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  • NSU-Helfer als Spitzel: “VP 562” bringt Berliner Innensenator in Erklärungsnot

    Während sich Berlins Innensenator Frank Henkel im Landtag in der V-Mann-Affäre rechtfertigt, tauchen neue Fragen zu seiner Informationspolitik auf: So bat das BKA nach SPIEGEL-Informationen bereits im Dezember 2011 um Informationen über den V-Mann. Und auch das Vorstrafenregister des Spitzels birgt Zündstoff.

    Berlin – In der Affäre um einen früheren Helfer der NSU-Terrorzelle, den das Berliner Landeskriminalamt (LKA) später viele Jahre als V-Mann führte, sind neue Fragen zur Informationspolitik der Berliner Behörden aufgetaucht. So wusste das LKA in Berlin laut Akten, die dem SPIEGEL vorliegen, schon seit Dezember 2011, dass sich die Ermittler des Bundeskriminalamts (BKA) bei ihren Recherchen im Umfeld des aufgeflogenen Mord-Trios auch intensiv für den früheren V-Mann Thomas S. interessierten.

    Die Akten legen jedoch nahe, dass das LKA die Kollegen vom BKA damals über die langjährige Kooperation mit Thomas S. und mehrere Hinweise, die er auf den Verbleib des Trios gegeben hatte, im Dunkeln ließ. Zwar übersandte das LKA am 15. Dezember 2011 der Besonderen Aufbauorganisation “Trio” des BKA einige Erkenntnisse über S. – über die heikle Verbindung zum LKA oder den Hinweisen mit NSU-Bezug allerdings sind in den Akten keine Vermerke zu finden.

    Thomas S. war vom 16. November 2000 bis zum 7. Januar 2011 “Vertrauensperson” des LKA Berlin, die Behörde führte ihn unter der Kennummer “VP 562”. Bei 38 Treffen mit seiner Vertrauten der Behörde gab er zwischen 2001 und 2005 mindestens fünf Mal Hinweise zu dem seit 1998 untergetauchten Neonazi-Trio des NSU und dessen Umfeld. Das letzte Treffen fand 2009 statt, im Januar 2011 schaltete die Behörde Thomas S. als Quelle ab.

    Der ehemalige V-Mann des LKA war vor dem Abtauchen von Uwe Mundlos, Beate Zschäpe und Uwe Bönhardt im Jahr 1998 ein enger Freund und Helfer des Trios, seit Januar 2012 wird von der Generalbundesanwaltschaft im NSU-Verfahren als Beschuldigter führt.

    Von ihren gewonnenen Informationen gaben die Berliner im Dezember 2011 jedoch erstmal nichts weiter. In ihrer Auskunft vom 15. Dezember teilten das LKA dem BKA lediglich mit, Thomas S. sei im Juni 2001 “als Geschädigter einer Körperverletzung und einer Nötigung” in Erscheinung getreten. Zudem verwies das LKA auf ein Verfahren gegen die inzwischen verbotene Nazi-Band “Landser”, in dem S. als Beschuldigter geführt wurde. Dass er als “VP 562” lange in Berlin als Quelle bezahlt worden war, kommt in der Mitteilung nicht vor.

    Massive Kritik an Innensenator Henkel

    Die neuen Details erhöhen den Druck auf Innensenator Frank Henkel (CDU), der wegen der Informationspolitik seiner Behörden in dem Fall in der Kritik steht. Bislang argumentierte Henkel, dass das BKA sich Anfang März im Auftrag der ermittelnden Generalbundesanwaltschaft in Berlin nach Thomas S. erkundigt hatte. Er selber sei zwei Tage später von seinen Leuten über den brisanten V-Mann-Vorgang informiert worden.

    Erst zu diesem Zeitpunkt gab Henkels Apparat die ersten Informationen aus der V-Mann-Zeit von S. an die Fahnder der Bundesanwaltschaft weiter, einige Tage nach der ersten Anfrage der Ermittler mussten sich Berlins Vize-Polizeipräsidentin, ihr LKA-Chef und dessen Staatsschutzleiter in Karlsruhe erklären.

