend im Fernsehen gesendet wird und in dem auch Kramer zu Wort kommt . .

    Kramer: Das passt sehr gut zusammen. Die Gladio-Truppen bestanden zu einem erheblichen Teil aus Neonazis und Rechtsextremisten. Gundolf Köhler, der Bombenleger von München und in der rechtsradikalen Szene eng vernetzt, war von meinem Vater angeworben worden. Er hat sich mehrmals mit ihm an seinem Wohnort in Donaueschingen getroffen, er hat die Komponenten für die Bombe besorgt, er hat sie zusammen mit Gundolf Köhler und einigen anderen Geheimdienstmitarbeitern gebaut.

    Ihr Vater hat die Bombe gebaut? Und er hat auch gewusst, wofür sie eingesetzt werden sollte?

    Kramer: Ja. Die Vorbereitungen für den Anschlag haben eineinhalb Jahre gedauert. Genau genommen wurden in einer Garage in Donaueschingen sogar drei Bomben gebaut. Eine wurde bei einem Test gezündet, eine andere in München verwendet. Was mit der dritten Bombe geschah, weiß ich nicht.

    Und das geschah mit Billigung des Bundesnachrichtendienstes? Oder handelte Ihr Vater nach eigener Überzeugung abseits der Befehlskette?

    Kramer: Das geschah nicht nur mit Billigung, sondern im Auftrag höchster Militär- und Geheimdienstkreise. Gladio war ja eine Organisation, die von der Nato eingefädelt worden war.

    Marcus Klöckner 07.05.2013

    Find this story at 7 May 2013

    Copyright © 2013 Heise Zeitschriften Verlag

    PsyOps in Luxemburg – welche Rolle spielte der BND? Die vorgetäuschten Terroranschläge bringen die Geheimdienste in Verlegenheit

    Die eidesstattliche, vor einem Luxemburger Notar abgegebene Versicherung des deutschen Historikers Andreas Kramer, der über die geheimdienstliche Tätigkeit seines verstorbenen Vaters berichtet, ist inzwischen online veröffentlicht worden. Johannes Karl Kramer, vormaliger Soldat zuletzt im Range eines Hauptmanns im Verteidigungsministerium, war auch hochrangiger Agent des BND gewesen. Seinem Sohn zufolge war Kramer Operationsleiter von GLADIO/Stay Behind und koordinierte Einsätze in Deutschland, den Benelux-Staaten und der „neutralen“ Schweiz. Über Kramers Schreibtisch sollen die Bombenleger-Aktionen koordiniert worden sein. Zweck der Operationen waren vordergründig Übungen für den Fall einer sowjetischen Invasion, konkret aber dienten sie zur psychologischen Kriegsführung in Friedenszeiten. So sollte die eigene Bevölkerung terrorisiert werden, um sie hierdurch auf einen Rechtsruck gegen die vermeintlichen Gegner im linken Spektrum einzuschwören.

    Kramer soll alle derartigen Aktionen mit dem späteren Chef des Luxemburger Geheimdienstes SREL, Charles Hoffmann, abgestimmt haben, der das Personal ausgesucht habe. Dieser soll in den 1970er Jahren an einem noch heute existenten NATO-Objekt in Sardinien für klandestine Spezialeinsätze ausgebildet worden sein. Hoffmann, der die Vorwürfe zurückweist, soll Gründungsmitglied des Gesprächskreis Nachrichtendienste in Deutschland e.V. sein, in dem u.a. Geheimdienst-Veteranen der Öffentlichkeit bei der Interpretation der Realität behilflich sein wollen. Vor der 2003 erfolgten Gründung dieses Clubs der Spionage-Opas besorgte derartige Propaganda das damalige „Institut für Terrorismusforschung und Sicherheitspolitik“, das der umstrittene Verfassungsschützer Hans Josef Horchem aufgezogen hatte. Von Anfang an dabei war der als Journalist posierende BND-Agent Wilhelm Dietl. Auch dieses Institut, das zu RAF-Zeiten die Presse mit hauseigenen „Terrorismus-Experten“ versorgte, wurde ebenfalls 2003 neugegründet, um nunmehr der Welt vom islamischen Terror zu künden.

    Die Sekretärin des BND-Strategen Kramer hatte in den 1970er Jahren tragische Berühmtheit erlangt. Es handelte sich um die rechtsgerichtete Heidrun Hofer, die von einem vermeintlich deutschen „Hans Puschke“ verführt wurde, der sie scheinbar für eine in Südamerika angesiedelte Alt-Nazi-Organisation anwarb. Tatsächlich allerdings war „Puschke“ der KGB-General Jurij Ivanowitsch Drosdow. Nach ihrer Enttarnung 1976 überlebte Hofer einen Suizidversuch. Doch auch Kramer soll nach Aussage seines Sohnes seit 1973 Doppelagent gewesen sein und an Moskau berichtet haben. Dies bedeutet nichts weniger, als dass das bis heute streng geheime GLADIO-Netzwerk auf hoher Ebene verraten worden war. Die Saboteure wären im Ernstfall daher sabotiert gewesen.

    Nachdem die geheimnisvollen Bombenanschläge, die seinerzeit Kommunisten und „Ökoterroristen“ in Misskredit brachten, nunmehr NATO-Geheimagenten zugeschrieben werden, bietet sich nun ein praktischer Sündenbock an. Im gestrigen Prozesstag, den das Luxemburger Wort protokollierte, wurde der einstige Waffenmeister der Luxemburger Polizei, Henri Flammang, für die übliche Rolle eines „Verwirrten“ gehandelt. Flammang soll krankhafter Waffennarr gewesen sein, der sogar sichergestellte Tatwaffen aus emotionalen Gründen nicht zerstören wollte. Bei Hausdurchsuchungen seien bei Flammang 434 Schusswaffen und über 70 kg Sprengstoff gefunden worden. Flammang soll unter wahnhaften Angstvorstellungen vor einer sowjetischen Invasion gelitten haben und sei vom Luxemburger Geheimdienst SREL als Agent angeworben worden. Flammang starb nicht durch die Hand eines Rotarmisten, sondern 1995 durch die eigene. Im Prozess wurde am Montag von einem angeblichen Abschiedsbrief gesprochen, in welchem sich Flammang als der Bombenleger zu erkennen gegeben habe. Das angebliche Dokument liegt jedoch bislang nicht vor.

    Zeugenaussagen berichten von vier Tätern. In Verdacht stehen neben den beiden angeklagten Polizisten und dem verstorbenen Waffenmeister Flammang der Gründer der Spezialeinheit BMG Ben Geiben, dessen verstorbener Stellvertreter Jos Steil – sowie ein Herr namens Jean Nassau, den Zeugen am Tatort gesehen haben wollen. Herr Nassau war vom britischen Militär ausgebildet worden und brachte es in der Luxemburger Armee zum Rang eines Capitaine. Geboren wurde Herr Nassau als Jean Félix Marie Guillaume Prinz von Luxemburg, verzichtete jedoch 1986 auf sein Anrecht auf die Thronfolge.

