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  • «Es war Nato gegen Nato»

    Im Luxemburger Jahrhundert-Prozess zu den Bombenattentaten in den 80er-Jahren sagte Andreas Kramer am Dienstag aus, der in einer eidesstaatlichen Erklärung behauptete, sein Vater habe als Geheimdienst-Mitarbeiter die Anschläge in Luxemburg (und auch der Schweiz) koordiniert. Claude Karger, Chefredaktor des Luxemburger «Journal», begleitet den Prozess.

    Der Historiker Andreas Kramer (rechts) unterhält sich mit Verteidiger Gaston Vogel in einer Prozesspause. (Bild: Pierre Matgé/Editpress)

    Der «Stay Behind»-Leiter des Bundesnachrichtendiensts, Johannes Kramer alias «Cello» stecke hinter den Bombenattentaten im Grossherzogtum, die mithilfe von BND- und MI6-Agenten und zehn Luxemburger Unterstützern, die wiederum eigene Helfer angeheuert hätten, verübt wurden. Das sagte gestern sein Sohn, Andreas Kramer, unter Eid vor Gericht (siehe dazu den Artikel der TagesWoche «Der Sohn des Agenten»). Kramer Junior hatte bereits am 13. März eine eidesstattliche Erklärung abgegeben. Am 18. Prozesstag im «Bommeleeër»-Prozess gab er gestern ausführlich und detailliert Auskunft über die Informationen, die ihm sein im vergangenen November verstorbener Vater über Jahre mitgeteilt hat.

    Dieser habe ihm mit dem Tod gedroht, falls er mit seinem Wissen an die Öffentlichkeit gehen sollte. Kramer Junior soll bei den Gesprächen auch erfahren haben, dass sein Vater, der ihn als «Stay Behind»-Agent habe aufbauen wollen, unter anderem auch verantwortlich für das blutige Attentat 1980 auf dem Münchner Oktoberfest (13 Tote und 211 zum Teil schwer Verletzte) war. Auf die Frage der vorsitzenden Richterin Sylvie Conter, weshalb er nicht mit den Informationen an deutsche Behörden gegangen sei, drückte der Zeuge sein Misstrauen gegenüber der deutschen Justiz aus, die im Fall München gar nicht weiter ermitteln wolle.
    Auch in Anschläge in Italien, München und Belgien verwickelt

    Die Attentate in Italien, in München und in Belgien seien Teil eines Beschlusses auf höchstem Nato-Niveau gewesen, genauer gesagt im «Allied Clandestine Committee», in das auch Luxemburg mit eingebunden war.

    Das ACC wurde damals von Kramer Seniors direktem Vorgesetzten, dem deutschen General Leopold Chalupa, dem damaligen Oberbefehlshaber der Alliierten Streitkräfte Euro Mitte (CENTAG) geführt. Der Luxemburger «Service de Renseignement» sei direkt in die Befehlskette eingebunden gewesen. Als Koordinator verschiedener Operationen mit Geheimdiensten aus Deutschland, Grossbritannien und dem Benelux-Raum habe Kramer Senior sehr wohl Kontakt mit dem damaligen Geheimdienstchef Charles-Hoffmann gehabt, auch wenn dieser das abstreite, so sein Sohn vor Gericht.

    Der auch dabei bleibt, dass Hoffmanns «Stay Behind»-Truppe für sämtliche Sprengstoffdiebstähle in den Jahren 1984 bis 1985 verantwortlich war. Der Luxemburger SB soll übrigens nicht nur – wie offiziell immer behauptet wird – aus Funkern und Helfern bestanden haben, sondern auch eine «Angriffsgruppe», für die es einen speziellen Operationsleiter gab. Hoffmann habe die Gruppen strikt voneinander abgeschottet. Die Eskalation der Aktion in Luxemburg habe allerdings sein Vater betrieben, am Luxemburger Geheimdienstchef vorbei und auch ohne seinen Vorgesetzten Chalupa ins Bild zu setzen. Kramer Junior sagte, dass von deutscher, respektive Alliierter Seite etwa 40 Männer an den Anschlägen beteiligt waren – ausser an jenem in den Kasematten, das von «Mitläufern» verübt worden sei.
    «Nützliche Idioten»

    In wechselnden Gruppen. Jedesmal drei bis vier Agenten hätten sich nach Luxemburg begeben und seien dort von den von Kramer angeworbenen «Kontakten», die über die notwendigen Ortskenntnisse verfügten, begleitet worden. Namen habe sein Vater ihm nicht genannt, so der Zeuge, lediglich der Name Geiben sei gefallen. Ausserdem habe Kramer Senior gesagt, dass Leute aus der Gendarmerie rekrutiert wurden, insbesondere gute Motorradfahrer. Als «nützliche Idioten» habe Kramer Senior diese Helfer bezeichnet.

