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  • Verrat bei der Nato

    Eine Notfallübung der US-Streitkräfte in Afghanistan: Die gestohlenen Ramstein-Dossiers offenbar die geheime Taktik der Nato-Einsatzkräfte in Krisenfällen
    Fataler Spähangriff auf das Militärbündnis: Ein Deutscher soll die GEHEIMSTEN KRISENPLÄNE gestohlen und verkauft haben
    Ein kleiner Ort in der Pfalz, gerade mal 900 Einwohner. Gepflegte Gemüsebeete, an den Obstbäumen blinken die letzten Äpfel des Jahres. Ab und zu rumpeln Bauern mit ihren Traktoren über die Dorfstraße von Börrstadt, 25 Kilometer östlich von Kaiserslautern. Auf einem vergilbten Plakat, mit Reißnägeln an der dicken Linde befestigt, bittet die Landjugend zum Tanz.

    In dem schmucklosen Einfamilienhaus in der Hintergasse ist niemand willkommen. „Ich sage nichts“, ruft Rosemarie K. mit viel Zorn in der Stimme und lässt sofort die Rollläden herunter.

    Die Nachbarschaft bewegt sich jetzt hinter Gardinen, viele hören wohl zu. Und fragen sich wie schon seit mehreren Wochen: Wo ist bloß der Ehemann von Rosemarie K.? Was mag passiert sein?

    Es ist ein realer Krimi, passiert direkt vor der Tür. Und niemand hat es bemerkt: Das spitzgiebelige Haus stand wochenlang unter heimlicher Beobachtung – auch Telefon, E-Mail und Faxgerät wurden überwacht.

    Anfang August dann, keiner hat es so früh am Morgen gesehen, holten Staatsschützer des Landeskriminalamts (LKA) Rheinland-Pfalz den Hauseigentümer Manfred K. ab. Seitdem sitzt der 60-Jährige auf Anordnung des Ermittlungsrichters am Bundesgerichtshof in Untersuchungshaft.

    Die Karlsruher Bundesanwaltschaft und das LKA in Mainz ermitteln in einem harten Polit- und Spionagethriller:

    Manfred K. soll jahrelang auf dem 1400 Hektar großen US-Militärflughafen Ramstein die geheimsten Programme und Codeschlüssel für weltweite Luftlandeoperationen der US-Streitkräfte gestohlen haben.

    Die Fahnder haben klare Hinweise darauf, dass Manfred K. die brisante Ware bereits verkauft hat – womöglich sogar an Feinde und potenzielle Kriegsgegner der USA.

    Ein Beleg für dieses Geschäft könnten die circa 6,5 Millionen Euro sein, die Fahnder des Mainzer LKA auf Tarnkonten von Manfred K. in Luxemburg und in London entdeckten.

    Die Affäre, die nahezu unbemerkt in der Pfalz begann, hat längst das Pentagon in Washington erreicht. Angespannt verfolgt das US-Verteidigungsministerium die Ermittlungen in Deutschland. Das Allied Command Counterintelligence (ACCI), die Spionageabwehr der Nato, muss über seine Büros in Heidelberg und Ramstein permanent Bericht erstatten.

    Ramstein Air Base, auf dem 35 000 Soldaten und 6000 Nato-Zivilisten wie Manfred K. arbeiten, ist immerhin der größte Luftwaffenstützpunkt außerhalb der USA. Auch die Nato-Kommandobehörde zur Führung von Luftstreitkräften ist hier untergebracht.

    Über zwei Start- und Landebahnen wickeln die USA Truppen-, Fracht- und Evakuierungsflüge ab. Verletzte GIs landen hier und werden anschließend in Landstuhl behandelt. Kampfbrigaden der 101. oder der 82. Luftlandedivision sowie Spezialeinheiten wie Rangers, Delta Force oder Navy Seals fliegen von der Pfalz aus in den Einsatz. Bis 2005 lagerten in Ramsteins Bunkern 130 Atomwaffen.
    Der militärische Schaden, verursacht durch den mutmaßlichen Verräter Manfred K., ist offenbar gigantisch. „Die weltweite Eventualplanung für Krisen- und Kriegseinsätze müsste komplett neu gemacht werden, weil der potenzielle Gegner alles weiß. Das bedeutet jahrelange Generalstabsarbeit“, sagt Erich Schmidt-Eenboom, einst Sicherheitsoffizier der Heeresflugabwehr 1 in Hannover und heute Autor von Geheimdienst-Büchern.
    FOCUS Magazin | Nr. 44 (2012)
    Verrat bei der Nato – Seite 2
    dpa
    Fallschirmspringer der US-Armee verlassen in Ramstein ein Transportflugzeug
    Ob und an wen Manfred K. die Militärdaten aus Ramstein für die bislang entdeckten Millionen verscherbelt hat, ist derzeit noch ungeklärt. Der Spezialist für Informationstechnik und Telekommunikation, den Kollegen und Nachbarn als kontaktscheuen Eigenbrötler beschreiben, macht kaum Angaben zur Sache. Die verdächtigen Millionen will er bei Bankgeschäften verdient haben.