    Markus Kompa

    19 – 03 – 2013

    Find this story at 19 March 2013

    Copyright © 2013 Heise Zeitschriften Verlag

    Luxemburg: Deutscher BND-Mann bei Stay Behind Terroranschlägen involviert

    Hinter Bombenattentaten in Luxemburg, welche mithilfe von BND- und MI6-Agenten und zehn luxemburgischen Unterstützern vollzogen wurden, steckt Medienberichten zufolge der Stay-Behind-Leiter des Bundesnachrichtendienstes, Johannes Kramer (Alias Cello). Die zehn luxemburgischen Unterstützer sollen demnach eigens weitere Helfer rekrutiert haben. Der Sohn von Johannes Kramer, Andreas, hatte dies unter Eid vor Gericht ausgesagt. Eine eidesstattliche Erklärung wurde bereits am 13. März dieses Jahres abgegeben. Der Sohn von Kramer gab zu verstehen, dass er sein Wissen nicht hätte an die Öffentlichkeit bringen dürfen, da der Vater ihm mit dem Tode gedroht hätte. Der Stay-Behind-Leiter des Bundesnachrichtendiensts, Johannes Kramer, war im November vergangenen Jahres verstorben. Auch hätte sein unter Eid vor Gericht aussagender Sohn in Gesprächen erfahren, dass sein Vater für das blutige Attentat 1980 auf dem Münchner Oktoberfest verantwortlich gewesen war. Kramer Senior wollte seinen Sohn demnach auch als Agenten für das Stay-Behind-Netzwerk anwerben. Auf die Frage vom Gericht hin, warum der Sohn denn nicht an deutsche Behörden herangetreten sei, sagte dieser, dass er Misstrauen gegen diese hegte, im Fall München hätte man gar nicht ermitteln wollen. Attentate in Italien, Belgien oder München waren Teil eines Beschlusses auf höchstem NATO-Niveau. Hier benannte man das Allied Clandestine Committee, in welchem auch Luxemburg mit eingebunden war. Jenes Allied Clandestine Committee soll damals von dem direkten Vorgesetzten von Kramer Senior geführt worden sein. Bei dieser Person handelt es sich um den deutschen General Leopold Chalupa, der ehemalige Oberbefehlshaber der Alliierten Streitkräfte Euro Mitte (CENTAG). Auch sei der luxemburgische Nachrichtendienst Service de Renseignement de l’Etat (SRE) in die Befehlskette mit eingebunden gewesen. Der «Stay Behind»-Leiter des Bundesnachrichtendiensts, Johannes Kramer, soll nach Angaben seines Sohnes als Koordinator bei Operationen mit Geheimdiensten aus Deutschland, Großbritannien und dem Benelux-Raum mitgewirkt haben, auch stand er im Kontakt mit dem ehemaligen Geheimdienstchef Charles-Hoffmann, obwohl dieser den Kontakt abstritt. Kramer Senior hätte verschiedene rekrutierte Figuren als “nützliche Idioten” bezeichnet. Im Jahr 1986 wurde Luxemburg aus dem Stay-Behind-Netzwerk (Spannungsprogramm) herausgenommen, womit die Anschlagsserie aufgehört hatte. Mehr dazu hier bei der TagesWoche: Bommeleeër-Affäre – “Es war Nato gegen Nato”

    15.04.2013

    Find this story at 15 April 2013

    Copyright © Glaronia.com

    Geheimdienst SREL: EX-Chef Hoffmann über Stay Behind-Zelle in Luxemburg

    Beim luxemburgischen Untersuchungsausschuss stand am Dienstag Charles Hoffman als dritter Geheimdienstdirektor Rede und Antwort. Dieser leitete den SREL in den Jahren von 1985 bis 2003. Beigetreten war er dem Dienst 1976. Es ging bei der Befragung unter anderem auch um das sogenannte “Stay Behind” Netzwerk. Vor Beginn der Erklärung sagte Hoffmann, dass der Geheimdienst niemals für eine “politische Partei” gearbeitet hätte. Mit Blick auf die Bommeleeër-Affäre könne er keine Angaben machen, da die Staatsanwaltschaft in der Sache noch ermitteln würde, so der Ausschusspräsident Alex Bodry. Hoffmanns Aufgabenbereich war die Gegenspionage und die Terrorbekämpfung. Als EX-Chef des SREL gab er auch wenige Details über die Stay-Behind-Zelle in Luxemburg bekannt, die er leitete. “Bis zu” zwölf Personen gehörten dieser an, welche einander nicht kannten, hieß es. Selbst er hätte nicht gewusst, wer der Zelle angehöre. Im Fall einer angenommenen Besetzung (Sowjet) in den Zeiten des Kalten Krieges wäre es die Aufgabe der Untergrundzelle gewesen, Informationen über den Feind zu liefern, so Hoffmann. Bei logischer Betrachtung hört sich dies ein “wenig” ominös an, dass Hausfrauen, Lehrer, Handwerker und Eisenbahner im “Fall einer Besetzung” einen auf “Spitzel” machen sollten, um so Informationen zu gewinnen. Für derartige Aufgaben standen sicherlich auch offizielle Strukturen in Militär etc. bereit, in einem angenommen Fall, dass mit einer “Besetzung” derartige Informationsbeschaffungsaufgaben umgesetzt werden sollten. Innerhalb der Befragung von Hoffmann hieß es unter anderem, dass während den Zeiten des Kalten Krieges, wenn Bürger aus einem Land kamen, das damals zum potenziellen Feind gehörte, man diese beobachtet hätte. Sie „wurden auch gefragt“, ob sie „für uns arbeiten wollen“. Das sei die Arbeit der Spionageabwehr gewesen. Zudem hätte es damals zu seinem Aufgabenbereich gehört, Terrorbekämpfung durchzuführen. Hier erinnerte Hoffmann daran, dass es damals in den Nachbarländern, in den 1970er und 1980er Jahren, aktive Terrorgruppen gegeben hatte. In Luxemburg kontrollierte man auch, ob sich Individuen dieser Gruppen im Land aufhielten. Zu Stay-Behind. Das war eine internationale Struktur der Alliierten, „nicht eine der Nato“. So hätte auch die Schweiz mitgemacht. Die Agenten hätten einander nicht gekannt, er habe sie als Chef auch nicht gekannt. Nur die Person, die das Stay-Behind-Mitglied rekrutiert kannte er. (weiterer Verlauf hier) Eine Woche zuvor wurde der vormalige SREL-Chef Marco Mille vernommen. Dieser wurde 2003 Chef des SREL (Service de Renseignement de l’Etat). Er hätte damals eine “Black Box” vorgefunden, da die [wie üblicherweise praktiziert] Abteilungen voneinander abgeschottet gearbeitet hätten. Die gesammelten Informationen waren “nicht allgemein” verfügbar, was auch für Informationen in den Dossiers der Bombenanschläge und “Stay Behind” gegolten habe, so Mille. Nach seinen Angaben wollte er das etablierte Abschottungssystem [Anm. z.B. Matrjoschka-Prinzip, Zwiebelring oder Pyramidal] “reformieren”, was jedoch “nicht gut” angekommen sei. Es habe große Widerstände gegenüber Neuerungen gegeben, sagte der Ex-SREL-Chef. (weiterführend hier) 21.11.12: Eine Splittergruppe im Geheimdienst? 25.03.12: Luxemburgs Schattenkämpfer Dr. Daniele Ganser zu den Berichten des parlamentarischen Geheimdienstkontrollausschuss über „Stay behind“ und die Rolle des SREL bei den „Bommeleeër“-Ermittlungen – Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen [PDF] (18. Juli 2008) Italien: Das im Jahr 1990 wegen Mordes an drei Carabinieri verurteilte Gladio- und Ordine Nuovo-Mitglied Vincenzo Vinciguerra erklärte zu den Hintergründen der Verbrechen (Strategie der Spannung): „Man musste Zivilisten angreifen, Männer, Frauen, Kinder, unschuldige Menschen, unbekannte Menschen, die weit weg vom politischen Spiel waren. Der Grund dafür war einfach. Die Anschläge sollten das italienische Volk dazu bringen, den Staat um größere Sicherheit zu bitten. […] Diese politische Logik liegt all den Massakern und Terroranschlägen zu Grunde, welche ohne richterliches Urteil bleiben, weil der Staat sich ja nicht selber verurteilen kann.“ Buch zur Thematik “Gladio”: Verdeckter Terror – Nato Geheimarmeen in Europa – Autor Daniele Ganser (ISBN 978-3280061060) – Daniele Ganser, geb. 1972 in Lugano, ist Historiker, spezialisiert auf Zeitgeschichte nach 1945 und internationale Politik. Seine Forschungsschwerpunkte sind Friedensforschung, Geostrategie, verdeckte Kriegsführung, Ressourcenkämpfe und Wirtschaftspolitik. Er unterrichtet am Historischen Seminar der Universität Basel und forscht zum “Peak Oil”, dem globalen Kampf ums Erdöl, und dem so genannten “Krieg gegen den Terrorismus”.