    Von einem Motorrad soll übrigens auch der Sprengsatz beim EG-Gipfel auf Kirchberg im Dezember 1985 abgeworfen worden sein. Die Sprengung des Wochenendhauses in Bourscheid im April 1985 soll übrigens ein Testlauf für die Kramer-Agenten gewesen sein, die danach Cegedel-Anlagen massiv ins Visier nahmen. Übrigens: Johannes Kramer selbst habe die Sprengfalle in Asselscheuer konzipiert und mit installiert. Eigenhändig habe er sogar drei der Erpresserbriefe an die Cegedel selbst geschrieben. Andreas Kramer hinterliess gestern eine DNA-Probe bei den Ermittlern, um sie mit Spuren zu vergleichen, die auf den Schreiben gefunden wurden.

    Zurück zu Charles Hoffmann: Der habe als Geheimdienstchef die Anschläge natürlich nicht akzeptieren können. Schliesslich trug er zum Teil die Verantwortung für die Sicherheit des Landes. Also habe er sich an CIA und FBI gewandt, in der Hoffnung, dass die Amerikaner dem Spuk eine Ende machen indem sie auf höchster Nato-Ebene intervenieren. «Es war Nato gegen Nato», fasste Andreas Kramer die Lage zusammen. «Die CIA war Hoffmanns einzige Chance, sich selbst zu schützen», sagt Kramer. Zwei Ermittler des FBI seien seinem Vater und dessen Einsatztruppe damals eng auf den Fersen gewesen.
    «Mit Hand und Fuss»

    1986 wurde Luxemburg aus dem Nato-Spannungsprogramm rausgenommen, deshalb hätten die Anschlagsserie plötzlich aufgehört. «Mein Vater wusste, dass mit Ermittlungen in der «Bommeleeër»-Affäre zu rechnen sei», sagt Andreas Kramer. Der BND-Agent sei übrigens bestens über den Stand der Ermittlungen in Luxemburg informiert gewesen. Auch lange nachdem er aus dem offiziellen Dienst ausgeschieden war. Anfang 2007 habe er seinem Sohn bereits anvertraut, dass die beiden angeklagten Ex-Gendarmen Marc Scheer und Jos Wilmes nichts mit den Bombenanschlägen zu tun hatten.

    Zu dem Zeitpunkt wusste die Öffentlichkeit hierzulande noch nicht, dass die beiden zusehends ins Visier der Fahnder gerieten. Wo sein Vater die Informationen her hat, wusste Andreas Kramer gestern nicht zu sagen. Kramer Senior hatte beim Verschwinden zahlreicher Beweisstücke offenbar seine Finger im Spiel. Diese, die, wie beim Prozess zu hören war, nur sehr ungenügend gesichert waren, habe er mit Unterstützung von SREL-Chef Hoffmann verschwinden lassen. Der keine Wahl gehabt habe, als mit anzupacken, die ganze Angelegenheit unter den Teppich zu kehren. Hoffmann hat in einem Interview bereits bestritten, dass er irgendetwas mit Johannes Kramer zu tun hatte und dass der Geheimdienst in die Bombenanschläge verwickelt war.

    Das Gericht überlegte gestern, ob Charles Hoffmann nicht sehr zeitnah zu den Aussagen von Andreas Kramer gehört werden sollte. Der Zeuge wird darum auch heute Mittwoch noch vor Gericht stehen. Der beigeordnete Staatsanwalt Georges Oswald hätte gerne noch präzisere Informationen zu einzelnen Punkten, die von Kramer angesprochen wurden. Seine Aussage dass er in drei Stunden zuviel «generelles Blabla» gehört habe, sorgte sowohl beim Zeugen selbst, als auch bei der Verteidigung für energische Reaktionen. «Die drei letzten Stunden waren die ersten drei, in der mit Kopf und Fuss über «Stay Behind» gesprochen wurde», hielt Me Gaston Vogel entgegen. Die Ermittlungen seien trotz vieler Indizien nie in diese Richtung weiter getrieben worden.

    Verteidigung zitiert aus Top-Secret-Dokumenten

    Die «Top Secret»-Dokumente vom Mai, respektive September 1985, die die Verteidigung gestern vorbrachte, tragen die Unterschrift des damaligen Premiers Jacques Santer. Der genehmigte in den 1980ern eine Reihe von Übungen von Geheimdienstagenten mit «services clandestins» aus Belgien, Frankreich und Deutschland. Die Rede geht klar und deutlich von «Exercices Stay Behind» «dans le cadre de l‘instruction pratique des agents SB». Die Missionen: «diverses opérations d‘infiltration et d‘exfiltration de matériel et de personnel par la voie aérienne aussi bien que par la voie terrestre». Nicht nur ein Indiz dafür, dass hinter dem offiziell als «schlafendes» Funker- und Schleuser-Netzwerk dargestellten geheimen Netzwerk viel mehr steckt. Sondern vor allem dass Parlament und Öffentlichkeit in diesem Zusammenhang offenbar die volle Wahrheit vorenthalten wurde. Am 14. November 1990 trat Jacques Santer vor das Parlament mit folgender Aussage nachdem in ganz Europa «Stay Behind»-Netzwerke : «Je dois vous dire que j‘ai été aussi surpris que le Ministre belge d‘apprendre les activités de ce réseau qui ont défrayé le public et je ne crois pas qu‘un autre membre du Gouvernement en ait eu connaissance». Dabei unterschrieb der Premier regelmässig Genehmigungen für SB-Missionen!

    10.4.2013, 11:31 Uhr

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