    Die LKA-Leute fanden heraus, dass K., seit 1991 in Ramstein beschäftigt, die auf mehrere Sticks überspielten Geheimdaten ausgedruckt haben muss. Papier fand sich indes nicht mehr – hat also jemand dafür in harter Währung bezahlt?

    „Russlands Militärgeheimdienst GRU würde für solches Material zehn Millionen Dollar auf den Tisch legen – ohne auch nur mit der Wimper zu zucken“, behauptet ein Spionageabwehr-Experte des Bundeskriminalamts im Gespräch mit FOCUS.

    Die Ermittlungen gegen Manfred K., der als Nato-Mitarbeiter im Monat mehr als 6000 Euro netto verdiente und morgens mit seinem koreanischen Kleinwagen nach Ramstein fuhr, orientieren sich derzeit an Paragraf 96 des Strafgesetzbuches. Die „landesverräterische Ausspähung“ von Staatsgeheimnissen wird demnach mit Gefängnis bis zu zehn Jahren bestraft.

    Sollte jedoch ein klarer Kontakt zu einem ausländischen Geheimdienst nachgewiesen werden, könnte die Strafe härter ausfallen. So erging es in den 80er-Jahren einem Mitarbeiter der 8. US-Luftlandedivision in Mainz, der geheime Unterlagen an die Russen verkauft hatte. Der Mann wurde zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt.

    Die Ermittler haben in diesen Tagen ziemlich viel Spaß daran, dass sich der mutmaßliche Datenräuber Manfred K. letztlich selbst ans Messer geliefert hat. Der Delinquent wollte schlauer als alle Sicherheitsbehörden sein – und fiel damit voll auf die Nase.

    „60 Jahre“, sagte der stets gepflegte 1,75 Meter große Mann zu einem Nachbarn, „sind doch kein Alter.“ K. und seine Frau, obwohl schwer zuckerkrank, schwärmten davon, nach Mittelamerika auszuwandern. Seinen vorzeitigen Ruhestand wollte K. mit einem Trick erzwingen.

    Schritt eins: K. spendete eine größere Geldsumme an die vom Verfassungsschutz beobachtete – aber nicht verbotene – NPD.

    Schritt zwei: K. schrieb anonym an das Kölner Bundesamt für Verfassungsschutz und teilte als angeblich treuer Staatsbürger mit, dass ein gewisser Herr Manfred K. aus 67725 Börrstadt/Pfalz, Datenspezialist auf dem US-Fliegerhorst Ramstein und befugt zum Umgang mit Geheimpapieren, ein Unterstützer der rechtsradikalen NPD sei. Schritt drei – wie K. hoffte: Das Bundesamt für Verfassungsschutz wird dem Nato-Mitarbeiter K. keinen weiteren Zugang zu Dossiers gestatten.

    Schritt vier – wie K. glaubte: Die Nato wird K. mit guten Bezügen in den vorzeitigen Ruhestand schicken. Und tschüss!
    So kam es aber nicht. Die Kölner Behörde ließ K. pro forma den Sicherheitscheck bestehen und verständigte parallel die Kollegen vom Nato-Abwehrdienst ACCI.
    FOCUS Magazin | Nr. 44 (2012)
    Verrat bei der Nato – Seite 3
    dpa
    Drehscheibe Ramstein: Die gestohlenen Dossiers liefern Informationen über die Logistik der Nato
    Jetzt begann die konzertierte Aktion gegen den vermeintlichen Maulwurf. Spezialisten der US-Streitkräfte stellten mit Entsetzen fest, dass Manfred K. wohl seit Jahren auf sensibelste Daten zugreifen konnte. Das Mainzer LKA, mittlerweile von der Bundesanwaltschaft eingeschaltet, fand bei seinen verdeckten Ermittlungen heraus: K. hatte offenbar einen über Funk gesteuerten und von außen nicht zu knackenden Datentunnel geschaffen. Mit ihm konnte er die illegal abgezweigten Infos direkt von seinem Büro in Ramstein auf den Heimcomputer in Börrstadt überspielen.