    27.01.2013

    Find this story at 27 January 2013

    Copyright © Glaronia.com

    Eine Splittergruppe im Geheimdienst? Ausschuss befasste sich mit dem Lauschangriff auf Colonel Harpes

    (ham) – Die jüngsten Entwicklungen in der Affäre Bommeleeër sowie ein Relikt des kalten Krieges standen am Mittwoch auf der Tagesordnung des parlamentarischen Geheimdienstausschusses, zu der auch Srel-Chef Patrick Heck geladen war. Konkret ging es in der Sitzung um das Netzwerk „Stay Behind“ sowie um den vermeintlichen Lauschangriff auf den ehemaligen Chef der Gendarmerie, Colonel Aloyse Harpes in den Jahren 1985 und 1986.

    Unterliegen die Beratungen des parlamentarischen Ausschusses der Geheimhaltung, so lieferte der Vorsitzende François Bausch dennoch Einblicke in die Erkenntnisse der morgendlichen Sitzung. Im Sinne der Allgemeinheit und da die meisten Elemente bereits in der Öffentlichkeit diskutiert würden, begründete der Abgeordnete gegenüber dem „Luxemburger Wort“ diese Entscheidung.

    Bezüglich des „Stay behind“-Netzwerkes gebe es keine Spuren, dass Verbindungen zu anderen paramilitärischen Gruppierungen bestanden habe, die auch im Ausland operierten. „Stay behind“ war ein Teil des geheimen Gladio-Netzwerkes der Nato, das für den Fall der Besetzung durch feindliche Truppen nachrichtendienstliche Aufklärung leisten und Sabotageakte verüben sollten.

    Kein offizieller Abhörbefehl

    Was nun den Lauschangriff auf Colonel Aloyse Harpes angeht, so habe der „Service de renseignement“ (Srel) keinen Anhaltspunkt gefunden, dass eine solche Aktion auf dem Höhepunkt der Bombenanschläge in den Jahren 1985 und 1986 offiziell verordnet und durchgeführt worden sei.

    Ein Zeuge, der selbst an der Abhöraktion beteiligt gewesen sein will, hatte sich 2009 zu Wort gemeldet und behauptet, der Chef der Gendarmerie sei von der Kaserne auf dem Herrenberg aus ein Jahr lang abgehört worden.

    François Bausch betonte am Mittwoch, dass sich diese Erkenntnisse auf den offiziellen Dokumenten und Aussagen von Mitarbeitern aus jener Zeit stützten.

    Nun könne aber nicht ausgeschlossen werden, dass eine Gruppierung unabhängig gehandelt habe. „Der Geheimdienst konnte uns aber nicht garantieren, dass es zum damaligen Zeitpunkt keine Unstimmigkeiten innerhalb des Srel gegeben hatte“, betonte Bausch.

    Da die jüngsten Enthüllungen in der Bommeleeër-Affäre immer wieder Ex-Mitarbeiter der damaligen Gendarmerie ins Rampenlicht rückten, und solche auch beim Srel tätig waren, gewinne die Hypothese einer Gruppe, die auf eigene Faust gehandelt haben soll, an Bedeutung.

    Vertrauen in aktuelle Srel-Mitarbeiter

    Im gleichen Atemzug versicherte François Bausch aber, dass der Ausschuss absolutes Vertrauen in die aktuellen Mitarbeiter des Luxemburger Nachrichtendienstes habe. Man dürfe diese Leute nicht in einen Topf mit Ex-Mitarbeitern werfen, die von diesen Enthüllungen betroffen seien. Schließlich sei die Arbeitsweise des Srel vor der Reform des Nachrichtendienstes ein Relikt des kalten Krieges gewesen.

    Der Lauschangriff selbst sei laut Srel-Chef Patrick Heck technisch möglich gewesen, wenn auch mit einer mobilen Abhörvorrichtung. Nun soll der „Service de renseignement“ aber kein solches Gerät besessen haben. Im Gegensatz zur damaligen Gendarmerie, die Aufzeichnungen zufolge in den achtziger Jahren eine mobile Abhörstation bestellt hatte.

    Veröffentlicht am 21.11.12 19:59 Vorlesen

    Find this story at 21 November 2012

    © WORT.LU 2013

    Stay Behind – Agenten sterben einsam: Zeuge Andreas Kramer sagt im Geheimdienstprozess über seinen geheimnisvollen Vater aus

    Im Luxemburger Bombenleger-Prozess wurde am Dienstag der bislang wohl spektakulärste Zeuge Andreas Kramer vernommen. Der Duisburger Historiker hatte vor einigen Wochen u.a. den deutschen Bundesnachrichtendienst in einer eidesstattlichen Versicherung belastet, in den 1980er Jahren in inszenierte Terroranschläge verwickelt gewesen zu sein. Kramers Vater, Johannes Karl Kramer, sei beim BND ein Strippenzieher gewesen, der mit dem damaligen Leiter des Luxemburger Geheimdienstes SREL Bombenanschläge geplant habe, um die Bevölkerung auf einen Rechtsruck einzuschwören.

    Die Aussagen, die Kramer im Luxemburger Gerichtssaal machte, sind sensationell – vielleicht sogar zu sensationell. An einigen Punkten widersprach sich der Historiker, der immerhin unter Eid aussagte. Während von Zeugen die möglichst interpretationsfreie Schilderungen von Tatsachenwahrnehmung erwartet wird, kommentierte Kramer eifrig und verkündete laut Protokoll des LUXEMBURGER WORT, in Deutschland habe es keine Möglichkeit gegeben, Informationen an die Presse und Justiz weiterzugeben, da die Aufarbeitung des Stay-Behind in Deutschland systematisch unterdrückt werde. Der Zeuge Kramer gibt an, in den 1990er Jahren Chefarchivar im Bundestag gewesen und als solcher auch mit Geheimdienstangelegenheiten befasst gewesen zu sein. Für einen Akademiker in ehemaliger Führungsposition, der gerade den Medienauftritt seines Lebens absolviert, war Kramer erstaunlich leger gekleidet. Auch das offenbar fahrige Auftreten und der Mitteilungsdrang des Zeugen fördern nicht gerade seine Glaubwürdigkeit, sondern wecken Assoziationen zu verschrobenen Verschwörungstheoretikern, wie sie etwa im Spielfilm Fletchers Visionen dargestellt werden.

    Was von Kramers Aussagen zu halten ist, was wirklich aus seiner Beobachtung stammt, oder was er aus Büchern übernommen hat oder selbst schlussfolgert, ist schwierig zu beurteilen. Anderseits gibt es viele Sachverhalte, die lange als Verschwörungstheorien galten und lächerlich gemacht wurden, sich dann jedoch als zutreffend herausstellten. Bei Whistleblowern, die etwa eingeschüchtert wurden, kommt es häufiger vor, dass diese “ein bisschen durch den Wind” sind, zumal es vorliegend um eine tragische Vater-Sohn-Beziehung geht. Sollten nur einige der von Kramer gelieferten Puzzle-Stücke echt sein, dann hätte es sich schon gelohnt, sich mit Kramers spektakulärer, aber mit Vorsicht zu genießender Aussage zu befassen.