    Im NSU-Untersuchungsausschuss sorgte das schweigsame LKA für Empörung: Das Gremium erfuhr von Henkel und seinen Behörden über Monate trotz diverser Anfragen nichts vom Fall Thomas S. Erst im Juli berichtete die Generalbundesanwaltschaft dem Ermittlungsbeauftragten des Ausschusses über die heiklen Details aus Berlin. Wegen der Sommerpause erfuhr der Ausschuss darüber erst Mitte September und zeigte sich schwer verärgert.

    Henkel steht nun massiv in der Kritik, die SPD im Bundestag redete bereits von seinem Rücktritt. “Entweder der Berliner Innensenator übermittelt alle vorhandenen Akten über die Werbung und Abschöpfung des V-Manns unmittelbar dem Ausschuss oder er muss zurücktreten”, sagte Eva Högl am Dienstag, die als Obfrau der SPD im Bundestagsuntersuchungsausschuss sitzt.

    Henkel sagte am Mittwoch, dass am Morgen dem Bundestags-Untersuchungsausschuss alle erforderlichen Akten zugeleitet worden seien. Auch die Mitglieder des Abgeordnetenhauses sollen Akteneinsicht bekommen.

    “Ich bedauere ausdrücklich, dass es dadurch zu Irritationen gekommen ist”, sagte Henkel. Möglicherweise hätte man im Nachhinein in der Kommunikation etwas anders machen können. Aber aus damaliger Sicht sei es aus Gründen des Quellenschutzes nicht zu verantworten gewesen, die Informationen öffentlich mitzuteilen. Das Vorgehen der Berliner Behörden sei eng mit der Generalbundesanwaltschaft abgestimmt worden. “Nach rechtlicher und fachlicher Beratung habe ich mich an dieses Vorgehen gebunden gefühlt”, sagte Henkel.

    V-Mann wurde wegen Volksverhetzung verurteilt

    Eine Randnotiz in den Akten des BKA lässt zweifeln, ob Thomas S. als V-Mann geeignet war: Es werden vier Verurteilungen aufgelistet, darunter Beihilfe zur schweren Brandstiftung, Landfriedensbruch im besonders schweren Fall und gefährliche Körperverletzung. Drei Urteile fielen in den Jahren 1993 bis 1999, brisant ist das vierte: Im Jahr 2005 wurde er vom Landgericht Dresden wegen Volksverhetzung zu zehn Monaten auf Bewährung verurteilt. Die Berliner Behörde scheint das nicht weiter gestört zu haben, Thomas S. wurde nicht abgeschaltet.

    Heute bestreitet man gar, von einer Verurteilung des V-Manns gewusst zu haben. Aktuell müssen sich Henkel und die amtierende Polizeipräsidentin Margarete Koppers in einer Sondersitzung des Innenausschusses im Berliner Abgeordnetenhaus zu dem Vorgang äußern und erklären, wieso die Dienste von Thomas S. so lange geheim blieben. Auf Nachfrage der Grünen-Abgeordneten Clara Herrmann zu Verurteilungen von Thomas S. in seiner Zeit als V-Mann sagte Koppers, nach ihrem Kenntnisstand seien “keine Straftaten und Verurteilungen bekannt”.

    Überhaupt zeigten sich die Verantwortlichen keiner Schuld bewusst, räumten aber ein, dass man bei der Unterrichtung des Ausschusses möglicherweise sensibler hätte agieren müssen. Die Grünen-Politikerin Herrmann erklärt dazu: “Henkel fehlt es anscheinend weiterhin an echtem Aufklärungswillen, es bleiben viele offene Fragen. Man weiß nicht was skandalöser wäre: wenn das LKA von der Verurteilung seines V-Mannes nichts mitbekommen hätte oder wenn die Polizei-Vize-Präsidentin heute im Ausschuss nicht die Wahrheit gesagt haben sollte.”

    18. September 2012, 16:46 Uhr
    Von Matthias Gebauer, Birger Menke und Sven Röbel

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