    Nach Feierabend war´s dann wohl ein Kinderspiel: K. soll die erbeuteten Daten auf USB-Sticks gespeichert haben.

    Die zeitgleiche Überwachung des Informatikers brachte keine Erkenntnisse. Das Ehepaar lebt völlig isoliert in Börrstadt. Niemand rief an. Niemand kam ins Haus, keine Freunde, keine Verwandten. Gelegentlich telefonierte K. mit seinem 88-jährigen Schwiegervater, der ganz in der Nähe einen Bauernhof besitzt und gegenüber FOCUS beteuerte: „Der Manfred ist ein lieber, ehrlicher und fleißiger Mensch. Bei Reparaturen auf dem Hof hat er mir stets geholfen. Der spioniert doch nicht, nie und nimmer.“

    Kurz nach K.´s Verhaftung setzte eine penible Hausdurchsuchung ein. Beschlagnahmte Unterlagen, zum Teil verschlüsselt, lieferten Hinweise auf die versteckten Millionenkonten.

    Die allerbesten Beweise waren raffiniert versteckt. Einen USB-Stick entdeckten die Fahnder in einem Einweckglas mit Kompott, ein anderer lag unter gut duftenden Lavendelblättern. Als die Beamten damit drohten, bei der Suche nach weiteren Beweisen den Fußboden aufzustemmen und die recht neue Küche auseinanderzunehmen, soll die Pfälzer Hausfrau Rosemarie K. schnell nachgegeben haben: Somit fanden die Ermittler schließlich zwei weitere Sticks mit zunächst seltsamen Inhalten.

    Bei der ersten Überprüfung der Datenspeicher stießen die LKA-Ermittler auf Bilder aus Panama, auf Fotos von Schiffen und auf lustige Seemannslieder. Manfred K. hatte sofort eine Erklärung dafür: Er wolle womöglich mit seiner Frau nach Panama auswandern, und die Seefahrt mitsamt ihren Liedern, die habe ihn schon immer fasziniert.

    Die anderen Daten konnte der Untersuchungshäftling überhaupt nicht erklären: Im Umfeld der gespeicherten Reise- und Seemannsfolklore waren, handwerklich sehr geschickt, geheime Daten von der Ramstein Air Base versteckt. Ein Volltreffer für das LKA.

    So viel Raffinesse hatten die meisten Fahnder noch nie erlebt. Deshalb baten sie um eine ungewöhnliche Amtshilfe: Der Militärische Abschirmdienst (MAD), der Geheimdienst der Bundeswehr, wurde um die Bereitstellung eines Bodenradars gebeten. Mit diesem High-Tech-Gerät können die besten Verstecke im Boden aufgespürt werden.

    Zunächst wieherte der Amtsschimmel. Der MAD zierte sich, da er das gesetzlich geregelte Trennungsgebot bei der Kooperation von Nachrichtendienst und Polizei verletzt sah. Schließlich kam das grüne Licht – und Rosemarie K. wurde wirklich wütend.

    Vor dem Einsatz des Bodenradars räumte ein Trupp der Polizei das gesamte Haus aus – alles landete im Garten, mit einer großen Plane tagelang vor Wind und Wetter geschützt. Doch der Aufwand sollte sich lohnen. Zwei weitere Sticks wurden entdeckt – und ein Gelddepot mit ein paar tausend Euro unter der Badewanne.

    Ein Videoteam der Polizei dokumentierte die Zwangsräumung und die anschließende Handwerkerleistung: Alle Tapeten, zumeist noch mit Blümchenmuster aus den 50er-Jahren, mussten runter.
    Rosemarie K. kennt da kein Pardon. Für das staatliche Stühlerücken verlangt sie jetzt Schadensersatz.

    Montag, 29.10.2012, 00:00 · von FOCUS-Reporter Josef Hufelschulte und FOCUS-Redakteur Marco Wisniewski
    AFP

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