    Kramer sagte laut Protokoll des LUXEMBURGER WORT aus, sein letztes Jahr verstorbener Vater Johannes Karl Kramer sei Verantwortlicher des Stay-Behind-Netzwerkes in Deutschland gewesen. Dieser habe keine Freunde gehabt, so dass er sich praktisch nur seinem Sohn habe anvertrauen können, den er für Stay Behind (“GLADIO”) habe rekrutieren wollen. Unter dem Deckname “Cello” habe der Schattenmann bis zu seinem 70. Lebensjahr in der “Abteilung 4” des BND gearbeitet und sei mit der Koordination von NATO-Geheimdiensten befasst gewesen. U.a. an der Bombenserie in Luxemburg sei er unmittelbar beteiligt gewesen und hätte diese mit dem damaligen Chef des Luxemburger Geheimdienstes, Charles Hoffmann, gemeinsam geplant. Kramer senior habe mit Hoffmann einem „Allied Clandestine Committee“ angehört, das Bundeswehr-General Leopold Chalupa unterstanden habe. Kramer hätte jedoch hinter dem Rücken von General Chalupa eigenmächtig gehandelt.

    Kramer will mit seinen Enthüllungen den Tod seines Vaters abgewartet haben, weil dieser ihm selbst mit dem Tod gedroht habe, falls er auspacken werde. Diese Drohung habe er ernst genommen, da Johannes Karl Kramer nicht nur zu Morden fähig gewesen sei, sondern solche geradezu manisch begangen hätte und daher Strafverfolgung hätte befürchten müssen. So sei der BND-Mann in das Münchner Oktoberfest-Attentat verwickelt gewesen, bei dem vieles auf GLADIO deutet. Die konkret Beteiligten habe Johannes Karl Kramer als “nützliche Idioten” bezeichnet.

    Luxemburg sei als Operationsort gewählt worden, weil das Großherzogtum damals noch nicht das Haager Abkommen zur Landkriegsordnung unterzeichnet hätte, die Sprengfallen verbiete. Hoffmann sei mit Kramer senior keineswegs befreundet gewesen, habe sich sogar eigens an die CIA gewandt, weil er keine weiteren Anschläge in Luxemburg dulden wollte. Das FBI (das für die Ermittlungen gegen Doppelagenten usw. zuständig ist) sei Kramer senior auf den Fersen gewesen, habe von ihm jedoch wegen Unkenntnis der Benelux-Länder an der Nase herumgeführt werden können. Kramer gab an, sein Vater habe einige der Erpresserbriefe selbst geschrieben. Dieser habe vermutet, das FBI hätte ihn überführen können, hätten sie damals die DNA-Analyse zur Verfügung gehabt. Kramer selbst gab im Gerichtssaal eine Probe seiner eigenen DNA.

    Johannes Karl Kramer, der selbst Sprengmeister gewesen sei, habe seinem Sohn zufolge auch seine Finger beim Anschlag auf das EG-Gipfeltreffen auf dem Luxemburger Kirchberg gehabt. Er habe damit geprahlt, die Sicherheitsvorkehrungen überwunden zu haben. Die Bombe sei von einem Motorrad geworfen worden. Der Schattenmann soll von einer Brigade aus Luxemburg berichtet haben, die Motorräder eingesetzt habe. Der einzige Namen, den Kramer insoweit nannte, war der von Ben Geiben, jenem Super-Flic, der die Einheit gegründet hatte und danach Sicherheitschef von Euro-Disney wurde.

    Dass Hoffmann mit Stay Behind befasst war, lässt sich nunmehr kaum abstreiten. So veröffentliche Strafverteidiger Gaston Vogel einen Brief Hoffmans, in dem dieser von einer “Stay Behind-Übung” spricht. Dieser trägt den handschriftlichen Vermerk “d’accord” (“Einverstanden”) von keinem Geringeren als Ehrenstaatsminister Jacques Santer vor. Der allerdings hatte Vogel zufolge immer wieder behauptet, von Übungen mit belgischen, französischen und britischen Geheimdiensten nichts gewusst zu haben. Au contraire …

    UPDATE: Anders, als in der ursprünglichen Fassung angegeben, scheint der Zeuge Kramer nicht promoviert zu haben.

    Markus Kompa
    09.04.2013

    Find this story at 9 April 2013

    Copyright © 2013 Heise Zeitschriften Verlag

    In Luxemburg kocht Stay Behind hoch; Ein Geheimdienstprozess erschüttert das Großherzogtum

    Der Luxemburger Geheimdienstskandal bietet ganz großes Kino: Eine James-Bond-Uhr, Spezialagenten, Bombenanschläge, Verwicklung ausländischer Mächte, Cover Up, Hochverrat durch einen Geheimdienstchef und eine ruchbare Intrige im Hochadel. Ein Untersuchungsausschuss sowie ein Strafprozess gegen zwei vormalige Angehörige einer Polizeispezialeinheit sollen das trübe Kapitel aus dem Kalten Krieg beleuchten – mit Staatschef Jean-Claude Juncker nebst Hochadel und Geheimdienstelite im Zeugenstand.

    In den 1980er Jahren wurde das Großherzogtum Luxemburg von einer bis heute ungeklärten Serie an Bombenanschlägen terrorisiert, die Strommasten, Polizeistationen, den Justizpalast, den Flughafen, ein Schwimmbad, ein Gaswerk und auch eine Zeitung beschädigten. Ein Mensch wurde durch eine raffinierte Sprengfalle verletzt, eine weitere hätte beinahe Todesopfer gefordert. Ein erstes angebliches Bekennerschreiben eines “Mouvement Ecologiste Combattant” schien die grüne Bewegung in Misskredit zu bringen. Zwar reagierte man auf lancierte Forderungen nach Schutzgeld, das etwa während des Papstbesuchs hätte übergeben werden sollte, in dem die Behörden Geldkoffer an den gewünschten Stellen bereitstellten. Statt diese abzuholen, schilderten die erstaunlich gut informierten Bombenleger jedoch präzise, wer genau ihnen alles vor Ort eine Falle stellte. Etwa zur selben Zeit gab es in der Bundesrepublik Deutschland Anschläge, die ohne harte Beweise einer mysteriösen “Dritten Generation der RAF” zugeschrieben wurden, die deutlich professioneller als ihre Vorgänger agierte, deren politische Motive dafür jedoch diffus blieben.

    Ein Luxemburger Ehepaar, das einen der Bombenleger beobachtet hatte, fühlte sich von der Polizei nicht ernst genommen. Statt sie als Zeugen anzuhören, habe man auf sie eingeredet und Verwirrung gestiftet. Beim Anfertigen eines Phantombilds hätten sich die Beamten bemüht, das Ergebnis von den Beschreibungen abweichend zu zeichnen. Das behördliche Desinteresse erinnert an die unzähligen “Ermittlungspannen”, die den Behörden anderer NATO-Länder in den 1980er Jahren bei der Aufklärung von Terroranschlägen unterliefen. Vor allem der geringe Sachschaden sah dem damals nur wenige Jahre zurückliegenden Celler Loch ähnlich, selbst eine Neuauflage der geheimdienstlichen Operation Nordpol.

    Mr ?

    Vor einigen Jahren tauchte bei RTL ein Zeuge auf, der anonym bleiben wollte, und darauf bestand, ausschließlich und persönlich mit Luxemburgs Premierminister Jean-Claude Juncker zu sprechen. Das Treffen wurde schließlich gewährt und der Mann informierte Juncker über eine Person, die er beobachtet habe. Er gab an, die Luxemburger Sûreté habe ihn davor gewarnt, diesen Namen zu nennen, er habe sonst mit persönlichen Konsequenzen zu rechnen. Der Informant schrieb Juncker den Namen auf einen Zettel, worauf hin der Regierungschef den Großherzog persönlich aufsuchte. Beim Namen soll sich um keinen Geringeren als “Jean Nassau” handeln – den zweitgeborenen Bruder des Großherzogs Henri. “Mäi Gott”!

    Auch das genannte Ehepaar wollte den Prinzen erkannt haben. Doch Hoheit erinnerte sich nach 20 Jahren, an diesem Tag in den Wäldern des Loir-et-Cherwaren der Jagd gefrönt zu haben und stellte sein Alibi mit Zeugen und einem Brief seiner Verlobten unter Beweis. Der Informant soll inzwischen verstorben sein.

    Mr M

    Ein Schattenmann namens “M” schien ein Freund und Kollege von André Kemmer zu sein, einem Offizier des Luxemburger Geheimdienstes SREL. M fiel offenbar der Mitschnitt eines abgehörten Gesprächs zwischen Juncker und dem Großherzog in die Hände. M sandte dem Geheimdienst SREL eine verschlüsselte CD, auf der die Aufzeichnung angeblich zu hören ist. Der SREL will den Code aber bis heute nicht geknackt haben.

    Mr Mille

    Juncker bat 2008 den damaligen Luxemburger Geheimdienstchef Marco Mille zur Unterredung. Mille berichtete, dass der Großherzogliche Hof in Luxemburg sich um Abhörtechnik für Telefongespräche bemüht hätte, wobei man mit dem Geheimdienst ihrer Majestät konspiriert hätte. Die Verbindungen ins Vereinigte Königreich sind exzellent, da der Luxemburger Hochadel seine Sprösslinge auf britische Schulen zu senden pflegte.

    Geheimdienstchef Mille war sich nicht zu schade dafür, das Gespräch mit seinem politischen Vorgesetzten ebenfalls heimlich aufzuzeichnen, wobei sich der Schattenmann stilecht einer verwanzten Armbanduhr bediente. Wie inzwischen bekannt ist, kam es damals zu weiteren illegalen Abhöraktivitäten. Die Peinlichkeit wurde perfekt, als der Mitschnitt aus der Spezialuhr seinen Weg in die Öffentlichkeit fand. Der SREL soll seinerzeit auch ergebnislos versucht haben, M abzuhören, indem man ihm ein präpariertes Mobilfunktelefon unterjubelte. Der damalige Geheimdienstchef Mille ist heute Sicherheitschef beim deutschen Siemens-Konzern (wo man sich von der Mobilfunksparte längst verabschiedet hat und Armbanduhren zu retouchieren pflegt). Strafrechtlich betrachtet ist die Abhöraktion inzwischen verjährt.

    Tote E-Mail-Briefkästen

    Das Aufrollen des Bombenleger-Falls ist nicht unwesentlich das Resultat zweier Journalisten des Luxemburger Senders RTL, Nico Graf und Marc Thoma, die sich über 15 Jahre nicht beirren ließen. Sie richteten 2005 für Whistleblower eigens die E-Mail-Adresse “bomm@rtl.lu” ein. Die Staatsanwaltschaft kopierte diese Idee, wobei sich die Behörde der Dienste von Hotmail bediente: “enquete85@hotmail.com”. 10 Tage nach Einrichtung dieser Hotmail-Adresse entrüstete sich ein unbekannter Hacker über die laxen Sicherheitsstandards der Staatsanwaltschaft und mailte Logindaten nebst Passwort an die RTL-Adresse. Dies führte zu einer Hausdurchsuchung bei RTL, über die sich der Sender bitter beklagte.

    “Super-Flic”

    Zwischenzeitlich wurde als Hauptfigur der Polizist Ben Geiben gehandelt, der Ende der 1970er Jahre die “Brigade mobile de la Gendarmerie” aufgebaut hatte, der die beiden Angeklagten angehörten. Geiben hatte die Polizei überraschend Jahre vor den Anschlägen verlassen. Bereits 1985 geriet er wegen seines damals kaum erklärbaren Berufswechsels und aufgrund seiner Fähigkeiten und Kenntnisse in einen vagen Anfangsverdacht. Sein Nachfolger ließ ihn deshalb erfolglos beschatten. Geiben begründete sein Ausscheiden aus dem Polizeidienst mit seiner Homosexualität, mit der er die Behörde im katholischen Luxemburg nicht in Verruf habe bringen wollen.

    “Ermittlungspannen”

    Am Montag begann nun der Prozess gegen die zwei Polizisten Jos Wilmes und Marco Scheer, denen man vorwirft, sie hätten als Angehörige der “Brigade mobile de la Gendarmerie (BMG)” gemeinsam mit zwei weiteren (inzwischen verstorbenen) Kollegen die Anschläge inszeniert, um mehr Mittel für die Ordnungskräfte durchzusetzen. Im Verlauf der Ermittlungen verschwanden 88 von 125 Beweisstücken. Mal versickerten Beweise, die man zur Sicherung eines Fingerabdrucks an das deutsche BKA geschickt hatte, auf dem Rückweg, mal auf dem Weg zum amerikanischen FBI, mal brach in einem Archiv Feuer aus. Anzeige

    Der ermittelnde Staatsanwalt Biever schrieb schließlich seinem Justizminister einen offenen Brief, in dem er sich insbesondere darüber beschwerte, dass bei der Polizei offenbar “Amnesie” grassiere. Der “Gedächtnisverlust” nehme mit dem Rang der Vernommenen bis rauf zur Polizeiführung zu. Geibens Nachfolger konnte sich an erstaunlich viele Details aus dieser Zeit erinnern, nicht aber, dass er eine Beschattung seines eigenen Vorgängers angeordnet hätte, und musste seine Dienstmütze nehmen. Die Luxemburger nahmen den Fall zum Anlass, ihr Strafgesetzbuch um den Tatbestand “entrave à la justice” nachzubessern, was in etwa der deutschen “Strafvereitelung” entspricht.

    Whistleblower?

    Doch seit letzter Woche gibt es in der Luxemburger Geheimdienst-Saga einen weiteren Akteur. So diente sich den beiden Journalisten nunmehr ein geheimnisvoller Whistleblower an, der berichtete, er habe als Unteroffizier dem sagenumwobenen Stay Behind-Netzwerk der NATO angehört, landläufig auch als GLADIO bekannt. Man habe seinerzeit das trainiert, was die Bombenleger auch gemacht hätten: So habe man im Schatten des NATO-Manövers “Oesling 84” auch die Stay-Behind-Saboteure getestet. Die Übung sah vor, die regulären Ordnungskräfte, Soldaten etc. als sowjetische Besatzer zu betrachten und sich an diesen vorbeischleichen, um unentdeckt etwa an Hochspannungsmasten symbolisch rote Klebepunkte anbringen. Die Markierungen hätten “Bombe erfolgreich gelegt/Mast gesprengt”bedeutet. Die Saboteure seien von England aus im Tiefflug eingeflogen und mit dem Fallschirm abgesetzt worden – OSS/CIA-Style.

    Wie das Luxemburger Tageblatt meldet, wurden von Premierminister Jean-Claude Juncker und Verteidigungsminister Jean-Marie Halsdorf mittlerweile in einer parlamentarischen Dringlichkeitsanfrage zusätzliche Informationen zu Stay Behind gefordert.

    Stay Behind gehört allerdings nach wie vor zu den sensibelsten Geheimnissen, die es in der NATO-Welt gibt. Manche Regierungschefs wurden von ihren Militärs nicht einmal über die Existenz der hochgeheimen Netzwerke informiert. Offenbar ist das unheimliche Netzwerk sogar älter als die NATO und wurde von den Diensten parallel aufgebaut und unterhalten.

    Platzt der Bombenleger-Prozess?

    Das Verfahren wird in Luxemburg als “Jahrhundertprozess” bezeichnet. Als Zeugen geladen sind Jean-Claude Juncker, die Prinzen Jean und Guillaume sowie Ex-Statsminister Jacques Santer sowie der Justizminister und diverse Schattenmänner. Die Verfahrensdauer wird auf drei Monate veranschlagt, 90 Zeugen sollen vernommen werden. Als sei der Fall noch nicht skurril genug, so heißt der im Prozess agierende Staatsanwalt ausgerechnet Oswald – ein Omen dafür, dass die Monarchie nach Bauernopfern wie die beiden Polizisten verlangt?

    Die Strafverteidiger forderten die Vertagung des Verfahrens. Der für sein Temperament bekannte Rechtsanwalt Gaston Vogel und seine Kollegin Lydie Lorang sparten nicht mit Kritik an den Behörden und beklagten die massiven Beweisverluste. Vogel veröffentlichte bereits letzte Woche einen offenen Brief an Premierminister Juncker.

    Verteidiger Vogel ist vom Alibi des jagenden Prinzen keineswegs überzeugt. So gab der Zeuge an, den Prinzen um 3.30 Uhr in der Nähe des Tatorts gesehen zu haben, während das Alibi erst ab etwa 12 Uhr greift. Auch in den 1980er Jahren vermochte man die Distanz von 500 Kilometern innerhalb von etwa acht Stunden zu überwinden. Warum allerdings der Blaublütige persönlich vor Ort gewesen sein soll, ist unklar.

    Geheimdienst-Wiki

    Um die komplexe Angelegenheit zu illustrieren, haben Aktivisten inzwischen ein Wiki aufgesetzt und als Domain hierfür frech den Namen des Geheimdienstes SREL.lu gekapert. Auch eine Mindmap soll bei der Orientierung helfen.

    Wer immer Mitte der 1980er im Großherzogtum Bomben gelegt haben mag, “d’Kommunisten” scheinen es nicht gewesen zu sein.

    Markus Kompa 27.02.2013

    Find this story at 27 February 2013

    Copyright © 2013 Heise Zeitschriften Verlag

    Luxemburgs Schattenkämpfer; Der Santer-Bericht zu “Stay behind”

    Der Bericht aus Jahr 1990 zu dem Luxemburger “Stay behind”-Netzwerk.

    (str) -Hausfrauen, Lehrer, Handwerker und Eisenbahner als mit Funkgeräten ausgerüstete Geheimagenten. Drei Kisten mit Waffen in einer Wiese begraben. Das könnten die Zutaten eines spannenden Spionageromans sein. Es sind aber die Details des Berichts von Ex-Premier Santer aus Jahr 1990 zu dem Luxemburger “Stay behind”-Netzwerk. Ein Bericht der wort.lu vorliegt.

    Die Erwartungen waren sehr hoch gesteckt, als am 17. Dezember 1990 Premierminister Jacques Santer den parlamentarischen Verfassungsausschuss über das geheime “Stay Behind”-Netzwerk informierte. Wirklich viel verriet Santer damals nicht. Dennoch war es das erste Mal, dass überhaupt von offizieller Seite über diese geheime Struktur aufgeklärt wurde – und bislang auch zum letzen Mal.

    Am Rande der “Affär Bommeleeër” sind die Diskussionen um “Stay Behind ” nun wieder aufgeflammt. Da verschiedene Abgeordnete die Aufklärungsarbeit Santers über “diese wichtige Seite der Luxemburger Geschichte” als unzureichend empfinden, könnte dieses Relikt des Kalten Krieges nun zum Politikum werden. Am Dienstag beauftragte der parlamentarische Justizausschuss den Verteidigungsausschuss, sich noch einmal mit dem Thema zu befassen.

    In der Sitzung des Verfassungsausschusses Mitte Dezember 1990 beginnt Santer seine Erläuterungen indem er aus aus den Archiven des Geheimdienstes zitiert, dass 1952 ein “Comité Clandestin de Planning” (CCP) gegründet wird. Zur CCP gehören Luxemburg, Belgien, Frankreich, das Vereinigte Königreich und die Niederlande. Als 1958 die USA dazu kommen, wird die Organisation in Allied Coordination Comitee (ACC) umgetauft.

    Der CCP untersteht dem militärischen strategischen NATO-Hauptquartier SHAPE (Supreme Headquarters Allied Powers Europe). Die Aufgabe des CCP besteht darin, zu Friedenszeiten die Verbindung zwischen dem Hauptquartier der alliierten Streitkräfte und den nationalen Geheimdiensten herzustellen. In Luxemburg handelte es sich in der Nachkriegszeit um das “Deuxième Bureau de l’Etat Major de l’Armée” – dem auch “Stay Behind” untersteht. 1960 wird der “Service de Renseignement” (SREL) gegründet und übernimmt die alleinige Verantwortung für das “Stay Behind”-Netz.

    Es ist ein geheimes Widerstandsnetzwerk, wie Santer erklärt. Obwohl es bereits 1952, zur Zeit des Korea-Krieges entsteht, wird es erst 1956 nach der Invasion Ungarns durch die Rote Armee aktiviert. Die von der NATO vorgegebenen Missionen bestehen aus drei Elementen: nachrichtendienstliche Aktivitäten, Einschleusen und Exfiltration sowie Aktionen.

    Die Aktivitäten des Luxemburger “Stay Behind” haben sich jedoch auf die ersten beiden Aspekte beschränkt, betont Santer und fügt hinzu , dass es sich um ein Netzwerk aus Fluchthelfern handelt. Bei der “Infiltration” geht es auch um die Wiedereroberung des Landes im Falle einer Invasion. Santer präzisiert , dass es sich bei “Stay behind” um sogenannte Schläfer handelt, die nur zu Kriegszeiten und im Falle einer Invasion durch die Armeen des Warschauer Paktes aktiviert werden sollen. Obwohl das Netz von der Nato koordiniert wird, hätte es im Kriegsfall ausschließlich unter Luxemburger Befehlsgewalt gestanden.

    Lehrer, Eisenbahner, Hausfrauen…

    In Luxemburg hat es nie mehr als 12 “Stay Behind”-Agenten gegeben, erklärt Santer weiter. Vor der Auflösung der Struktur 1990 sind es nur neun Agenten . Bei diesen “Agenten” handelt es sich um Lehrer, Landwirte, Handwerker, Beamte, Ingenieure , Eisenbahner und Hausfrauen. Santer betont, dass diese Leute sich untereinander nicht kennen und dass daher nicht von einer Truppe oder einer Gruppe die Rede sein kann.

    Im Norden des Landes sind es vor der Auflösung der Struktur im Jahr 1990 zwei Agenten aktiv, im Zentrum ebenfalls zwei, einer an der belgischen Grenze, an der deutschen Grenze zwei und an der französischen Grenze einer.

    Rekrutiert wurden sie unter dem Versprechen, dass ihre Identität niemals aufgedeckt wird. Santer betont, dass er persönlich die Identität jedes Agenten überprüft habe und keiner von ihnen vorbestraft gewesen sei. Einige seien ehemalige Resistenzler . Santer besteht darauf, dass keiner der Agenten zur Armee oder zu den Sicherheitskräfte gehört.

    Als Santer Altersangaben über die Agenten macht, spricht er wieder von zwölf Agenten. Drei von ihnen, sind älter als sechzig Jahre, vier Agenten im Alter zwischen 50 und 60 Jahren, drei Agenten zwischen 40 und 50 Jahren und zwei Agenten zwischen 30 und 40 Jahren.
    Drei Kisten mit Waffen in einer Wiese begraben

    Ihre Ausrüstung hat nur aus Funkgeräten bestanden, erklärt Santer . Diese seien dafür gedacht mit “Stay behind”-Strukturen im Ausland in Kontakt zu bleiben. 1973 wird in Luxemburg ein Waffenversteck für “Stay behind” angelegt: Drei Zinkbehälter werden in einer Wiese eingegraben. In jeder befinden sich zwei Maschinenpistolen, vier Pistolen, vier Granaten und 600 Schuss Neun-Millimeter -Munition. Allerdings, bekräftigt Santer, hat nur der Geheimdienst-Chef und nicht die Agenten Zugang zu den Kisten im Versteck.

    Die einzige Aktivität des “Stay-Behind”-Netzwerkes ist die regelmäßige Überprüfung des Funkmaterials, die in Zusammenarbeit mit dem britischen Intelligence Sercive erledigt wird. Das seien nur Nachrichtendienstliche Übungen , betont Santer. Niemals haben “Stay Behind” Mitglieder an Sabotageübungen teilgenommen.

    “Stay behind” werde zudem oft mit dem italienischen “Gladio-Netzwerk” verwechselt, das nicht nur in einer anderen Struktur organisiert gewesen sei, sondern auch andere Aufgaben gehabt hätte.

    Im Gegensatz zum Luxemburger “Stay behind” hätte “Gladio” als paramilitärische Truppe funktioniert und zu deren Mission auch Sabotage gehörte. Zwischen “Gladio ” und dem Luxemburger “Stay behind” hätte es keinerlei Verbindungen gegeben.
    Santer und Thorn nicht informiert

    Santer erklärt ebenfalls, dass er seine Informationen nicht nur aus Gesprächen mit dem Geheimdienstchef bezieht, sondern auch seine Amtsvorgänger auf das Thema angesprochen habe. Er selbst sei nicht von seinem Vorgänger Pierre Werner in Kenntnis gesetzt worden. Auch Gaston Thorn wurde 1974 nicht über die Existenz eines “Stay Behind”-Netzwerkes in Kenntnis gesetzt. Thorn habe sich das damit erklärt , dass die Aktivitäten des Netzwerkes stets normal verlaufen sind.

    Pierre Werner habe Santer gesagt, dass er 1962 über die Existenz des “Stay behind”-Netzwerkes informiert wurde, als dieses in den Zuständigkeitsbereich des SREL übergegangen sei. Das Netz habe niemals Probleme bereitet. Da die einzigen Aktivitäten des Netzwerkes darin bestanden hätten, Funksender zu überprüfen, und dabei stets alles ordnungsgemäß verlaufen sei, habe er es nicht für nötig befunden, sich weiter mit der Geheimorganisation zu beschäftigen.
    Mission abgeschlossen

    Die Diskussion um “Gladio und “Stay Behind” wird 1990 durch die Debatte um eine Reform des Geheimdienstes ausgelöst. Jacques Santer löst das “Stay behind “-Netzwerk wenige Wochen vor der Sitzung des Ausschusses auf, da das Netzwerk nach dem Zusammenbruch des Kommunismus keine Daseinsberechtigung mehr hat. Am 14. Oktober 1990 werden die Agenten über das Ende ihrer Mission informiert und müssen ihr Funkmaterial zurückgeben. Die Kisten mit den Waffen werden ausgegraben. Die Granaten und Munition werden im Militärdepot am Waldhof untergebracht. Die Schusswaffen sollen dem Militärmuseum in Diekirch zur Verfügung gestellt werden.

    Der kommunistische Abgeordnete Änder Hoffmann, der als einziger für die Einsetzung einer Untersuchungskommission zu “Stay behind” stimmt, stellt zudem die Neutralität des Santer-Berichts in Frage. Dieser berufe sich ausschließlich auf Informationen des Geheimdienstes.

    Diese Neutralitätsfrage liegt nun 18 Jahre später wieder auf dem Tisch. Denn am Rande der Bombenleger-Affäre sehen insbesondere die DP-Abgeordneten Flesch und Bettel Grund genug, noch einmal Nachforschungen über “Stay Behind ” anzustellen – zumindest um auch letzte Zweifel über eine eventuelle Verbindung zwischen den Attentaten und dem Netzwerk auszuräumen.

    Veröffentlicht am 25.03.12 16:09 Vorlesen

    Steve Remesch

    Find this story at 25 March 2012

    Das Bommeleeër-Dossier

    © WORT.LU 2013

    Chronologie der Anschläge Die Bommeleeër-Taten hielten in den 80er Jahren ganz Luxemburg in Atem. Die Serie umfasst 24 Sprengstoffanschläge von 1984 bis 1986.

    wort.lu listet die wichtigsten Daten auf:

    30. Mai und 2. Juni 1984

    Die beiden ersten Explosionen ereignen sich am 30. Mai und am 2. Juni 1984 in Beidweiler, wo ein Mast der Cegedel gesprengt wird. Das benutzte Material stammt zweifelsfrei aus Helmsingen und Wasserbillig.

    12. April 1985

    Explosion in Bourscheid: Ein Weekend-Haus, das kurz zuvor an den Staat verkauft wurde, fällt ihr zum Opfer. Bis heute ist nicht eindeutig geklärt, ob das Attentat in die Serie passt, denn es wurde keine kriminalistische Analyse der Spuren und des Sprengstoffs vorgenommen.

    27. April 1985

    Um 2 Uhr nachts wird auf dem Postamt am hauptstädtischen Hauptbahnhof der erste Erpresserbrief aufgegeben. Darin heißt es: „We have space and time“. Übersetzt: Wir wählen Ort und Zeit aus. Und: Wir sind Herr und Meister.

    28. April 1985

    Um 23.50 Uhr wird die Serie, wie angekündigt, fortgesetzt und ein Cegedel-Mast auf Stafelter gerät ins Visier der Attentäter. Bemerkenswert: Alle Anschlagsorte liegen in der Nähe der Hauptstadt.

    7. Mai 1985

    23.50 Uhr: Der Cegedel-Mast auf Schlewenhof fällt einer Explosion zum Opfer – nur fünf Stunden nachdem beschlossen worden war, dass Cegedel, Regierung und Gendarmerie nicht auf die Forderung der Erpresser von 250 000 Dollar eingehen würden. Das Erpresserultimatum hätte eigentlich aber noch bis 10. oder 11. Mai gehen sollen.

    8. Mai 1985

    Zweiter Erpresserbrief: Geldübergabe wird für die Zeit des Papstbesuchs vom 14. bis 16. Mai angekündigt. Zustimmung soll per Anzeige im „Wort“ erfolgen.

    14. Mai 1985

    Dritter Erpresserbrief: „Fahren Sie nach Clerf, in einer Telefonzelle erhalten Sie dort weitere Instruktionen“. Ausgerechnet in der Zeit des Papstbesuchs, wo die „Force de l’ordre“ alle Hände voll zu tun hat. Der Polizeifunk des Nordens war für diese Zeit in das Zentrum verlegt, im Norden stand also keiner zur Verfügung …

    25. Mai 1985

    Attentat bei der Gendarmerie. Aber nicht auf das Kommando oder auf die „Brigade mobile“, sondern am Standort der Brigade Luxemburg, im Keller unter den Büros der beiden ermittelnden Beamten in diesem Dossier.

    28. Mai 1985

    Um 23.45 Uhr wird in Itzig ein Strommast gesprengt, der das Unternehmen Dupont de Nemours versorgt. Die Masten sind nummeriert, die von 31 bis 39 werden von der Securicor bewacht, der Pfosten 30 nicht und ausgerechnet der wird gesprengt. Und: 70 Meter neben dem Anschlagsort geht in einem Feld eine weitere Ladung hoch.

    29. Mai 1985

    Vierter Erpresserbrief an Cegedel. Er wirft die Frage auf, an wen sich die Attentäter eigentlich wenden – an die Cegedel oder an die Gendarmerie? Sie hätten sich schlechter benommen als eine Scoutstruppe, heißt es darin, das wäre Verrat. Ein versteckter Hinweis darauf, dass es Pfadfinder waren, die auf das erste Attentat aufmerksam wurden?

    11. Juni 1985

    Fünfter Erpresserbrief: Darin werden 750 000 Dollar gefordert. Die Geldübergabe sollte am selben Tag im Parkhaus am Theaterplatz stattfinden. Im fünften Untergeschoss. Kurios: Kameras überwachen Einfahrt, Ausfahrt und eben jenes fünftes Untergeschoss, um zu sehen, ob alles belegt ist. Ein Spiel?

    12. Juni 1985

    In einem Brief werfen die Erpresser den Behörden vor, sie hätten falsch gespielt, und sie listen minutiös auf, welche Polizeibeamten vor Ort waren – bei der anberaumten Geldübergabe. Sie sagen sogar, es wären ausländische Polizisten anwesend gewesen. Und die Informationen der Erpresser treffen zu!

    23. Juni 1985

    Attentat in Hollerich, am Nationalfeiertag, kurz nach dem Feuerwerk – mit hohem Täterrisiko.

    5. Juli 1985

    Einziges Attentat mit Dynamit, vielleicht aus Wasserbilliger Stollen, in Asselscheuer. Zone lag übrigens knapp außerhalb der Überwachungszone!

    26. Juli 1985

    Anschlag auf das Verwaltungsgebäude des „Luxemburger Wort“.

    28. August 1985

    Zwei Explosionen auf dem Glacis bei der Schobermesse. Polizei und Straßenbauverwaltung sind betroffen.

    30. September 1985

    Attentat auf Schwimmbad an dem Tag der Pensionierung von Colonel Wagner.

    19. Oktober 1985

    Attentat im „Palais de justice“. Im Visier: das Büro des zuständigen Untersuchungsrichters.

    9. November 1985

    Attentat am Findel, drei Minuten nach dem letzten Flug. Findel ist unbewacht, weil die Beamten für den Ministerrat auf Kirchberg abgezogen wurden.

    10. November 1985

    Taschenlampe-Explosion – mit Quecksilberschalter, der schon Tausende Male gebraucht wurde. So einen, wie man ihn in Spielautomaten findet.

    30. November 1985

    Attentat in Heisdorf.

    2. Dezember 1985

    „Sommet“ in Luxemburg. Schwachpunkt: Autobahn. Das ist gewusst, aber sie wird nicht gesperrt. Über 200 Polizisten sind im Einsatz, aber eine „Bombe“ kann trotzdem aus einem Auto gezündet werden. Resultat: Die Ordnungskräfte sehen nicht sehr glücklich aus …

    17. Februar 1986

    Nach langer Pause kommt es zu einem Anschlag auf das Haus des Notars Hellinckx. Es passt nicht ganz in die Serie, gehört aber dazu. Das Luxite beweist es.

    25. März 1986

    Attentat bei Colonel Wagner: An dem Abend läuft die Revue „Knuppefreed“ mit besonderem Sicherheitsdispositiv, doch dann geht die Ladung außerhalb dieses Bereichs hoch. So endet der Bombenzyklus.

    Veröffentlicht am 25.01.12 17:11 Vorlesen

    Find this story at 25 January 2012

    © WORT.LU 2013

     

     

     

    Luxemburger zweifeln an ihrem Geheimdienst

    Der Luxemburger Geheimdienst Service de renseignement de l’État (SREL) ist im Zuge diverser Affären in die Kritik geraten, u.a. wegen des Abhörens eines Gespräches zwischen Premierminister Jean-Claude Juncker und Großherzog Henri. Letzterer geriet in Verlegenheit, nachdem der vormalige SREL-Chef Marco Mille behauptet hatte, der großherzogliche Hof unterhalte wohl gute Kontakte zum britischen Geheimdienst.

    Laut einer Umfrage des Luxemburger “Journals” glauben nur 22% der Befragten dem Dementi des Hofmarschallamts. Die Befragten sind zudem wenig erbaut über die Tatsache, dass die Lëtzeburger Schlapphüte in den letzten Jahrzehnten 300.000 Karteikarten über Bürger, Ausländer und politische Parteien angelegt haben. Eine Mehrheit verlangt ein Einsichtsrecht in die Datenbanken und bezweifelt die Notwendigkeit eines Geheimdienstes, berichtet das Luxemburger Tagblatt. Mille war 2009 zu Siemens als Sicherheitschef gewechselt.

    Misstrauen gegen Luxemburger Geheime produzierte vor allem die Bommeleeër-Affäre (“Bombenlegeraffäre”), bei der zwischen 1986 und 1987 mysteriöse Anschläge auf Strommasten verübt wurden. In den letzten Jahren wurden Hinweise bekannt, die auf eine Inszenierung durch Sicherheitskreise hindeuten. In diesem Zeitraum gab es auch in anderen NATO-Staaten bis heute ungeklärte Anschläge, die politisch links stehende Gruppen sowie die Umweltbewegung in Misskredit brachten. Inzwischen tritt ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss an, um die “Funktions- und Arbeitsweise des Geheimdienstes seit seinem Bestehen” zu ergründen, berichtet das Luxemburger Wort.

    Auch das deutsche parlamentarische Kontrollgremium (PKGr) für Geheimdienste will unter dem Eindruck der NSU-Morde und der Serie an Ermittlungsdesastern seine Arbeit intensivieren, die nach parteiübergreifender Auffassung völlig unzureichend ausgestaltet ist. Nach einer zweitägigen Klausur beklagte die erstmals entsandte FDP-Politikerin Gisela Piltz, effektive Kontrolle bedürfe mehr als einer Reihe von Abgeordneten, die in einem fensterlosen und abhörsicheren Raum zusammensäßen. Zudem ist geplant, die operative Arbeit des PKGr mit drei weiteren, besonders befugten Mitarbeitern stärken. Der frühere BGH-Richter Wolfgang Nešković, der bislang als eifrigstes Mitglied des parlamentarischen Kontrollgremiums galt, gehört diesem nicht mehr an. Nešković hatte nach Querelen die Linksfraktion verlassen.

    Markus Kompa
    23.12.2012

    Find this story at 23 December 2012

    Copyright © 2013 Heise Zeitschriften Verlag

    »Gladio« auch in Luxemburg? Das geheime NATO-Netzwerk und ein Strafprozeß

    Seit dem 25. Februar findet vor der 9. Kriminalkammer in Luxemburg ein spektakulärer Strafprozeß statt, der trotz seiner politischen Dimension in deutschen Medien fast keine Resonanz findet. Angeklagt sind in der »Affaire Bommeleeër« (Bombenleger) die beiden früheren Mitglieder der »Brigade mobile de la Gendarmerie« Marc Scheer und Jos Wilmes. Den Exbeamten werden unter anderem versuchter Mord und Brandstiftung in 20 Fällen in den Jahren 1984 und 1985 vorgeworfen. Die Verteidigung hat u. a. Premierminister Jean-Claude Juncker und Angehörige des großherzoglichen Hauses laden lassen. So ging es am gestrigen Donnerstag um ein Alibi des Prinzen Jean, der von einem Zeugen nach einem Attentat 1985 in der Nähe des Tatorts gesehen worden war.

    Die heute 56 und 58 Jahre alten Angeklagten sollen unter anderem Masten des Stromversorgers Cegedel zerstört und das Instrumentenlandesystem des Luxemburger Flughafens außer Betrieb gesetzt haben. Sie sollen auch einen Anschlag auf das Gebäude der Zeitung Luxemburger Wort verübt und während eines EG-Gipfels eine Sprengladung vor dem Konferenzgebäude gezündet haben. Laut Staatsanwaltschaft verfügten die Täter über umfangreiche Detailkenntnisse der Arbeit von Polizei und Gendarmerie, wußten offenbar, wann welche Objekte bewacht wurden, und führten die Fahnder regelmäßig an der Nase herum. Alle Ermittlungen verliefen im Sande, bis RTL Letzebuerg 2004 die Sache wieder aufgriff. Inzwischen deutet vieles darauf hin, daß es sich um Taten der NATO-Geheimtruppe »Gladio« handelt. Sie steht im Verdacht, u.a. 1980 in die Attentate von Bologna und auf das Münchner Oktoberfest verwickelt gewesen zu sein. Am Mittwoch vergangener Woche führte die Verteidigung eine eidesstattliche Erklärung in das Verfahren ein. In ihr bezeugt der deutsche Historiker Andreas Kramer, daß sein Vater als Hauptmann der Bundeswehr und Agent des Bundesnachrichtendienstes »Gladio«-Operationsleiter für mehrere Länder gewesen sei. Als solcher habe er engen Kontakt zum damaligen Chef des luxemburgischen Geheimdienstes SREL, Charles Hoffmann, gepflegt. Dieser hat bisher jeden Zusammenhang der Attentatsserie mit »Gladio« oder dem SREL abgestritten.

    22.03.2013 / Ausland / Seite 2Inhalt

    Von Arnold Schölzel

    Find this story at 22 March 2013

    © junge Welt